Dunkle Havel
Tim Pieper debütiert mit einem
lokalen Krimi
Don M. Barbagrigia
Donnerwetter, Herr Pieper!
Ganz großes Kino für ein Debüt!
Mit seinem Erstling
"Dunkle Havel" bringt Tim Pieper einen neuen, und sehr beachtlichen
Farbtupfer in die märkische Krimilandschaft. Wenngleich die fernsehgebundene
Inflation, die uns tagtäglich mit echten und konstruierten Abgründen
der menschlichen Seele konfrontiert, dafür sorgt, dass wir Gegenwartskrimis
meistens distanziert gegenüber stehen, so überzeugte Piepers
im Großraum Werder/Havel angesiedelter Roman nicht nur aus lokalpatriotischen
Gründen.
Der Autor bedient sich
eines charmanten Kunstgriffs, der zumindestens den Leser aus der Umgebung
tief in die Handlung einbindet. Er schreibt zeitnah und bettet die fiktive
Handlung sowohl in einen realen, wohlbekannten, historischen sowie topographischen
Kontext. Dieser wirkt quer durch die atmosphärisch verdichteten
und über weite Strecken glaubwürdigen Handlungsstränge
so überzeugend, dass der Leser die Grenzen zwischen der tatsächlichen
und der phantastischen Welt kaum noch zu ziehen vermag. Die Komposition
der des Krimis ist fürwahr sehr gechickt, schlüssig und durchdacht.
Allein dafür gebührt Herrn Piper ein respektables "Chapeau!"
Dass er seinen Protagonisten, den Hauptkommissar Sanftleben zu einem,
man muss schon sagen, zeitgemäßen Antihelden mit massiven,
ja geradezu neurotischen Störungen der Seele aufbaut, kann das
Attribut des Novums nicht mehr beanspruchen. Aber es verleiht, wir kennen
das von Wallander hinlänglich, dem Helden menschlichere Züge.
Und die sind bei den ermittelnden Organen der gegenwärtigen Bundesrepublik
fürwahr bitter nötig.
Dass sich der Gesamtverlauf
des Krimis, gerade zum Ende hin, etwas im Abstrusen verliert und mit
einem halbherzigen, dafür um so phabtastischeren Happyend aufwartet,
tut dem Werk keinen Abbruch. Schließlich liefert Herr Piper seinem
Lesepublikum keinen Pitaval, sondern spannende Unterhaltungslektüre
– spanndend, und dafür stehen wir ein – bis zur buchstäblich
letzten Silbe.
Glückwunsch zu
dieser Leistung, Herr Piper! Sie beehrten uns mit einem Buch, das es
durchaus verdient, auch in Leipzig mit einem Ölbaumzweig bedacht
zu werden. Denn seine wohltuende Distanz zur trivialen Kriminalliteratur
verdient eine angemessene Würdigung.