Durch Brandenburgs Hain und Flur
Försterin Kornelia Stamann ist die leitende
Forstbeamtin der Havelstadt
Michael L. Hübner
Über kaum ein Berufsbild
herrscht wohl heute noch ein so verklärtes Bild wie von dem des
Försters: Da stapft er Pfeife schmauchend, die doppelläufige
Flinte geschultert und von seinem treuen Teckel begleitet durch die
Forsten, wohlgefällig die Baumriesen betrachtend, deren Kronen
sich im Winde wiegen… Hermann Löns lässt grüßen.
Doch leider, wir ahnen es bereits: alles Blödsinn! Kornelia Stamann,
die Hüterin der Brandenburger Wälder und Forstgebiete liebt
ihren Beruf sehr. Aber mit dem romantischen Image hat ihr Job herzlich
wenig zu tun. Die 1957 im niederschlesischen Görlitz geborene Tochter
eines Buchhalters ist eine technische Beamtin von Format. Sie ist Managerin,
Geschäftsführerin, Kauffrau, Verwalterin, Dienstleisterin,
intime Kennerin ihres Forstbestandes, passionierte Jägerin, Chefin
ihrer Leute – welche Arbeiten den Tag dieser Frontfrau der grünen
Zunft füllen, damit ließe sich ein ganzer Foliant füllen.
Ob sie das ahnte, als sie nach Beendigung der Oberschule den Beruf eines
Forstfacharbeiters lernte? Eines steht fest: Förster war ihr Traumberuf.
Aber dazu musste man studieren. Leichter gesagt als getan, wenn man
aus einem zutiefst christlichen Haushalt stammte und in der DDR aufwuchs.
Aber in der Lehre erwies sie sich als sehr anstellig, denn kaum war
sie fertig, da vertraute man ihr die Leitung eines kleinen Sägewerkes
an, welches Paletten, Kisten, Zaun- und Dachlatten und einiges mehr
herstellte. Als junge Frau schon Boss über 18 Männer! Von
dieser Zeit schwärmt sie. Das war ein duftes Arbeiten! Zweieinhalb
Jahre machte sie das, dann ließ der Arbeiter- und Bauernstaat
sie zum Studium zu. Kaum hatte sie ihre Abschlüsse 1979 in der
Tasche, fing sie beim Staatlichen Forstbetrieb Belzig an. Mitten im
zauberhaften Hohen Fläming, dem Spessart der Mark. Unter Landrat
Koch diente sie eifrig in der Unteren Jagd- und Naturschutzbehörde,
bis sie 1992 davon hörte, dass die Stadt Brandenburg an der Havel
einen Förster für die damals noch 2.900ha Stadtwald suchte.
Sie griff zu. Seitdem ist Kornelia Stamann Brandenburgs leitender Grünrock.
Ihr Amt gehört zum Gebäude- und Liegenschaftsmanagement, einem
Eigenbetrieb der Stadt, der sich auf dem Markt behaupten muss. Die grüne
Lunge der Stadt darf aber nicht nur unter profitorientierten Gesichtspunkten
betrachtet werden – hier gilt der Lebensrhythmus der Bäume.
Und der verlangt jedem Förster nachhaltiges Planen und Bewirtschaften
ab. „Wir haben die Wälder und Auen von unseren Urenkeln geliehen,
und genauso müssen wir damit umgehen“, sagt sie. Aber nicht
nur die Probleme von übermorgen sind im täglichen Betrieb
zu bewältigen. Die Forstbehörde hat eine Verkehrssicherungspflicht
der Bevölkerung gegenüber und das ist in Brandenburg an der
Havel eine besonders heikle Sache. Werden die städtischen Forste
doch nicht nur durch das urbane Siedlungsgebiet geteilt und stellen
daher keine homogene, zusammenhängende Fläche dar, darüber
hinaus durchziehen die Schneisen der Bundesautobahn, der Bundes- und
Landstraßen sowie die Geleise der Eisenbahnen und viele Oberleitungen
und andere Medien das Stadtwaldgebiet. Buchstäblich jeden Baum
muss man im Auge haben. Denn, kippt er um, oder es bricht ein Ast ab
und zerstört irgendjemandes Eigentum, werden sehr schnell Regressforderungen
laut. Daneben vermakelt Försterin Stamann eingeschlagenes Holz
an industrielle und private Abnehmer, vergibt Einfahr- und Einschlagsberechtigungen,
kümmert sich um Aufforstung, sichtet den Schadbestand, beräumt
potentielle Brutstätten für Waldschädlinge, führt
Schulklassen, kümmert sich um die Jagdverpachtungen, organisiert
das Zusammenwirken mit anderen städtischen Behörden und –
vollführt einen tagtäglichen Balanceakt. Da sind die Interessen
des Brandenburger Steuerzahlers als auch die des Erholungssuchenden,
der Behörden, der ökonomischen Interessenten, des Gesetzgebers
und, und, und. Zwischen all denen wird abgewogen, ausgeglichen, vermittelt,
entschieden, gerechtfertigt. Doch sie bleibt immer freundlich. Selbst
wenn sie fordert, motiviert, oder auch mal etwas energischer ist. In
dem ganzen Naturell dieser Frau strahlt noch immer die Wärme ihrer
behüteten Kindheit und gleichzeitig all die Kraft, welche ein solches
Heim einem heranwachsenden Menschen mitzugeben vermag. Dabei ist sie
kein Einzelgänger, wie es die gängige Vorstellung vom Försterberuf
nahe legt. Intensiv wird zum Beispiel der Austausch mit Fachkollegen
aus der näheren und weiteren Umgebung gepflegt, und sei es auf
Polnisch. Ja, die Sprache unserer östlichen Nachbarn spricht und
versteht sie auch. Mittlerweile gebietet sie über 3.363ha Stadtforst,
hat aber im Gegensatz zu 1992 statt 10 nur noch 4 Mann festes Personal
zur Verfügung. Kein Grund, den Job nicht mehr zu lieben. Die Weihnachtszeit
und damit der Verkauf von Weihnachtsbäumen, Schmuck- und Deckreisig,
Moos und was das Weihnachtsherz noch mehr aus Wald und Flur begehrt,
steht an – daneben ist die Herbstaufforstung zügig umzusetzen
– ach, der Job ist schön! „Sicher, wenn ich nach Hause
komme, ist die Zeitung schon veraltet. Ich komme gar nicht zum Zeitungslesen.“
Auch ein Zeichen von Ausgefülltsein. „Es ist nun mal herrlich
hier, auch wenn die Arbeitsbedingungen im Freien bei brütender
Hitze, klirrender Kälte, prasselndem Regen, begleitet von Mücken,
Dasen und Zecken weit weniger romantisch sind, als uns das so Mancher
unterstellt. Das Beste ist: Hier draußen zählt noch das gegebene
Wort und der Handschlag.“ Also doch noch ein bisschen gute alte
Zeit… Der Gedanke verfliegt jedoch schon bei der anstehenden Rechnungslegung
und Bilanzierung, Verwaltungs- und Investitionshaushalt – Betriebswirtschaftslehre
und innerbehördlicher Schriftverkehr – alles selbst beigebracht.
Jagdbeirat und Forstausschuss rufen – nur eine Frage der Organisation!
Wie macht die Frau das? Der gleichaltrige Gerd Ballerstedt hilft ihr
mit übermenschlichem Engagement, 30 Jahre ist der Forstwirtschaftsmeister
schon im Gewerbe, er entlastet sie, wo er kann, ist der erste in der
Försterei und der letzte auf dem Weg nach Haus. Doch die Verantwortung
liegt bei ihr. Die lässt sie sich auch nicht nehmen, die wird nicht
nach unten durchgereicht, wenn mal was schief gelaufen ist. Da steht
sie vor ihren Leuten, die Försterin Kornelia Stamann. Früher
war sie nebenberuflich noch in der Hospizbewegung tätig; war aus
zutiefst christlichem Verständnis für diejenigen da, deren
Leben sich dem Ende zuneigte. Doch auch für seine Tochter Kornelia
Stamann wollte der Liebe Gott den Tag partout nicht über 24 Stunden
ausdehnen. Und so ist sie wieder ganz für Brandenburgs grünen
Schatz präsent, die Forste, die Biotope, die Auen und Waidgründe,
mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehend, auf dem Boden ihrer Wälder!
Der diesjährige Weihnachtsbaumverkauf findet statt vom 13. bis
zum 23. 12, (außer Sonntags,) jeweils von 10-17 Uhr. Verkauft
wird am Wilhelmsdorfer Holzplatz am Sandfurthgraben (Ziesarer Landstraße)
und Feuerwachtturm Görden (Eichendorffstraße, Försterei
Görden).