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1815 – Napoleons letzte Schlacht
Gerd Fesser legt den letzten Teil seiner Napoleon Trilogie vor

Michael L. Hübner
Es ist unbestritten: Wenn ein Name eines deutschen Gegenwartshistorikers für saubere, nachvollziehbare, eingängige und breitenwirksame Geschichtsschreibung steht, dann ist es der Gerd Fessers. Nach Vorlage seines jüngsten Werkes zur napoleonischen Zeit und ihrer welterschütternden Konflikte hat sich dieses Urteil geradezu manifestiert.

Fessers ganz große Kunst liegt darin, komplexe Ereignisse der Vergangenheit zu konzentrieren, ihre Essenz zu destillieren und sie dann, ohne dass sie auch nur im Mindesten an Gehalt oder Verständlichkeit verlören, der interessierten Leserschaft zu aufzutafeln.

Wohltuend tritt bei der wie immer fesselnden Fesser'schen Lektüre zutage, dass hier niemand schreibt, der sich noch in irgendeiner Form profilieren oder seine Autorität in der Fachwelt unter Beweis stellen müsste. Man denke da mit Erschauern an Frau Wedgewoods Mammutwerk über den Dreißigjährigen Krieg. Gerd Fesser erhebt nicht das große Palaver, verliert sich nicht in ermüdenden Details – und ist dennoch detailfreudig, dass man meinen möchte, man habe in ihm einen überlebenden Augenzeugen der dramatischen Ereignisse dieser Zeit aufgetan. Fesser ist ein Mann, der es versteht, mit Worten Landschaften zu malen. So überzeugend, so farben- und facettenreich, dass man unwillkürlich sagt: "So, und nicht anders, war es!"

"1815 -Waterloo, Napoleons letzte Schlacht", so titelt Gerd Fesser sein jüngstes Werk, pünktlich zum 200. Jahrestag des mörderischen Völkertreffens. Wäre Gerd Fesser nicht Historiker, so würde man ihn auch gerne auf seine Qualitäten als Erzähler hinweisen: so flüssig, so spannend, so "unweglegbar" liest sich auch dieses Buch aus seiner Feder. Und hinterher ist das Gros der Leser schlauer. Denn, wie Blüchers Kavalleristen die feindlichen Truppen, so fegt auch Gerd Fesser viele liebgewonnene und sattsam tradierte Vorstellungen, Klischees und Ungereimtheiten vom Felde. Hintergründe, die entweder in der Kürze des Schulstoffs, in der Oberflächlichkeit und Parteilichkeit der das Sujet behandelnden Filme oder aber im unüberschaubaren Dickicht der Fachliteratur verschollen gingen, breitet das Ausnahmetalent unter denen in die Masse wirkenden Historikern in kristallklarer, stringenter und vor allem übersichtlicher Form vor seinen Lesern aus.

Ergänzt wird der etwa 110 Seiten umfassende Kerntext durch ein noch einmal halb so starkes Beiwerk: eine Zeittafel, ein Dokumentarium der Epoche, bestehend aus der privaten und dienstlichen Korrespondenz der Protagonisten und Zeitungsmeldungen, einen sehr ordentlichen Glossar zu Begriffen und handelnden Personen aus dieser Ära, einem sauberen Quellenwerk und nicht zuletzt einer kleinen Kartensammlung, welche auch dem militärischen Laien die Abläufe jener entscheidenden Junitage im Jahre 1825 verdeutlichen helfen.

Gerd Fesser hat mit seinem, im Verlag Bussert & Stadeler erschienen Werk wieder einmal Maßstäbe gesetzt. Er hat gezeigt, wie spannend und lehrreich für die Gestaltung der Zukunft Geschichte sein kann, wenn sie aus einem verstaubten Elfenbeinturm zu den Menschen getragen wird. Dabei muss er sich nicht der frivol-laxen Parliererei eines Joachim Fernau bedienen, dem wir damit keineswegs die Verdienste um eine von Pathos und Zwecklüge befreite Historienerzählung absprechen wollen. Gerd Fesser ist Fernau jeodch um eine Nasenlänge voraus: Er bedarf nicht des Stammtisch-Jargons, um Geschichte unterhaltsam und trotzdem lebendig zu gestalten, so, als hörte man die Kanonen von La Belle-Alliance donnern und röche geradezu ihr Pulver. Gerd Fesser hat es verdient, ein Herold der Klio genannt zu werden. Sein jüngstes Werk aber hat es verdient, von einem recht großen Publikum gelesen zu werden.


Gerd Fesser
1815 Waterloo - Napoleons letzte Schlacht
Verlag Bussert & Stadeler 2015
ISBN 978-3-942115-30-8

 
B
12. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012

05.05.2015