Komasaufen in Kleinasien
Don M. Barbagrigia
Das Thema ist nicht mehr ganz
aktuell. Aber das wird es wieder. Ganz sicher. Das Komasaufen ist jetzt
bei der deutschen Jugend en vogue. Unlängst haben sich wieder einige
Lübecker Knaben im Reich der Osmanen die Kante gegeben, bis sie
umfielen. Na ja, wir wollen gerecht sein. Es war Methanol im Wodka.
So ein bisschen haben die Bezwinger des Goldenen Byzanz gepanscht, um
die Lorke zu strecken. Warum sollten sie auch nicht. Gegen die ungläubigen
Hunde ist jedes Mittel recht und ihnen wird’s ja nicht schaden,
denn der Prophet hat den Frommen unter dem Halbmond in weiser Voraussicht
das Saufen verboten. Die deutschen Bengels also helfen sich das gepanschte
Zeug in den Schlund und weichen ihren Brägen damit auf, bis es,
wie der Mediziner so schön gewählt spricht, mit dem Weiterleben
nicht mehr vereinbar ist. Einer stirbt noch im Schatten der Goldenen
Pforte. Die anderen werden in kerndeutschen Hospitälern vom international
agierenden Sensenmann abgeholt. Das bringt die Eltern nun auf die Palme.
Ja, wo kommen wir denn dahin! Und was wären das für deutsche
Eltern, wenn sie nicht umgehend klagen würden! Der Engländer,
der in einen Haufen Hundescheiße tritt, sagt: Goddamn! Und geht
weiter. Der Franzose sagt: Merde! Und geht weiter. Der Deutsche schaut
zu, wen er verklagen kann. Und tut es. Sie begreifen nicht, dass sie
als erstes sich selbst verklagen sollten: Sie haben ihre Brut erzogen
– oder eben auch nicht. Denn, wieviele Eltern delegieren die edukative
Arbeit auf Kindergarten und Schule. Und Gnade Gott den Erziehern und
Lehrern, die nicht sicherstellen können, dass die Rangen den elterlichen
Wunschträumen entsprechen!Das eigene Versagen steht überhaupt
nicht zur Debatte. Wie schon gesagt – wo kämen wir denn dahin!
Diese ganze Selbstherrlichkeit, dieser Wahnsinn, der es verpönt,
Kindern Grenzen zu setzen und sie gleichzeitig sich selbst überlässt.
Die Gesellschaft ist außer Rand und Band. Die Kinder spiegeln
diesen Verfall nur. Drei dieser Kinder sind nun tot. Ihr Leben währte
kurz. Der Wert, den es einst hatte, wird mit der Egalität annulliert,
mit der die Gesellschaft wieder zur Tagesordnung übergeht. Wie
sie nach den Schulmassakern von Erfurt und Winnenden wieder zur Tagesordnung
überging. Wie sie immer und immer wieder zur Tagesordnung übergeht
– ganz egal, was passiert. Ein paar Beamte in den Kultusministerien
werden sich ein paar Gedanken machen, diese werden auf irgendwelchen
Foren diskutiert und dann... Und dann wird wieder der Dollar und der
Euro und der Hedgefond und der Future-Bond den Takt angeben, nach dem
sich die Gesellschaft zugrunde richtet. Die Alten werden zusehen, dass
sie beim allgemeinen Raffke nicht zu kurz kommen und die Jugend wird
nach alter Sitte ausziehen, die Welt auf ihre Weise zu erkunden. Und
sei es auf dem Grund einer Methanol-gepanschten Wodkapulle.