Ein Aussätziger wird
geadelt
Die SPD freut sich wieder ihres Sohnes Heinz
Buschkowsky
David Katz
Ach, was haben ihn die politisch korrekten Genossen geschimpft, gehetzt
und verachtet. Sogar mit einem Parteiausschlussverfahren wurde ihm gedroht
– dem Neuköllner Bezirksbürgermeister von Berlin, Heinz
Buschkowsky. Einer, der nicht vor den fürchterlichen Schatten der
deutschen Vergangenheit weglief oder abduckte. Buschkowsky machte beizeiten
den Mund auf und wies auf die gravierenden Mängel der deutschen
Integrationspolitik hin, die sich gerade in seinem Verwaltungsbezirk
zukunftsweisend zu einem explosiven gesellschaftlichen Problem zusammengeballt
hatten. Die deutschen Gutmenschen wollten dergleichen Töne nicht
hören. Sie wollten sich ihr Paradies nicht zerstören lassen,
das nirgendwo anders existierte als in ihren wirren Hirnen. Während
die politisch Korrekten noch von der Völkerverständigung schwafelten,
merkten sie nicht, oder wollten nicht merken, dass sich hinter ihrem
Rücken die integrationsunwilligen Bevölkerungsanteile schier
kaputt lachten über soviel Idiotie und die Deutschen bei den daheim
gebliebenen Verwandten als die größten Trottel der Welt berichteten.
Diesen Schwachköpfen brauche man nur in die Tasche zu fassen –
sie geben und geben und geben, und dafür darf man sie noch beleidigen,
sich bei ihnen aufführen, wie man es sich in den Heimatländern
nie wagen würde, man dürfe den deutschen Autoritäten
ungestraft dumm und dämlich kommen, man könne blöd sein,
wie man wolle, das Geld kommt vom Sozialamt und von den überfallenen
und beraubten Deutschen. Wie gesagt, es passiert nichts – das
große Trauma aus der nationalsozialistischen Vergangenheit paralysiert
den Dummen Michel. So hat Heinz Buschkowsky das natürlich nicht
ausgedrückt – er war schlau genug, lediglich den Finger auf
nicht wegzuleugnende Wunden zu legen. Das allein war schon schlimm genug!
Über solche Dinge spricht man in Deutschland einfach nicht. Das
nicht sein kann, was nicht sein darf. Und außerdem – so
richtig kann man an den streitbaren Heinz nicht heran: Schließlich
schwadronierte er nicht, sondern er ackerte an der Front, er brachte
gangbare Lösungskonzepte, erfolgversprechendes Engagement und er
wußte, wovon er sprach. Zu jeder Minute. Das unterschied ihn allzuoft
von seinen Kritikern, die ihn von den Zinnen ihrer Elfenbeintürme
aus anspuckten. Und dann kannte der Gott der Sozialdemokratie ein Erbarmen:
Er sandte Parteifeind Thilo, den Sarazenen der roten Arbeiterverräterpartei
zur Erlösung seines leidenden Heiligen. Sarrazin hatte sich schon
als Finanzsenator von Groß-Berlin aufgeführt wie ein Elefant
im Porzellanladen und schon dabei hatte er – im Gegensatz zu Buschkowsky
– viel Blödsinn ausgeschieden. Man denke an das Hartz-IV-Experiment,
in dessen Verlauf er den ganz unten Angekommenen eine quasi opulente
Lebensführung attestierte. Thilo nun legte einen Zahn zu und analysierte
in gewohnt ruppigem und unangepassten Ton die deutsche Einwanderungs-
und Integrationspolitik. Da kam viel Gutes und Wahres auf den Tisch
und vielleicht hätte man anders kein wirkliches Gehör zum
Thema in den selig schlummernden deutschen Landen erreicht – aber
Thilo wäre nicht Thilo, wenn er nicht wie immer grandios über
das Ziel hinaus schösse. Das Buch wurde mit verschwurbeltem Gengefasel
gewürzt, alle Wut auf den Muselmännern abgeladen, deren einige
ja nun wirklich von einer integrationsresistenten Ignoranz sind, weil
sie lieber das Abendland für ihre Auslegung des Islam zu gewinnen
trachten, statt sich den örtlichen Verhältnissen anzupassen.
Und, und, und... Nein, Thilos Buch ist notwendig, um die Diskussion
unwiderruflich anzustoßen, aber es ist trotzdem keine Ruhmestat.
Dennoch, wie die Marxisten in ihrer Dialektik lehrten: Jede Sache hat
ihre zwei Seiten und wo Schatten ist, da ist das Licht nicht ferne.
Für Heinz Buschkowsky war der Auftritt des Genossen Sarrazin ein
wahrer Segen! Vom erklärten Bösewicht am rechten Rand der
SPD führte die sozialdemokratisch korrekte Wahrnehmung von Buschkowskys
sperriger Neuköllner Persönlichkeit direkt über den Status
des kleineren Übels hin zum Heilsbringer und Erlöser. Nun
wird er plötzlich hofiert, eingeladen, zum Sprechen aufgefordert.
Der Sonderparteitag der SPD Ende September 2010 lud ihn gar als Redner
ein! Der Ritterschlag! Das ist die Schwertleite eines der besten Genossen,
der die Ehre der Lasall'schen und Bebel'schen SPD hoch hält. Die
verschwiegenen Probleme haben sich dank Thilos Buch durch die Schameisgrenze
gebrochen. Sie sind nicht mehr zu übersehen oder wegzuleugnen –
der enorme Abkauf des Buches und der damit verbundene Zuspruch in der
Bevölkerung stellt die entsetzen politisch korrekten Genossen vor
apokalyptisch anmutende Herausforderungen und Probleme. Wer könnte
diese authentischer formulieren als das alte Frontschwein Buschkowsky,
der ja damit schon Erfahrungen gesammelt hatte, als die anderen sich
noch in beredte Schweigsamkeit hüllten. Buschkowsky ist kraft seiner
ungerechten und dennoch integer durchstandenen Ächtung über
jede Kritik erhaben. Er, der gescholtene Schmuddelbube der angepassten,
opportunistischen und feigen Sozialdemokratie wird jetzt zum Feigenblatt
der gemäßigten Sozialisten, die drängende Probleme des
Volkes jahrelang vor sich her geschoben hatten – nur keinen Fauxpas
riskierten, nur keinen Fehltritt begingen, der die eigene Karriere zum
Stillstand hätte bringen können. Und Buschkowsky? Der macht
gute Miene zum bösen Spiel. Ihm, der ehrlichen Haut, dem einzig
wirklichen sozialdemokratischen Funktionär weit und breit, ist
es um die armen Teufel zu tun, die er aus der Perspektivlosigkeit herausholen
will – deutsche wie zugewanderte. Er braucht die Partei, ohne
sie kann er nichts bewirken. Wie es in seiner Seele aussehen muss –
wir fragen besser nicht! Und Thilo? Der unfreiwillige wahre Retter in
der Not? Zumindest kann er nun aus voller Seele singen: Ich bin ein
Teil von jener Kraft, die manchmal Unfug quatscht und doch das Gute
schafft.