Zur Ausfahrt der
„Ollen und Dollen Räder“ 2006
M.
L. Hübner
Gewiß! Das hatte man sich anders vorgestellt. Wie beginnt
schon der Altmeister der deutschen Dichtung, Johann Wolfgang
von Goethe seinen „Reineke Fuchs“: Pfingsten, das
liebliche Fest war gekommen…
Statt des Goetheschen „lieblichen Festes“ aber schien
jemand die Storm’sche Regentrude aus
Ihrem Schlaf wachgeküßt zu haben. Pfingsten –
das christliche Fest der Ausschüttung des Heiligen Geistes
wandelte sich im Jahre 2006 in eine Orgie der Ausschüttung
himmlischen Wassers.
Der Himmel weinte ununterbrochen – der Herr Prinzipal
der „Ollen und Dollen Räder“ tat es anfänglich
auch. Zu viel Mühe hatten er und seine Getreuen darauf
verwandt, die diesjährige Ausfahrt der kleinen aber feinen
Brandenburger Fahrradausstellung zu organisieren, Freunde und
Mitstreiter aus Nah und Fern eingeladen. Das Ereignis sollte
gleichzeitig das Jubiläum zum Fünfjährigen Bestehen
der „Ollen und Dollen“ krönen – und dann
das! Es sah so aus, als sei der einzige Gratulant ein arktisches
Tiefdruckgebiet.
Desungeachtet trafen nach und nach beherzte Reiter seltener
Stahlrösser mit ihren betagten Drahteseln ein. Von Berlin
und Braunschweig, Oranienburg und Groß-Kreuz kamen sie
mit der echten Pedalrittern eignen Entschlossenheit.
Man sammelte sich im Restaurant „An der Dominsel“
und begutachtete bei einem herrlichen Buffet durch die großen
Panoramascheiben den Himmel und die kleinen Kreise, die der
penetrante Nieselregen auf die Oberhavel malte. Das Wetterradar,
das der Landbote an die kleine Schar übermittelte, war
nicht dazu angetan, Hoffnungen zu wecken. Irgendwann faßte
Herr Weinreich dann den Entschluß, die geplante Ausfahrt
auf einen Besuch des Brandenburger Doms zu verkürzen. Doch
auch dieser war schon von einem Brautpaar aus Berlin und seinen
Gästen in Beschlag genommen. Man klingelte Spalier, das
Brautpaar dankte und zog sich eilends unter das Dach des Kirchenschiffs
zurück. Also weiter!
Das nächste Ziel erwies sich als gastfreundlicher: Herrn
Horst Hägers „nOstalgiemuseum“ in der Steinstraße
unweit des Steintorturms. Erinnerungen tauchten auf, als man
die mit unendlicher Mühe zusammengetragenen Artefakte aus
vierzig Jahren DDR-Geschichte besah.
Gleich um die Ecke – im wiedererstandenen St. Pauli-Kloster
berichteten der Kölner Deutschlandfunk und Deutschlandradio
Kultur währenddessen live aus Brandenburg. Die Radler waren
als Gäste herzlich willkommen. Ein Photo mit der mehrfachen
Olympiasiegerin Birgit Fischer in der Mitte unter dem Dach eines
Brandenburger Kleinods – der nervtötende Dauerregen
hatte letztendlich seinen Kampf gegen die Radler verloren. Der
wahre Sonnenschein kommt sowieso nur von innen. Das anschließende
Grillen im Restaurant „An der Dominsel“ –
dem Ausgangspunkt der Veranstaltung – dürfte jegliche
Bedenken, ob denn die Teilnahme an dem Treffen gerechtfertigt
gewesen wäre, endgültig in duftenden Bratenrauch aufgelöst
haben.
Es ist uns ein Anliegen, Herrn Weinreich zu versichern, daß
sein Konzept durch die meteorologischen Widrigkeiten nicht das
Mindeste an Attraktivität eingebüßt hat. Wir
freuen uns auf unsere nächste Ausfahrt von „Olle
und Dolle“ im Jahre 2007.