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Windbeuteleien aus Rahden

Don M. Barbagrigia
Lars vom Mars – das war's! Oder aber, Gott behüte, eben auch nicht. Aber das muss man nun abwarten. Dennoch, es ist wohl nichts mehr in deutschen Landen mit den einst hochgelobten Wunderkindern. Ein Jahr auf Bewährung hat er nun bekommen, der Pleite-Larsemann Windhorst, der einst im zarten Alter von 16 Jahren vom Bundeskanzler Helmut Kohl als deutscher Wirtschaftswunderjüngling mit auf eine Asienrundtour genommen wurde. Dem Youngster stieg der Erfolg anscheinend zu Kopfe. Das Napoleon-Syndrom verführt offenbar erfolgreiche Knaben, die es in jungen Jahren schon bis zum General gebracht haben, dazu, die Bodenhaftung aufzugeben. Das zeichnete sich schon ab, als der mit 200 Metern Höhe geplante Windhorst-Tower in Saigon schon Anfang des neuen Jahrtausends zur Investruine auf dem Papier verkam. Das Jüngelchen, das von Kanzler Kohl in dessen völliger von seinen Herzenswünschen und der allgemeinen Missstimmung getragenen Verblendung protegiert worden war, fungierte hinfort wie ein unfreiwilliger Till Eulenspiegel, der dem arroganten deutschen Jet Set in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft den Spiegel vorhielt. Ohne das System im Mindesten verstanden zu haben, pokerte der Milchbubi mit fremdem Geld, erleichterte die Narren um mehr als 80 Millionen Euro und baute ganze Wirtschaftsimperien auf seinen Visitenkarten auf. Wilhelm Hauff hatte schon vor zweihundert Jahren die Geschichte vom „englischen Neffen“ geschrieben, der in Wirklichkeit ein dressierter Affe war und eine ganze, bornierte, schwäbische Kleinstadt eine Zeit lang zum Besten hielt. Schon mit diesem ebenso launigen wie hübschen Märchen wies der große Schwabe eindrucksvoll darauf hin, wie anfällig Menschen einer von Gier, Hab- und Geltungssucht bestimmten Gesellschaft gegen Blender aller Coleur sind. Haben die Adressaten etwas daraus gelernt? Mitnichten. Verdienen die um 80 Millionen Euro geprellten Anleger des Windhorst-“Imperiums“ unser Mitgefühl? Mitnichten. Lachen wir sie aus? Aber aus vollem Halse! Wenn uns auch das schöne Geld leid tut, welches erst so vielen armen Teufeln unbillig aus der Tasche gezogen werden musste, um es dann in den Händen des Wunderknaben verbrennen zu können – es bleibt ja der Trost, dass Geld, ähnlich wie Energie, in den allermeisten Fällen nicht einfach verschwindet, sondern eher umverteilt wird. „Gehen die Narren zu Markte, lösen die Händler viel Geldes“, sagt ein altes, deutsches Sprichwort. Es hat sich wieder einmal bewahrheitet. Die Schickeria, die sich für so unendlich clever hält, hat sich von einem Windbeutel nach Strich und Faden flöhen lassen. Sie verklagen ihn, er geht in die Insolvenz, wird seiner Schulden ledig – und jetzt kommt's – findet wieder Leute, die sich geschäftlich mit ihm zusammentun. Den Gläubigern nutzt das gar nichts, nicht der hochdotierte Posten eines Junior-Geschäftsführers bei Vatas, nicht die damit verbundenen Freenet-Anteile, nicht die Anteile bei Air Berlin. Das Insolvenzverfahren ist durch, ins Kittchen bekommt ihn die unfähige deutsche Justiz nicht, die Kohle ist flöten. Wie Windhorst bei Vatas untergekommen ist? Warum ihn Robert Hersov wieder unter die Fittiche genommen hat? Vielleicht meinte Hersov, wenn er ein Auge auf den 34jährigen Hasardeur hätte, könne der nicht soviel Unfug machen und so bekomme er, der Finanzmagnat im Gegensatz zu den anderen Blödianen wenigstens wieder etwas von dem zurück, was er Windhorst einst in den Rachen geworfen hatte. Doof nur, das Vatas seit dem Januar 2009 auch schon wieder pleite ist. Auch wir halten Lars Windhorst für einen Wunderknaben. Ganz ehrlich! Dem Landboten gegenüber äußerte einst ein ebenfalls sehr windiger Berliner Unternehmer, den man noch zwei Jahrhunderte früher als unlauteren Roßtäuscher in Eisen gelegt und am Halse aufgehangen hätte, „...jeden Morgen stehen in Berlin zwei Idioten auf. Einer davon bist du. Den anderen musst du finden. Wenn du das schaffst, lebst du gut!“ Lars Windhorst nun scheint über genau diese Begabung zu verfügen, die sich mit einem überzeugenden Auftreten, einer gewissen Eloquenz und einem nicht in Abrede zu stellenden Charme zu einem wirklich aus der Masse herausstechenden Talent verbinden, welchem dem Vernehmen nach sogar Topmanager wie Heinrich von Pierer auf den Leim gekrochen sind. Welche Rückschlüsse lässt dies eigentlich auf die intellektuelle Ausstattung solcher Wirtschaftskapitäne zu, die man doch im allgemeinen für scharf analysierende Geistesriesen hält, denen so leicht niemand ein X für ein U vormacht? Oder sind es diesmal wir alle, die sich von dem großen Haufen der Nieten im Nadelstreifen blenden lassen. Kleider machen Leute. Aber, wenn es früher wenigstens noch etwas genutzt hatte, dass ein kleiner Bube im Angesicht des nackten Kaisers bläkte, der habe ja nichts an, so lockt diese simple Erkenntnis nach Windhorstens Jo-Jo-Sprüngen durch die deutsche Wirtschaftslandschaft heutzutage keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Immer lustig weiter so! Wir sind gespannt auf die zu erwartenden Verfilmung des Stoffes. Genug komisches Potential hat er ja – wenn' s bloß nicht so tragisch wäre. Denn wir Deutsche sind es, die solche Windbeutel heranzüchten. Da kann einem das Lachen denn doch schon mal vergehen.

17. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
05.11.2010