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„Sontagskinder“ kämpfen für Jörg Haider

Michael L. Hübner
Als das Portal von T-Online am 31. Julei 2010 verkündete, dass der ehemalige Rechtspopulist Jörg Haider heimlich 45 Millionen Euro auf Schwarzkonten in Liechtenstein gebunkert haben soll, meldete sich kommentierend ein Leser rsp. eine Leserin zu Wort, die offensichtlich der deutschen Sprache den Krieg erklärt hat. „Sontagskind“ nennt er oder sie sich, dabei völlig verkennend, dass man den Sonntag hierzulande mit zwei aufeinander folgenden „n“ schreibt. Was dann folgt, ist so ziemlich das kurioseste Konglomerat und die lächerlichste Aneinanderreihung von deutschen Vokabeln, die uns je begegneten, sieht man einmal von den berüchtigten Gebrauchsanweisungen zu Haushaltsgeräten „made in Taiwan“ ab:

Sontagskind schrieb: am 31. Juli 2010 um 16:46:43 Uhr
Thema: Haider
Ich kenne Haider, Sie hat ja sehr viel für meine Heimat-Familie geholfen. Haider ist ein sehr lieben Mensch so stark menschlich angezogen schade das er nicht mehr da ist und ich gönne Haider in ewigen Frieden. Was jetzt hier über geld millionen behauptet müsse ja längst erledigen wer könnte dahinter stecken und erzähle bitte nicht ich wüßte nichts davon.......denk nach!

Nun vermuten wir, dass es sich um einen eingeschleusten, perfiden Agenten des Anti-Haider-Lagers handelt, welches auch zwei Jahre nach dem Verbleichen des rasenden Trunkenbolds nichts unversucht lässt, dem Andenken an Seine Unsäglichkeit zu schaden. Dieser Beitrag suggeriert nämlich, dass J. H. einem Klub von Schwachsinnigen präsidierte, statt einer ernstzunehmenden politischen Partei. Um einen Ausländer wird es sich bei „Sontagskind“ wohl kaum handeln, denn denen hätte das stramme Jörgele bestenfalls die Fahrkarte nach Theresienstadt bezahlt. Es sei denn, „Sontagskind“ hieße mit Familiennamen Ghaddafi.
Lassen wir aber die wilden und ins Kraut schießenden Verschwörungstheorien beiseite, so kristallisiert sich heraus, dass eine solche Anhängerschaft, wie die von „Sontagskind“ repräsentierte, tatsächlich das ideale Klientel des Dahingeschiedenen stellte: Doof und knetbar, korrumpierbar selbst mit einem bunten Lolli-Lutscher und dem Versprechen, auf dem Schulhof nicht jeden Tag verdroschen zu werden. Bei solcher Art Stimmvieh braucht man keine Angst zu haben, dass die eigene Politik sachkundig und mit geschultem Geist hinterfragt wird. Dieses Volk kann man getrost abziehen, die Millionen in Liechtenstein anlegen und sich noch die Füße küssen lassen, wenn man den geprellten Deppen ein Almosen zurückwirft. Dafür errichten sie ihren Lichtgestalten einen Hausaltar und wandeln wie die hirnlosen Zombies brav am Wahlsonntag in der Krachledernen und im Dirndl zur Wahlurne und kreuzen ohne weiteres Nachdenken dort an, wo man es ihnen sagt.
Wir waren immer der Ansicht, es sei Jörg Haiders einzige von Weitsicht und politischem Instinkt getragene und dem Wohle seines Landes dienende Großtat gewesen, den Sessel des Landeshauptmanns von Kärnten am 11. Oktober 2008 ganz unspektakulär mit 1,8 ‰ im Turm und 140 km/h auf dem Tachometer seines VW unter Ausnutzung des Newtonschen Gesetzes F=m x a unwiderruflich zu räumen. Nun müssen wir beschämt eingestehen, dass er dem demokratischen Lager der deutschsprachigen Welt noch eine weitere, unschätzbar wertvolle Liebestat hinterlassen hat. Millionen und Abermillionen Euro für die Aufklärungspropaganda gegen rechtsextreme Führungspersönlichkeiten wären dagegen erbärmlich verlandet und versandet. Denn mit dem Raffke von 45 Millionen am Fiskus und damit am Landeswohl der Ostmark vorbei und mit solchen schwachsinnigen Apologeten im Rücken charakterisiert Jörg Haider über seinen Tod hinaus grandios das Wesen solcher Archetypen: Großes Maul, welches Hunderttausende Dummbratzen fasziniert, Teilnahme am Volkseintopf mit obligatem Sich-auf-die-Schulter-klopfen-lassen und heimlich kriminelle Energien entfalten – scheißegal, ob das Amt des Landeshauptmanns dabei beschädigt wird oder nicht.
Man möchte einwenden, seit den Enthüllungen über den Parvenü und Reichsmarschall Hermann Meier, geb. Göring seien solche Demonstrationen überflüssig. Die Exzesse und Orgien in Karinhall und der abschließende Kommentar „... wenigstens 12 Jahre lang anständig gelebt...“, hätte den Menschen für alle Zeiten die Augen geöffnet, für welche Schurken sie da mit einem steifen rechten Arm in Europa und der Welt umher gerannt sind und sich allerorten verhasst gemacht haben. Aber, aber... kurz ist leider das Gedächtnis der Menschen. Und so bedarf es des Öfteren mal wieder einer kleinen Auffrischung. Nur blöd, das man die Dummköpfe selbst mit unwiderlegbaren Beweisen nicht erreicht. Sie glauben, was sie glauben wollen oder müssen. Denn nimmt man ihnen diesen stupiden Glauben an ihre „Führer“, dann nimmt man ihnen alles. Dann nimmt man ihnen die braun gefärbten Blindenstöcke für die geistig Sehbehinderten, mit denen sie sich durch eine Welt hangeln, der sie intellektuell nicht gewachsen sind. Dann ist es aus mit den „Sontagskindern“ in aller Welt, ob sie nun in Mao-Uniformen umher rennen und ihre Lehrer mit Mao-Bibeln verprügeln, oder ob sie sich als SA verkleiden und dem Juden an der Ecke das Geschäft und die Gesundheit ruinieren.
Jörg Haiders Todesursache Nummer eins war nicht so sehr in den aufgrund der Kollision mit dem Betonklotz zugezogenen Traumata zu suchen. Wir sehen sie eher in der unheinheitlichen Persönlichkeit des Mannes, der sich wie so viele seines Schlages öffentlich als Biedermann präsentierte, der er in Wirklichkeit nicht war. Hinter dem Steuer des Phaeton saß kein ausgeglichener, geistig überlegener und in sich ruhender Denker und Politiker, Vorbild gesetzestreuen und moralisch wegweisenden Verhaltens, sondern ein angesoffener Gesetzesbrecher und Verkehrsrowdy, der das Leben seiner Landekinder mit seiner halsbrecherischen Rückfahrt aus einer Klagenfurter Kneipe grob fahrlässig gefährdete. Wenn sich jetzt noch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Sachen der nach Liechtenstein verschobenen 45 Millionen Euro bestätigen, dann wäre das das Tüpfelchen auf dem Bild eines Mannes, der einerseits auf einem Kameradschaftstreffen der Waffen-SS von Anstand faselte und gleichzeitig in eigener Person Maßstäbe für Gaunereien und Gesetzesbruch definierte.
Aber wie gesagt, seine Fans schreckt so etwas nicht im Mindesten. Ganz im Gegenteil werden sie den noch verprügeln wollen, der ihren dämlichen Märtyrer-Kult als solchen entlarvt und sie selbst der anencephalen Dummheit überführt. Die lernen nichts dazu. Die würde wieder Juden nach Auschwitz karren und sich selbst nach Stalingrad karren lassen. Und an allem wäre hinterher wieder der böse Russe schuld. Es ist die uralte Tragödie des Nackten Affen, der von seinem Schöpfer mit Verstand begabt worden ist und sich hartnäckig weigert, diesen zu gebrauchen. Es ist die Tragödie des Schlachtviehs, das geweidet und geschlachtet werden möchte, statt selbstbestimmt zu leben, und dafür seinem Schlächter noch die bluttriefende Hand leckt. Es ist die Tragödie der „Sontags-Kinder“ dieser Welt. Es ist die Tragödie der menschlichen Dummheit.

17. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
01.08.2010