Caesar reist
Zum Bush-Besuch in Stralsund
Kotofeij
K. Bajun
Der vierte Abklatsch des Imperium Romanum – die U.S.A.
– gefällt sich sehr in seiner Rolle als letzte verbliebene
Supermacht des Planeten. Hurra!
Die Amerikaner verteilen ihre Heilslehren und ihre Ausbeutungsstrategien
über die ganze Welt, ob die das nun will oder nicht. Nur
eines bringen sie im Gegensatz zum römischen Original nicht:
Kultur. Denn dazu müßte in den Vereinigten Staaten
von Amerika überhaupt erst mal eine Kultur existieren.
Als Substitut bieten die Yankees ihren Präsidenten dar.
Das ist die unbestritten schlechteste Wahl. Seit Bestehen der
U.S.A. war wohl kein Präsident so unbeliebt, wie dieser.
Er ist der Antipode des kultivierten Auftretens. Ein Banquerotteur,
dessen einziges Verdienst darin besteht, zu einer Familie zu
zählen, die im Lande einen feudalen Kurfürstenthron
hält. Seit vier Generationen „Skulls & Bones“
– und damit engste Verbindungen zu den mächtigsten
Clans des nordamerikanischen Gemeinwesens, ein milliardenschweres
Vermögen und Bauernschläue in völliger Ermangelung
echter Bildung, das ist das Erfolgsrezept der Buschs.
Mit seiner gefälschten Wahl verweist das amerikanische
Großbürgertum zum ersten Mal unverhohlen auf die
wahren Herrschaftsverhältnisse im „freiesten Land
der Welt“. Den Gesetzten der Bildung menschlicher Gemeinschaften
strikt folgend, hat sich ein neofeudales System etabliert, das
sämtlichen utopisch-demokratischen Gesellschaften Spott
lächelt.
Man braucht auch keinen Präsidenten mehr. Deshalb kann
man es sich getrost erlauben, diesen Minderleister zu inthronisieren.
Man sitzt fest im Sattel. Glaubt man.
Es war ja nie anders. Doch beinahe sämtliche Vorgänger
des Mr Bush vermochten dem Hohen Amte mehr Charakter und Gepräge
zu verleihen, als das bei diesem Nadir der amerikanischen Präsidialgeschichte
der Fall ist.
Diesen Hilfskaiser läßt man nun ab und an auf Reisen
gehen, damit auch der Rest der Welt merke, wie fest das amerikanische
Machtgefüge ist.
So kam es, daß George Doubel-U seiner deutschen Statthalterin
Frau Angela Merkel, der erfolgreichen Deformerin der deutschen
Wirtschaft am Donnerstag, dem 13. Julei 2006 in der alten Hansestadt
Stralsund seine Aufwartung machte.
Dieser Besuch war an Peinlichkeit fürwahr nicht zu übertreffen.
Alles erinnerte fatal an die Besuche Bundeskanzler Schmidts
in Güstrow und Bundeskanzler Brandts in Erfurt.
Die Stralsunder Innenstadt und Strandbereiche bei Heiligendamm
an der Ostsee wurden hermetisch abgesperrt, den Anwohnern wurde
untersagt, die Häuser zu verlassen und an den Fenstern
zu stehen! Wir memorieren das Verhalten jener unsäglichen
Oberschwester der Charité, welche 1987 den Schwesternschülerinnen
am Westgiebel des Chirurgisch-Operativen Zentrums (COZ-Hochhaus),
verbot, beim Bettenmachen aus dem Fenster zu schauen. Was die
Lernschwestern gesehen hätten, wäre das unverbaute
Panorama des Westberliner Tiergartens gewesen. Krank, nicht
wahr?
Den Pappkameraden der amerikanischen Macht bejubeln und begrüßen
durften dann wie zu Honeckers Zeiten ein paar hundert handverlesene
Claqueure. Protest wurde sorgsam und schamhaft vor den Augen
des Schein-Gewaltigen verborgen. Deutschland - bleiche Mutter,
Du wirst Dich wohl nie ändern! Immer dieselbe rückgratlose
Speichelleckerei!
In Stralsund waren es nicht so sehr ideologische Bedenken, die
Sicherheitserwägungen für den amerikanischen Präsidenten
regulierten den Irrsinn.
Tja, wer mit Anderen ein böses Hauen und Stechen beginnt
und für diese üble Gemeinschaftsarbeit noch sein markantes
Angesicht zur Verfügung stellt, sollte wahrlich den Gedanken
fahren lassen, daß ihm die Angegriffenen fürderhin
mit reiner und ungetrübter Liebe begegnen.
Was sich aus dem Munde Herrn Buschs anläßlich der
obligaten Pressekonferenz herausquälte, ist vernachlässigbar.
So konnte man erleichtert aufatmen, als die Air Force One wieder
abhob. Teuer genug war das unselige Mißvergnügen,
wobei noch offen ist, wer die Gaunerei bezahlt, die Ausfälle
der kleinen Händler zum Beispiel. Der Bund lädt zwar
unter Federführung seiner hochmögenden Chefin ein
– die Zeche zahlen aber sollen die armen, unfreiwilligen
Gastgeber. Wenn Stralsunds Bürgermeister jetzt davon duselt,
daß Buschs Besuch ihm neue Investoren in den Hafen spült,
sollten wir zu einem gestickten Ruhekissen für diesen sanften
Träumer sammeln. Seine urbane Haushaltskasse wird diesen
Posten wohl kaum mehr abwerfen.
Armes Stralsund! Du stolze Hansestadt trugst Dein Haupt einst
auch höher, als der Generalissimus Wallenstein im Dreißigjährigen
Kriege während der Belagerung Deiner Mauern schwor, Dich
zu nehmen, und wenn Du mit Ketten an den Himmel geschmiedet
seiest.
Er nahm nicht. Wallenstein mußte abrücken.
Was diesem Organisations-, Wirtschafts- und Feldherrengenius
versagt blieb, seiner lebendigen Antithese Bush mußtest
Du es gewähren. Himmel, bedecke dich mit Wolken!
Und siehe, der Himmel liest den Landboten und folgt diesem Rate:
Als Bush nach Rußland weiterreiste, soll das Himmelszelt
verhangen gewesen sein. Info-Radio berichtet, damit der Cäsarillo
doch noch Sonnenschein genießen könne, habe man für
$ 20Mio Flugzeuge hinaufgeschickt, die mittels spezieller Chemikalien
die wassertragenden Wattebäusche auflösen. Gott sei
Dank gibt es im Dritten Rom keine Hungerleider, keine Bettler,
die das Geld nötiger gebraucht hätten, als der Popanz
von Washington!
Ach ja, das Dritte Rom, Moskau… Hängen am Kreml schon
die weißen, die würdelosen Fahnen? Hat man sich mit
dem Hegemonialstreben des Nachfolgers auf dem Cäsarenthron
schon abgefunden? Moskau, Moskau, wir hatten einmal mehr Achtung
vor Dir und Deinem Anspruch an Dich selbst.
Setz den Burschen in die „Kursk“ und schipper ihn
nach Hause. Das ist der beste Rat (Sowjet), den wir Dir geben
können.