Neujahr 2009
B. St. Fjøllfross
Der Abend des Neujahrstages des
Jahres 2009 ist angebrochen. Noch vor vierundzwanzig Stunden durchzuckten
Blitze und explodierende bunte Raketen den eiskalten Nachthimmel. Die
Palästinenser im Gaza-Streifen würden wohl gern auf ein solches
Feuerwerk verzichten, welches ihnen die israelische Luftwaffe auf drängendes
Betreiben der Hamas seit Wochen beschert. Veteranen des zweiten Weltkrieges
werden das Pfeifen und Jaulen, das Knallen und das Geböller ebenfalls
in einen ziemlich unangenehmen Kontext stellen. Von der unwissenden
Kreatur ganz zu schweigen – doch die Belange seiner tierischen
Mitgeschöpfe scheint ja der Krone der Evolution schon immer scheißegal
gewesen zu sein.
Was aber ist mit den eigenen Belangen. Im Allgemeinen erwartet man für
das Jahr 2009 die schlimmste Krise seit 1929. Es wird eine grauenhafte
Erfahrung – will man also mit dem Geknalle die Geister dieser
drohenden Existenzvernichtungswelle vertreiben? Dann dürften Raketen
und Böller die untauglichsten Mittel sein. Es waren sicher auch
nicht diese Art von Geistern, welche die alten Chinesen im Sinne hatten,
als sie die Tradition der Silvesterballerei ins unglückliche Leben
riefen. Und wenn, wer von denen Proleten wüsste überhaupt
über diese Hintergründe Bescheid, wenn sie Hunderte von Euros
für diesen Quatsch ausgeben. Viele von ihnen werden sich spätestens
im Sommer noch des Öfteren schmerzlichst an diese Euros erinnern
und sich wünschen, sie hätten sie nicht in den ersten Stunden
des Jahres sinnlos verpuffen lassen.
Wie dem auch sei. Am 1. Oktober letzten Jahres feierten die Juden Rosch
ha-Schana und wechselten ins Jahr 5769. Kaum einer hat's gemerkt und
niemand machte deswegen Remmidemmi. Am 14. Januar feiert die russische
Orthodoxie – mit Sicherheit ganz beschaulich. Elf Tage später,
am 25. Januar wendet sich das chinesische Jahr der Erde-Ratte des 78.
Zyklus zum Jahr des Erde-Büffels. Wird irgendein deutscher Proll
dieses Ereignis zum Anlass nehmen, die Sau raus zu lassen? Er würde
vielleicht, wenn er um dieses Geschehen wüsste. Tut er aber nicht.
Und es geht ja auch nicht um den kalendarischen Jahreswechsel. Es geht
um das Lärmen und Grölen, um den willkommenen und staatlich
sanktionierten Anlass sich zu besaufen.
Nun, wie es Freddie Finton jedes Jahr von der alten Dame zu hören
bekommt: The same procedure as ever year, James.