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Die
Bundesanstalt für Arbeit
und der Registrierungsirrsinn Don M. Barbagrigia. Brandenburg an der Havel. Das Einzige, was im untergehenden Deutschland noch zu klappen scheint, sind die Türen. Es muss in den späten Achtzigern gewesen sein, als der Professor Dr. med. Johannes Staudt seligen Angedenkens, Ordinarius für Anatomie an der Charité, zu seinem jungen Studenten der Medizin Bajun sagte: „Mein lieber Bajun. Wenn Sie dereinst in Ihrem weißen Kittel hinter ihrem Schreibtisch sitzen, dann setzen sie bei ihren Patienten – ganz egal, wer vor Ihnen sitzt, Ingenieur, Lehrer, Jurist oder Staatssekretär – nie mehr als sechs Klassen Volksschule voraus. Das hörte sich damals nach einer gewagten These an. Schließlich waren das ja alles studierte Leute. Aber jetzt mal Hand aufs Herz! Wer von uns könnte denn noch aus dem Stegreif die Prüfungen der Zehnten Klasse ablegen, geschweige die des Abiturs und schon gar nicht die des Studiums? Mit Sicherheit betrifft das die Wenigsten. Will aber so ein armer Teufel, der jüngst arbeitslos geworden ist, sich bei der Bundesagentur für Arbeit anmelden, dann sollte es sich schon um jemanden handeln, dessen IQ ihn oder sie für Mensa International Ltd. prädestiniert. Die logische Krux, die sich aus diesem Faktum jedoch ergibt, besteht darin, dass Leute mit einem IQ von über 130 (HAWIE) verhältnismäßig selten in die Verlegenheit kommen werden, bei der Agentur für Arbeit ein Konto eröffnen zu müssen. Die anderen aber, drücken wir es deutlich aus: Deren Gros ist hoffnungslos verloren. Der Zirkus, den die Bundesagentur für Arbeit, als diese Behörde noch ansatzweise funktionierte und weniger um sich selbst kreiste, hieß sie noch ganz unprätentiös „Arbeitsamt“, veranstaltet, damit sich dort jemand ein „Benutzerkonto“ anlegen kann, legt den Verdacht nahe, dass dort hochbezahlte Nerds den lieben langen Tag nichts anderes zu tun haben, als den Leuten mit der Entwicklung solch aberwitziger Anmelde-Routinen das Leben zur Hölle zu machen und sie um das bisschen unbeschwerte Freizeit zu bringen, welche ihnen noch zur Verüfgung steht. Nein, das machen die nicht mit Absicht. Die folgen einer kranken Dynamik. Einerseits müssen sie ständig etwas verbessern und optimieren, ohne dabei zu realisieren, dass man eine Sache auch verschlimmbessern kann. Adobe bewies das eindrucksvoll, als sie das legendäre Webseiten-Werkzeug „Dreamweaver“ von Macromedia aufkaufte und im eigenen Hause weiterentwickelte. Ab sofort war die Software für den Laien kaum noch zu gebrauchen. Zunächst einmal geht mit der Verschwurbelung des Institutionsnamens vom „Arbeitsamt“ zu einer „Bundesagentur für Arbeit“ auch der Wahn einher, diese Konten müssten ähnlich abgesichert werden, wie ein Schweizer Nummernkonto. Auf letzterem liegen Devisen, welche sicherlich Begehrlichkeiten wecken, auf erstgenanntem liegt … - ja, was denn eigentlich? Name, Adresse, Telefonnummer? Lebenslauf? Um den Missbrauch dieser Daten lassen sich fürwahr haarsträubende Horrorszenarien konstruieren. Wie oft werden die Realität? Die Absicherung dieser Konten ist so sinnlos wie eine Kirchhofsmauer: Die auf dem Kirchhof liegen, können nicht weg und die draußen umherlaufen, wollen nicht hinein. Aber da sind ja diese
aberwitzigen, bereits völlig geistesgestörten und bigotten, verheuchelten
und verlogenen Datenschutzgesetze der Bundesrepublik Deutschland. Die
ist die Hefe, welche diesen Anmeldungsparcour zu einem wahren Fegefeuer
vergärt. Dieser kleine Mann versucht nun, ein persönliches Kundenkonto beim Arbeitsamt zu eröffnen. Er oder sie ist alt oder ungeschult, kann vielleicht gerade mal mit WORD einen Brief schreiben, aber nicht einmal ein Couvert ausdrucken, von Excel hat er oder sie schon mal gar keinen Blassen – ja, mal `n bissken daddeln, `n bissken im Internet stöbern und beim Versandhandel ein Kundenkonto eröffnen – das geht gerade noch. Die machen es einem ja auch denkbar einfach. Die wissen, mit wem sie es zu tun haben, mit welchen Kenntnissen und Fähigkeiten sie kalkulieren müssen und sie müssen dem armen Teufel ja auch weitestgehend entgegenkommen, denn schließlich wollen sie sein Geld! Darum ist es den Bundesagenten für Arbeit nun mit Sicherheit nicht zu tun. Das wollen die gar nicht. Das mag einer der Gründe sein, warum die sich mit ihren aberwitzigen Sicherheitsmerkmalen so exzessiv austoben. Na, dann melde dich mal an! Der erste Schritt in diesen Irrgarten ist der erste Schritt in den eigenen Wahnsinn. Hier verifizieren, dort Bund-ID, was wir übrigens noch nie als funktionierendes Werkzeug erleben durften und wovor wir nur dringend abraten können, Elster-Zertifikat, Passkey, zeitlich terminierter Freischaltcode und irgendwann mitten im Anmeldeprozess teilen sie dir mit, dass der besagte Freischaltcode mit der Post kommt. Irgendwann in den nächsten Tagen … dann, wenn du bereits wieder vergessen hasst, wie du an diese Stelle des digitalen Labyrinths gelangt bis. Und Gnade dir Gott, du hast Dein Smartphone und/oder deinen Rechner gewechselt und hast keinen Zugriff auf eine dieser Dateien oder Datenmerkmale! Dann weine, verzweifelte Seele! Wie meinte doch Urban Priol einst so treffend: „Auf so `was kommste doch nich anner frischen Luft!“ Wenn du dergleichen überhaupt nicht besitzt und sozusagen noch im analogen Zeitalter verharrst, dann ist dein Schicksal unrettbar besiegelt. Mehr als ein hilfloses Achselzucken wirst du nirgens ernten, wenn du dich an wen auch immer um Hilfe wendest. Wie kann denn so etwas sein? Es gibt eine Initiative, grundgesetzlich festzuschreiben, dass alle digitalen Offerten künftig auch analog feilgeboten werden müssen. Wir begrüßen dieses Vorhaben ausdrücklich. Die Digitalisierung, die den Menschen das Leben einfacher machen und ihnen Wege ersparen sollte, hat innerhalb unseres Erfahrungshorizonts jedenfalls zu keiner spürbaren Entlastung geführt. Oft machte sie den Leuten das Leben sogar noch schwerer – uns inklusive. Es ist, als hätten die Entwickler dieser Seiten jegliche Bodenhaftung, jeglichen Kontakt zur gelebten Realität verloren, die sich mittlerweile erheblich von ihrer virtuellen Realität unterscheidet. Was da noch auf uns zukommt, lässt sich nur angstvoll erahnen. |
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B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003 16.05.2025 |