Weltmacht Rom in Schenkenberg
„Männerabend“ organisiert
Martinsumzug
Michael L. Hübner
Archäologen und Historiker,
aufgepasst! Die bislang strittige Behauptung, die Weltmacht Rom wäre
in den Gebieten östlich der Elbe präsent gewesen, ist seit
Freitagabend bewiesen: Zumindest ein Offizier der kaiserlichen Garde
Konstantins II. war hoch zu Ross in dem Dorfe Schenkenberg bei Brandenburg
zu Gast. Dieser Offizier der Einheit „Scholares Alae“, Martin
mit Namen, nachmaliger dritter Bischof von Tours und dritter Heiliger
der römisch-katholischen Kirche, der nicht den Märtyrertod
starb, führte einen nach ihm benannten Zug durch das Dorf an. Das
ist umso bemerkenswerter, als die vier in einem Pfarrsprengel vereinten
Gemeinden von Schenkenberg, Trechwitz, Deetz und Jeserig fest in protestantischer
Hand sind. Dennoch – Sinn und Zweck dieses Ereignisses entspricht
absolut den christlichen Werten und dem, wofür Martin steht: das
Abgeben vom eigenen Überfluss an diejenigen, die gar nichts haben.
Denn der Offizier Martin teilte im Jahre 334 n. Chr. seinen Militärmantel
mit einem Schwerthieb und gab eine Hälfte einem frierenden Bettler.
Die Festlichkeiten rund um den Martinstag am 11. November sollen den
Geist dieser Haltung forttragen.
In diesem Jahr wird mit den Einnahmen aus dem Martinsumzug eine Berufsschule
im zentralafrikanischen Uganda unterstützt. Etwa 600 Euro bedeuten
für einen Lehrer dieser Schule ein Jahresgehalt. Der Schule eine
solche Lehrerstelle zu finanzieren ist das Ziel, dass sich die 12 Herren
des „Männerabends“ setzten, als sie den 9. Martinsumzug
organisierten. Begonnen wurde der Abend mit einer Theateraufführung
in Schenkenbergs neuer Kirche. Das Gotteshaus war mit 200 Gästen,
großen und kleinen, bis auf den letzten Stehplatz besetzt. Das
kurze Schaustück, das aus der Feder von Carsten Schulz stammt und
von Gemeindemitgliedern aufgeführt wurde, erzählt vom Teilen
eines Pausenbrotes auf dem Schulhof. Es verfolgt den Weg einer Banane
von einem deutschen Supermarkt zurück über den Grossisten,
den Seeweg, bis hin zu den Plantagen Afrikas, deren Pflücker mit
ihrer harten Arbeit kaum das Überleben ihrer Familien sicherstellen,
geschweige denn die Schulausbildung für ihre Kinder bezahlen können.
Das alles, damit die Preise für deutsche Konsumenten moderat bleiben.
Die Geschichte legt den Finger auf den wunden Punkt: Für unseren
Luxus müssen Millionen andere Menschen auf der Welt hungern und
im Elend leben. Die Botschaft kam selbst bei den Kleinsten an, die noch
während der Aufführung ihre Erkenntnisse lebhaft diskutierten.
Harmonischere Töne kamen von einem anderen hohen Besuch, den Schenkenberg
an diesem Abend neben dem römischen Militär begrüßen
durfte: Der Brandenburger Bläserchor unter Leitung von Kirchenmusikdirektor
Matthias Passauer gab sich die Ehre und den Anwesenden einen musikalischen
Genuss der Extraklasse. Die Jüngsten jedoch wird der anschließende
Lampionumzug unter Leitung des berittenen Offiziers Martin fasziniert
haben. Das hat man schließlich nicht alle Tage. Genauso denkwürdig
ist das freiwillige und selbstlose Engagement der Kirchengemeinden und
auch die großzügigen Spenden der Firma Brandenburger Industrieelektronik
GmbH, die sich für Menschen ins Zeug legen, denen die Privilegien
einer Wohlstandsgesellschaft versagt blieben. Einer von ihnen, Silvio
Elsmüller, war übrigens für einen Abend ein römischer
Offizier namens Martin. Entwarnung für die Archäologen und
Historiker. Woher wir das wissen? Nun, der echte Martin trug als Offizier
der kaiserlichen Garde einen weißen, keinen roten Mantel…