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Helfen ist Ehrensache
Brandenburg an der Havel zeichnet verdiente Ehrenamtler aus

(hüb) Im Mittelalter herrschte vielfach die Auffassung, Mitmenschen mit körperlichen oder psychischen Gebrechen wären für was auch immer von Gott gestraft. Somit stünde ihnen zwar ein Anrecht auf Mitleid und mildtätige Gaben zu, keineswegs jedoch ein gleichwertiger Platz in der Gesellschaft. Erst die jüngste Moderne begann mit diesem tradierten Unsinn aufzuräumen. Welch ungeheuer schwerer Weg dabei zurückzulegen ist, konnte man Renate Posers Rede am Donnerstagabend im Brandenburger Theater entnehmen. Die stellvertretende Vorsitzende des Behindertenbeirates der Stadt Brandenburg an der Havel zeichnete gemeinsam mit dem Stadtverordneten-Vorsitzenden Dr. Hans-Peter Jung und der Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann insgesamt 19 verdiente Ehrenamtler anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung aus. Die Oberbürgermeisterin brachte es auf den Punkt: „Alles Große dieser Welt entsteht dort, wo jemand mehr tut als er muss“ zitierte sie den Gründer der SOS-Kinderdörfer Hermann Gmeiner. Es komme nun darauf an, nicht mehr übereinander zu reden, sondern miteinander. Dr. Jung führte dem beinahe bis auf den letzten Platz gefüllten Auditorium vor Augen, dass in der heutigen Zeit, in der die Großfamilien als Komponenten einer zuverlässigen sozialen Absicherung auszusterben drohen, die Institution des Ehrenamtes immer unverzichtbarer werde. Die heutige Zeit, das ist eine Epoche, die sich mehr und mehr vom Prinzip der gegenseitigen Verantwortung füreinander verabschiedet und sich stattdessen einer gesellschaftlichen Kälte zuwendet, welche sich jeden Handschlag bezahlen lässt. Ein kurzsichtiges Prinzip, welches außer Acht lässt, dass sich jedermann von einem Augenblick zum anderen in einer Situation wieder finden kann, in der er oder sie auf die Hilfe und Unterstützung anderer angewiesen ist. Erst dann werden wohl viele, denen ein solcher Gedanke bis dahin völlig fremd war, verstehen, welche Bedeutung ein Engagement des Herzens gegenüber professionellen und damit teuren, noch dazu oft von Zeitdruck geprägten sozialen Dienstleistungen hat.
Die 19 Ausgezeichneten nahmen auch stellvertretend für viele, die sich um die etwa 11.000 Mitbürger mit anerkannter Behinderung kümmern, ihre Ehrungen entgegen.
Begleitet wurden sie von einem großartigen Rahmenprogramm. Brandenburger und Berliner jeden Alters widmeten ihre einstudierten Vorführungen den Behinderten und ihren ehrenamtlichen Helfern. Da waren die entzückenden Knirpse der Kindertagesstätte „Windrad“, die eine Hutmodenschau vorführten, dem Weihnachtsmann zu seiner Mütze verhalfen und die Geschichte von Karl dem Käfer inszenierten. Beeindruckendes bot der Rollstuhltanzverein „Wheels in Motion Berlin e. V.“, die Tanzvorführungen von Gehbehinderten und Nichtbehinderten darboten. Die Schüler des Brechtgymnasiums gaben das kleine Theaterstück „Anonym“ – und das nun war von wirklich außergewöhnlicher Professionalität. Eine ausgefeilte in sich wunderbar stimmige, nur scheinbar chaotische Choreographie, sowie ein bestechender Einsatz von Körper- und Vokalsprache schufen den Eindruck, man erlebe die Vorführung einer klassisch-hellenischen Tragödie in der Atmosphäre des Amphitheaters. Hut ab vor den Jugendlichen, die der Theaterlandschaft Brandenburgs einen beachtenswerten Beitrag hinzufügten. Der freudig begrüßte Brandenburger Gospelchor „Sing & Joy“, der das Finale gestaltete, sorgte noch beim abschließenden Sektempfang im Foyer für einen durchweg begeisterten Gesprächsstoff; ebenso wie die beiden Jungmoderatoren Monique Heinzel und Oliver Voetz, denen unisono der Status von Naturtalenten zuerkannt wurde.

13. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2008
04.12..2008