Herrn Professor Walter Krämer
Technische Universität Dortmund
Brandenburg an der Havel, den 07. Februar 2011
Lieber Herr Professor Krämer,
meiner Gazette wurde jüngst
eine Ausgabe Ihres Werkes "Modern
Talking auf deutsch" zugesandt, in welchem Sie gegen das Dinglische
zu humorvoll zu Felde ziehen.
Sie machen in Ihren Ausführungen zu diesem Buche einen recht verzweifelten
Ausdruck.
Wir kennen diese Verzweiflung nur zu genau, denn der Preußische
Landbote, so liberal er sonst ist, tutet seit Jahren in dasselbe Horn.
Preußen ist ein ethnischer Flickenteppich, in welchem wir uns
sauwohl fühlen. Deutsch ist nur eine von vielen Sprachen, die zwischen
Elbe und Memel gesprochen werden und das Land Preußen erstreckt
sich nunmehr über drei europäische Nationen. Das entspricht
genau unserer Intention, verleitet uns aber keineswegs, die deutsche
Sprache als wichtiges Kulturgut zu vernachlässigen, indem wir,
der angeführten Natur des Landes entsprechend, einen Mischmasch
aus wendisch, polnisch, deutsch, jiddisch, französisch, russisch...
sprächen. Jede einzelne dieser Sprachen ist wundervoll - das Jiddische
insbesonders: Konservierte es doch große Teile unseres lebendig
gesprochenen Mittelhochdeutschen. Aber jede Sprache glänzt durch
das Einzigartige ihres Charakters und verdient es nicht, verhudelt zu
werden.
Die englische Zunge lieben wir nicht weniger als unser großer
Lichtenberg - um so sorgsamer gehen wir mit dieser wundervollen Sprache
um. Auch sie muss vor teutonischen Idioten geschützt werden, die
vor lauter Minderwertigkeitskomplexen keine drei deutschen Sätze
mehr geradeaus sprechen können. Wer mit uns reden will, kann das
lateinisch, hoch- und niederdeutsch, russisch, jiddisch, spanisch tun.
Aber er soll bei seiner Sprache bleiben und sie kunstgerecht gebrauchen.
In einem Kinderbuch der DDR rief einst ein kleiner Junge in einem Angelkahn
zu einem polnischen Binnenschiffer: "Du uns können schleppen?"
Der Pole darauf: "Du uns können schleppen - was ist das für
ein Deutsch? Hast du in der Schule nicht aufgepasst?" Der Junge
lief hochrot an und stammelte, er habe befürchtet, der Pole verstehe
ihn sonst nicht. Der Kapitän konterte: "Gutes Deutsch versteht
man immer!" und implizierte damit die ewig gültige Wahrheit,
dass gerade dieses Gestammel das Verstehen der Sprache den Ausländern
sowohl als auch den meisten Einheimischen erschwert statt erleichtert.
Aber, lieber Herr Professor, machen wir uns nichts vor! Wir rennen gegen
die Windmühlen der menschlichen Dummheit an, ehrenhaft wie der
Don Q., aber genauso vergebens.
Das Volk ist ein Volk der geistigen Rasenlatscher und Angeber, Schaumschläger
und Wichtigtuer. Es ist im Dreißigjährigen und allen daraus
nachfolgenden Kriegen zerbrochen und seiner Würde beraubt worden.
Wir haben uns die Länge und die Breite in drei Aufsätzen dazu
geäußert, die wir uns Ihrer Lektüre anzuempfehlen erkühnen.
Das soll Ihnen nur sagen: Sie sind nicht allein.
Ihr ergebener
Hübner
-Preußischer Landbote-
Sprache 1
Sprache
2 (Fachsprache)
Sprache
3 (Kunstwörter)
Prof. Dr. Walter Krämer
Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik
Technische Universität Dortmund
Vogelpothsweg 78
D-44221 Dortmund
Germany
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08. Februar 2011
Lieber Herr Hübner,
haben Sie besten Dank für den
Hinweis auf den Preußischen Landboten! Ich muß zu meiner
Schande gestehen, den kannte ich bislang noch nicht. Aber nach erster
Lektüre ausgewählter Beiträge war das ein Fehler.
Mein Buch Modern Talking auf Deutsch
ist schon lange vergriffen. Warum man Ihnen das zugesandt hat, weiß
ich nicht. Ich hoffe, Sie haben trotzdem Spaß an der Lektüre.
Mit den besten Grüßen, Ihr
Walter Krämer
Walter Krämer
Modern Talking auf deutsch
Ein populäres Lexikon
3. Auflage 2000
Piper Verlag München GmbH, 2000
ISBN 3-492-04211-2