Dame
mit Zivilcourage
„Mrs. Marlowes Mäuse“ erobert
Herzen
(Bild mit freundlicher Genehmigung des Verlages Jacoby & Steward)
Kotofeij K. Bajun
Bibliophilie kann bedeuten, man
sieht ein Buch und man ist hin und weg. Ein Buch als Gesamtkunstwerk –
ein Buch, was einem der schieren Schönheit wegen das Wasser in die
Augen treibt, ein Buch, für Kinder geschrieben, aber man will und
will es ihnen nicht geben. Es ist zu schade um patschig angegrabbelt zu
werden, wie es nun mal der Kinder Art ist. Wenn sie brav gewesen sind
die Woche über, dann holt man es am Samstagabend aus der verglasten
Vitrine, denn dort steht es – nicht im gemeinen Regal bei den andern.
Und dann schlägt man es bedächtig auf. Anna, Denise, Benjamin
und Martin – alle mindestens im selben Sonntagsstaat wie die aber
so was von elegante Mrs. Marlowe und dann... dann schauen wir mal hinein:
Die elegante Dame Mrs. Marlowe ist eine – Katze. Eine Tochter der
Großen Mutter Bastet. Sie lebt in einer amerikanischen Katzenstadt
der späten Dreißiger des 20. Jahrhunderts. Mäuse sind
in dieser Stadt illegal. Doch die Bibliothekarin Eleanor Marlowe hat eine
seltsame Affinität zu den kleinen Nagern. Sie liebt die kleinen Gefährten
trotz aller Unterschiedlichkeit. Sie liebt sie, obwohl doch die Maus der
gesamten Katzenwelt das Feindbild schlechthin gibt. Sie beugt sich nicht
dem gesellschaftlichen Konsens. Gegen Recht und Gesetz beherbergt die
Katzendame eine ganze große Mäusefamilie bei sich und begibt
sich dabei in ernsthafte Gefahr. Käse kauft sie für ihre kleinen
Gäste, unterhält sich mit ihnen, strahlt eine überwältigende
Herzensgüte aus. Und ausgerechnet an die Tür dieser grundgütigen,
liebenswerten Dame hämmert mit einem Mal die Katzenpolizei. Ein streng
dreinblickender Katzeninspektor in Begleitung eines Wachtmeisters begehrt
Einlass. Unter der Uniformjacke des Inspektors blinken Kragenspiegel hervor.
Woran erinnert uns das nur...?
Eilends stieben die Mäuse in ihre Verstecke. Es geht um ihr Leben
und um das ihrer Gastgeberin auch, denn wer einem Juden, ääh
einer Maus Unterschlupf gewährt, riskiert Freiheit, Gesundheit oder
gar das Leben. Wurde sie denunziert, etwa von der leutseligen, aufdringlichen
„Freundin“ Mrs. Godfrey, die so sehr und so wachen Blickes
auf eine engere Freundschaft besteht? Das Buch animiert seine jungen Leser
nicht nur den eigenen Kopf zu gebrauchen, dem eigenen Herzen zu folgen
und die Prinzipien der Menschlichkeit, oder Kätzlichkeit oder wie
auch immer nie vorgegebenen Dogmen unterzuordnen. Es setzt aber auch denen
ein Denkmal, die in der Zeit des realen Terrors genauso handelten, wie
die Bastet-Tochter Eleanor Marlowe. Nicht wenige von denen, sofern sie
die Tage der Finsternis überstanden, tragen heute einen der ganz
wenigen wertvollen Orden, die in der Welt noch etwas gelten: Den „Gerechten
unter den Völkern“. Sie, die Bibliothekarin Eleanor Marlowe
ist eine Gerechte und die Bilder, mit der Devin Asch, Sohn des Autors
Frank Asch, dieses Buch überdimensional und opulent ausgestattet
hat, sind ein einziger Kotau vor der Größe dieser Dame, vor
ihrer Haltung. Vielleicht sind sie es, die diesem Buch erst zu seiner
ganzen, weiß Gott unwiderstehlichen Brillanz verhelfen. Denn diese
Bilder entführen den Betrachter in eine andere Welt, eine viktorianische
Feenwelt, jeder Pinselstrich eine einzige Liebeserklärung an Katz
und Maus und natürlich die kleinen Menschen, denen das Buch eigentlich
zugeeignet ist. ...auch wenn wir uns so überaus affig haben, es ihnen,
der Zielgruppe des Buches auszuhändigen. Mrs. Marlowe, gestatten
Sie uns, Ihnen die entzückende Pfote zu küssen und Ihnen zu
versichern, dass Sie eine außergewöhnliche Dame sind, nicht
zuletzt, weil Ihnen, statt der bei allen anderen Katzen üblichen
vier Finger derer fünfe an jedem Pfötchen zu Diensten sind.
Frank Asch, Devin Asch
Mrs. Marlowes Mäuse
Jacoby & Stuart Verlag
32 S.
ISBN-10: 3941087045
ISBN-13: 978-3941087040
12,95€
|