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Irak – Pulverfaß und Menetekel

Don Miquele Barbagrigia
Im Zweistromland, der Wiege der abendländischen Zivilisation, wird über einen bösartigen alten Mann zu Gericht gesessen. Außerhalb der Gerichtsmauern explodieren derweil unentwegt Bomben und Sprengkörper und reißen Tag für Tag Dutzende Menschen in einen grausamen Tod.
Nun ist es des Landboten Sache nicht, die innere Lage des Irak zu analysieren, seine politischen Machtverhältnisse, Strömungen und Interessenkonflikte. Diesem Land aber eine „Demokratie nach westlichem Muster“ überhelfen zu wollen, halten wir für Irrsinn.
Der zentnerweise Unsinn brabbelnde Greis vor den Schranken des Bagdader Gerichts ist Saddam Hussein – einst gefürchteter irakischer Diktator.
Diesem aus untersten Verhältnissen stammenden Schurken war es im Laufe seines Lebens gelungen, sich zu einem orientalischen Dutzenddespoten empor zu morden, der zwar in blutiger Tyrannei dem Lahmen Timur in nichts nachstand, dessen kulturelles Engagement und weise Staatskunst jedoch völlig entbehrte. Hussein war und blieb ein schwer gestörter, bauernschlauer, ansonsten aber ungebildeter Massenmörder. Dieser Punkt steht auch hier nicht zum Mindesten zur Debatte.
Was man an den Dachschindeln hat, merkt man in aller Regel erst, wenn sie fehlen und es infolgedessen durchregnet. Im Irak regnet, ja hagelt es seit Husseins Entmachtung Bomben, Sprengsätze und Granaten. (Vorher war’s Giftgas.)
Nun stellen wir folgende Überlegung an: War Hussein, der verrückte Despot, ein Stabilitätsfaktor im Lande zwischen Tigris und Euphrat? Wenn ja, wieviel diktatorische Gewalt ist gerechtfertigt, um anarchistische Gewalt zu verhindern? Denn seit Hussein die Macht verlor, dreschen Rudel von Nackten Affen mit so enormer Wucht aufeinander ein, reißen sich zu Lasten der gequälten Bevölkerung wie tollwütige Schakale um das Erbe, daß die Zahl der Opfer dieses Terrors den Blutzoll von Husseins Diktatur wohl bald übertroffen haben wird.
Das Vierte Rom – die U.S.A. – können sich gratulieren. Sie haben mit ihrem ressourcen- und währungspolitisch motivierten Einmarsch im Irak eine Büchse der Pandora geöffnet, die, wie es sich zeigte, alle bösen Geister der Hölle entfesselte. Bravo! Ist das die Arroganz der Naivität oder die Naivität der Arroganz?
Gleichviel – es ist eine beispiellose Idiotie! Und die dummen, dummen Amis verstehen wieder einmal rein gar nichts... Am Meisten weigert sich ihr kollektiver Schwachsinn zu begreifen, daß eben nicht alle Welt genauso gestrickt ist, wie sie selbst – nur halt auf einer selbstredend primitiveren Stufe.
Es wird dem einfachen, unbedarften, amerikanischen Landmann, der auf Befehl des insuffizientesten Präsidenten der amerikanischen Geschichte seine Söhne in diesen aussichtslosen Krieg geschickt hat, partout nicht einleuchten, warum die gewaltigste Militärmaschinerie der Welt bei denen Wüstenbettlern nicht schon längst Tabula rasa gemacht hat. Not bene: Die Star-Wars-Episoden gehören in den U.S.A. zum allgemeinen Wissensbestand. Und trotzdem...
Doch, mal andersherum betrachtet: Welche faire Chancen des Begreifens hätte der Durchschnittsamerikaner auch? Sein Verstand müßte sich durch eine Medienlandschaft hindurchmogeln, deren Gleichschaltungsgrad dem der bolschewistisch-sowjetischen TASS und Berlusconis Mediensumpf hohnlächelt. Ganz recht, wir reden hier vom amerikanischen Informationssystem – der „freiesten Berichterstattung der Welt“!
Das Vierte Rom hat in der irakischen Wüste einen wahrhaft gewaltigen Pyrrhussieg erfochten.
Hussein ist infolge des Sieges unschädlich gemacht worden. Na gut! Aber schlag einer eine Dase oder Pferdebremse tot – die nächste ist schon im Anflug. Die arabische Nation wird in Windeseile den nächsten verrückten Tyrannen gebären. Mit all den Demütigungen, der Jahrhunderte langen Ausbeutung durch den technologisch überlegenen Westen, der Mißachtung, der verbreiteten Armut ist der Boden für solche Leute bestens gedüngt. Die schwerreichen Feinde in der eigenen Oberschicht verstehen es darüber hinaus geschickt, die Wut über das Elend der Massen in Richtung Westen zu kanalisieren.
Diese Explosivität mit westlichen Heilskonzepten kontrollieren zu wollen, ist nicht minder verrückt, als Tyrannen vom Schlage Husseins. Diese Erfahrung werden wir noch bitter bezahlen müssen. Das ist sicher! Dann werden wir erkennen, daß die eine Narretei der anderen gewiß nicht wert war.

8. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2006