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Goldene
Kängurus hüpfen durch die Decke

Jules-Francois S. Lemarcou. Havelsee. Uns
Wolfi liebt Kängurus. Nicht nur das weiße Bennet-Känguru aus dem allerliebsten,
kleinen Heimat-Tierpark Zabakuck in der Nähe von Genthin. Nein, auch für
die goldenen Kängurus vom Fünften Kontinent kann er sich erwärmen. Das
sind australische Golddollars, die zu verschiedenen Stückelungen ausgegeben
werden.
Die 15-Dollar-Münze kostete in den frühen Neunzigern, als man sie noch
direkt in der Berliner Bank in der Hardenbergstraße am Tresen kaufen konnte
– o Goldener, freier und demokratischer Westen – um die achtzig DM. Das
wären heute umgerechnet 40 Euro. Wenn Sie heute eine bei den großen Münzkontoren
zum selben Nennwert für unter 200 Euro bekommen, dann dürfen Sie als privilegiert
gelten.
Nun hebt das ewige Gejammer an: Ach je, das Gold ist so teuer geworden.

Nee, das ist es
nicht. Der Euro ist nichts mehr wert. Das ist die Wahrheit. Die amerikanischen
Dollars, das britische Pfund Sterling – die sind nicht mehr allzuweit
von den Aluchips der größten DDR der ganzen Welt entfernt.
Übrigens konnte man in den besagten Neunzigern des 20. Jahrhunderts auch
in jede x-beliebige Bank gehen und seine D-Mark am Schalter in Pfund,
Dollars, Franc oder was auch immer ebenfalls am Schalter umrubeln. Das
war kein Problem.
Versuchen Sie mal heute, bei der Spaßkasse, der Deutschen Bank, der Commerzbank
oder Gott weiß in welchem Kreditinstitut auch nur $ 150 für Ihre Euro
zu kaufen. Voranmeldung, Name, Anschrift – demnächst vielleicht noch ein
polizeiliches Führungszeugnis?
Begründet wird das alles mit dem Kampf gegen Kriminalität. Und – ist die
seither nennenswert zurückgegangen. Hat die Illiberalisierung des freien
Finanzmarktes im niedrigen zivilen Bereich irgendetwas gebracht?
Trösten sie sich! Das ist nicht so tragisch! Es gibt kaum noch jemanden
im Ausland außer vielleicht große Hotels, der sich für die Annahme von
Dollars oder Pfund Sterling erwärmen kann.
Aber zurück zu unserem Gold. Gesetzt den Fall, es ist wirklich teurer
geworden, selbst wenn man den galoppierenden Verfall des Euro in Rechnung
setzt.
Auf dem Markt bestimmt die Nachfrage den Preis. Die ist derzeit nach Gold
so hoch wie noch nie. Weil die Nachfrage so hoch wie noch nie ist. Weil
die Menschen und die Staaten sich ins Gold flüchten. Weil sie das Vertrauen
in Dollar und Euro verloren haben.
Jetzt, da die Grande Nation sich eine Herabstufung ihrer Bonität auf die
für ein solches Land lächerliche Bewertung A+ gefallen lassen musste,
also ein katastrophaler Absturz von Triple-A, hat das dem Euro erneut
einen schweren Schlag versetzt. Immerhin sind die Gallier die zweite Führungsnation
der EU.
Bürger, Staaten und ausländische Investoren verlieren das Vertrauen in
den Euro und flüchten ins Gold. Diese Finanzmigration findet in einem
so erschreckenden Maße statt, dass es nicht nur den Goldpreis in schwindelerregende
Höhen treibt, sondern dass auch Deutschland schon wieder drohend mit der
Überlegung spielt, den Bürgern privaten Goldbesitz zu verbieten.
Das wäre dann der nächste gravierende Beschnitt bürgerlicher und grundgesetzlich
verankerter Freiheit.

Abgesehen, davon dass ein solche Vorgehen sicher nicht zum gewünschten
Erfolg führen würde – die Leute würden ihr Gold lieber im Garten vergraben
– als es diesen Ideologen-Pleitiers in den Rachen zu werfen – die Bundesrepublik
würde sich der Schande preis geben, an der Stelle angekommen zu sein,
an der die größte DDR der ganzen Welt weiland ihren Bürgern den Besitz
des Westgeldes de facto untersagte, als sie sie zwang, diese Devisen in
Forum-Schecks umzutauschen.
Das ist nichts weniger als ein wirtschaftlicher Offenbarungseid. Das lässt
sich auch durch ideologisch durchseuchte Phrasen nicht mehr kaschieren.
Uns Wolfi, der wacker sparte, um sich eines Tages eine große, zwei Unzen
schwere $-200-Kanguroo-Münze für € 4.000 zu kaufen, wird jetzt wohl noch
einmal so lange sparen können. Denn die knackt bald die € 8.000-Grenze.
Die Nachricht, seine bisherige Sammlung hätte den Euro-Wert verdoppelt,
kann jedoch nur naive Kinderaugen zum Leuchten bringen.
Die Inflation bewirkt, dass er sich für den Preis, den er möglicherweise
zu erzielen in der Lage ist, nicht einmal drei Viertel von dem zu leisten
in der Lage wäre, was er zum Zeitpunkt des Kaufes auf dem Markt hätte
erstehen können.
Möglicherweise bewahrt Gold seinen Wert einigermaßen. Auch die Gold-Kängurus.
Wirklich wertvoll in diesen Zeiten ist jedoch nach wie vor nur die kleine,
weiße Bennet-Känguru-Dame aus dem Tierpark von Zabakuck. … und die Möglichkeit,
sie noch mit den eigenen Augen bewundern zu können. Denn das bedeutet,
man ist noch am Leben.7

Bilder: Preußischer Landbote
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