Kampf dem Krebs!
erster Sofa-Abend Prof. Becks stellte Arbeit
eines Pathologen vor
Prof. Dr. Beck und Prof. Dr. Schrader
eröffnen die neue Reihe der FH "Prof. Beck's Sofagespräche".
B.
St. Fjøllfross
Unter Medizinern kursiert seit Jahrzehnten die kleine Boshaftigkeit,
der Internist wüsste alles, könne aber nix machen, der Chirurg könne
alles, wüsste aber nichts – der Pathologe hingegen wüsste alles, könne
alles, käme aber regelmäßig zu spät. Süffisant kolportierte der Alt-Chef
der Brandenburger Frauenklinik Professor Dr. Eberhard Beck diese Spitzzüngigkeit.
Sein Gast, Professor Dr. Thomas Schrader, quittierte das zweischneidige
Kompliment an seinen Berufsstand mit einem warmherzigen Lächeln. Er
ist ein hochkarätiger Pathologe und war Gesprächspartner der Auftaktveranstaltung
"Prof. Becks Sofa-Abend" an der Fachhochschule. Der Rittersaal
über der Bibliothek war mit vierzig Besuchern ausgelastet. Der Morbidität,
die dem Klischee der obduzierenden Zunft anlastet, war das rege Interesse
sicher nicht geschuldet. Auch bedurfte kaum einer der Anwesenden der
Aufklärung, was nun den Pathologen vom Forensiker unterscheide. Das
Beck dann doch diese Frage an den Schluss seiner exzellenten Soiree
stellte, besaß mehr den charmanten Charakter eines humorvollen Ausklangs
der kleinen Premiere. Schrader beantwortete sie denn auch artig mit
der Differenzierung, dass der Pathologe und der Gerichtsmediziner sich
zwar grundsätzlich mit derselben Materie befassten, der erstere jedoch
auf Wunsch, der andere aber auf Geheiß der Staatsanwaltschaft tätig
werde. Der Pathologe untersucht entartetes Gewebe oder forscht bei der
Obduktion nach der konkreten Ursache des Ablebens des Patienten, wohingegen
sich das Schwerpunktfeld des Gerichtsmediziners darin findet, eine natürliche
Todesursache zu verifizieren oder auszuschließen. Wenn aber ein unnatürlicher
Tod festgestellt wurde, so hilft er den Hergang der Tat zu rekonstruieren.
Im Mittelpunkt des Vortrages Professor Schraders wurde die Arbeit des
modernen Pathologen beleuchtet, der, so makaber das klingen mag, in
Deutschland leider immer seltener am Obduktionstisch, dafür aber immer
häufiger hinter dem Mikroskop zu finden ist. Mehr und mehr befassen
sich die Kollegen Schraders mit der histologischen Erkennung und Klassifizierung
entarteten Gewebes auf Anfragen der Kliniker. Sie arbeiten dem untersuchenden
und behandelnden Arzt ihre Erkenntnisse zu, die dann im Zusammenspiel
mit Anamnese, bildgebenden Untersuchungen, Biopsien, Laborwerten etc.
zu einer möglichst belastbaren Diagnose führen. Daraus wiederum leitet
sich dann der optimale Therapievorschlag ab. Dazu muss der Pathologe
jedoch tatsächlich, wie bereits erwähnt, ein immenses Wissen und die
präzise Kenntnis von Bau und Funktion des menschlichen Körpers vorhalten,
um dann die krankhaften, sprich pathologischen Abwandlungen der verschiedenen
Gewebe sicher bestimmen zu können. Die aus der mathematisch-physikalischen
Ecke des Auditoriums an den Pathologen herangetragene Frage, ob sich
denn die Erkennung tumoröser Strukturen im Zeitalter der digitalen Pathologie
nicht durch Algorithmen hinreichend fassen lasse, so eine Art Picasa-Gesichtserkennung
auf mikroskopischer Ebene, musste der Medizininformatiker abschlägig
beantworten. So schnell brauche sein Berufsstand den Bettelstab nicht
fürchten. Die Biologie bietet nun mal keine euklidische Hundertprozentigkeit,
sondern im Gegenteil in all ihren komplexen Strukturen eine so immense
Diversität, dass man auf absehbare Zeit um den Faktor einer fundierten
menschlichen Beurteilung nicht herum komme.
Wo präzise die Arbeit des Pathologen im Kontext einer interdisziplinären
Behandlung des Erkrankten ansetzt, demonstrierten zwei Studentinnen
der FH, die mit einer kleinen, für Laien sehr achtbaren szenischen Darstellung
eines prä- und postoperativen Verlaufs am Beispiel einer fiktiven, am
malignen Mammakarzinom (Brustkrebs) erkrankten Patientin vorstellten.
Dass die Früherkennung solch bösartiger, weil streuender Tumoren auch
und gerade mit Hilfe der modernen Pathologie noch immer die besten Heilungschancen
bietet, war eine der unterschwelligen aber deutlich herauszuhörenden
Botschaften eines Abends, dem noch viele Fortsetzungen zu wünschen sind.
Anschaulich vermittelt Prof. Schrader
das Wirkungsfeld des modernen Pathologen.