Ein
Schalksnarr und eine Ein-Mann-Armee
Axel Marquardts Buch „Was bisher geschah“
Kotofeij K. Bajun
Versuchen Sie gar nicht erst uns
bei der Nase zu kriegen, nur weil Sie eventuell dahintergekommen sind,
dass wir auf seiner Gehaltsliste stehen. Wir gehören nämlich
zu den Auserwählten, denen der Meister verstattete, seine Mach-,
Lach- und Meisterwerke „Was bisher geschah“ gründlich
zu verreißen. Unter der Option nämlich, dass unser Geifern
auf uns zurück falle. Lieber Herr Axel Marquardt, nicht, dass wir
die Häme des deutschen Volkes fürchteten, beileibe nicht, wer
aber dieses Buch verreißt, der ist nicht recht bei Troste. Der hat
den Verstand verloren oder nie einen besessen. Der könnte mit Monty
Python, Peter Sellers, Marty Feldman oder Rowan Atkinson nichts anfangen.
Aber halt mal... Das sind doch alles englische Namen! Korrekt. Ja, aber
gibt es denn nach dem Verblassen der Comedy Factory keinen vertretbaren
deutschen Humor mehr? Doch! Doch, gibt es. Er heißt: „Was
bisher geschah“ und ist von dem unglaublichen Ostpreußen Axel
Marquardt geschrieben worden, dem mutmaßlich illegitimen literarischen
Sohn des 14 Jahre älteren Johannes Conrad. Für bildungsferne
Leser aus dem Westen Deutschlands: Conrad war der kongeniale Meistersatiriker
der „Eule“. Für noch bildungsfernere Leser aus dem noch
westlicheren Deutschland: Die „Eule“ war, ist und bleibt das
deutsche Zentralorgan für Humor und Satire und heißt in Wirklichkeit
„Eulenspiegel“.
Marquardt nimmt sie auf die Forke – die Zeitgenossen und ihre Insuffizienzen.
Gnadenlos haut er ihnen die Krücken unter den Holzbeinen weg. Sie
fliegen vor uns auf die Fresse und wir lachen, lachen, lachen. Sein Talent
zur Beobachtung ist einem Achttausender-Gipfel vergleichbar – in
der Ferne grüßen Arno Holz, Heinrich Heine und Kurt Tucholsky.
Ähnlich wie Holz gewandet der Sprachgigant Marquardt seine Satiren
und Grotesken in welche Sprachepoche des Deutschen auch immer. Altbacken
und geschraubt und doch so wunderbar klingend. Und man ließt und
brüllt vor Lachen, Herrgott noch mal, wo hat Muttern wieder das Asthmaspray
versteckt? Dabei ist die Komik, die diesem Buche innewohnt, staubtrocken.
Und rabenschwarz. Und dabei sowas von intelligent daher parliert. Wenn
ein Buch Conferencier sein könnte – dieses wäre eines.
Es verzieht keine Miene, während es seine humoresken Bolzen abschießt,
einen nach dem Anderen, ziel- und treffsicher. Es gebärdet sich seitenweise
wie Ottfried Fischer, starrgesichtiger Schalk – hinter den Kulissen
dröhnendes, wieherndes Gelächter.
Was man aber wieder und wieder betonen muss: Das hier ist intelligenter
Humor! Intelligenter Humor aus Deutschland. Gegenwärtig schon beinahe
eine contradictio per se. Marquardt aber, der Insterburger Plauderer,
bricht eine Lanze für den feinen Geist. Es macht Spaß, ihn
zu lesen. Es bereichert, er ist ein Zeitverkürzer im Wickram'schen
Sinne. Er ist ein Licht in trüben Stunden. Marquardt versammelt den
Genius der bisher zitierten Namen in Regimentsstärke auf 732 Seiten,
die man wieder und wieder, kreuz und quer, vor und zurück liest.
So, lieber Meister, jetzt haben wir wohl reichlich in die Saiten unserer
Leier gehauen für die drei Bananen. Es ist ein traurig Ding, dass
sich so eine seriöse Gazette wie der Preußische Landbote dergestalt
zu prostituieren gezwungen ist, knurrender Missmut liegt bleiern in der
Redaktionsstubenluft. Nun, lassen wir also die gedungenen Federn zurück
ins Tintenfässchen fallen und wenden uns etwas Vernünftigem,
etwas Schönen, etwas Fröhlichem zu: Zum Beispiel Axel Marquardt
Buch „Was bisher geschah“ aus Haffmanns Verlag, erschienen
unter der ISBN 978-3-86150-824-3, erhältlich für einen Haufen
Geld, davon aber jeden einzelnen Pfennigs wert. |