Baaks

zurück zur Stammseite "Persönlichkeiten"

 

Bach, Johann Sebastian

Bosch, Hieronymus

Claudius. Matthias

Dreckbeen

Erzbischof Wichmann von Seeburg, Erzbischof von Magdeburg

Eulenspiegel, Till

Friedrich der Große von Preußen

Friedrich Wilhelm I. von Preußen

Guenther, stud.med. Johann Christian

Gundling, Jacob Paul Freiherr von

Heine, Heinrich Dr. jur.

Hunold, Pfarrer Günther

Issa, Kobayashi Yataro

Iwan der Schreckliche

Katzentraum, Sabine

Kisch, Egon Erwin

Last, Jens Peter, Arzt

Lichtenberg, Georg Christoph

Mazarin, Jules

Münzer, Dr. Thomas

Nkone, Dr. med. Jeshua

Otto der Große

Panizza, Dr. Oskar

Peter der Große

Prophet, Ekkehard

Rattchen

Schischkin Iwan

Spinoza, Baruch

Sprogøe, Ove

Tucholsky, Kurt

Villon, Francois

Vivaldi, Antonio

Otto der Große

Herr Otto und Frau Edith
Herr Kaiser Otto I. aus dem Geschlecht der Liudolfinger (re.) mit Frau Edith (Egditha von England)
Bild: Preußischer Landbote


K. K. Bajun
Magdeburg – Du wundervolle, Du arme, gequälte Hauptstadt des Ostens. Du warst für die Gebiete östlich der Elbe bis hoch ins ferne Preußen einst so etwas wie für uns Heutige New York: Überragend, beeindruckend, quirlig, lebendig. Der preußische Rebell Herkus Monte studierte in Deinen Mauern, Otto von Guericke spottete des Horrors Vacui, Gundling legte seine streitbaren Schriften auf die Kanzel von St. Katharinen.
Und Erzbischof Wichmann plante und leitete von hier aus die Ostexpansion. Wir berichteten über diesen Vater des Magdeburger Rechts und Chef der ostelbischen Kolonisation in derselben Rubrik des Landboten.
Ein Erzbischof also…
Ein Erzbischof ist der geistliche Chef eines Erzbistums. Magdeburg war ein Erzbistum. Einer muß es zu dieser hohen Ehre erhoben haben. Ja, einer…
Einer liebte Dich ganz besonders. Er war der Erste unter den Deinen und Dein Dom umgibt sein Grab mit seinen wuchtigen Mauern: Otto hieß er und er war wahrhaft einer der ganz Großen der deutschen Geschichte.
Die Zeit, in die Otto am 23.11.912 zu Wallhausen bei Sangerhausen hineingeboren wurde, war bretterhart, weiß Gott! Sie war ungleich härter, als sie das für die Wallhausener heute ist. Deswegen werden die meisten Bewohner dieses Dorfes beim Kyffhäuser kaum noch etwas über den größten Mann wissen, den ihr Dorf je hervorbrachte. „Und Du, Bethlehem Ephratha, die Du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei…“ So orakelt es der wortgewaltige Prophet Micha in Micha 5.1. an den Ohren der Wallhausener vorbei – denn aus ihrem Nirgendwo kam der, der einer der unbestritten Größten des Deutschen Reiches war, von Anfang bis Ende. Amen.
Sein Vater war der Erste Heinrich, der König der Sachsen, der im klirrendkalten Winter 928/ 929 die mächtige Slawenfeste Brandenburg berannte, und ihr und den Wenden des Ostens durch Hunger, Schwert und Kälte den Rest gab. Die Mutter war die kluge und energische Mathilde, die Nachfahrin des Widukind.
Otto selbst muß ein Bild von einem Manne gewesen sein. Groß, stattlich, blond mit wallendem Haar, blauäugig, klug und mutig. Ein Glücksfall für die Geschichte des Reiches, ach, was sag ich – ein Sechser im Lotto. Sein Vater Heinrich wußte genau was er tat, als er diesen Sohn, nicht den Erstgeborenen zu seinem Nachfolger bestimmte.
Irgendwann hat mich mal jemand gefragt, wen ich besonders schätze. Ich antwortete: “Kaiser Otto.“ „Ja, klar, immer muß es ein Kaiser sein, Cäsar, Napoleon, Gähn…wie langweilig.“ Ich aber sagte: „Ein Dummkopf bist Du. Du hast keine Ahnung, von wem ich rede. Ich spreche von einem Mann, der für einen Augenblick ein Europäisches Großreich in seinen Händen ließ und aus genialer politischer Vernunft und Weitsicht auf den Wahn so vieler Cäsaren verzichtete. Ich spreche von einem Mann, der so grausam hätte sein können wie der Lahme Timur, der aber selbst denen immer und immer wieder in beinahe unendlicher Güte verzieh, die ihm sogar nach dem Leben trachteten. Ich spreche von einem, der mit seiner Großherzigkeit und seiner charakterlichen Festigkeit Feinde zu Verbündeten wandeln konnte, der aber – wo das partout nicht angehen wollte – mit eiserner Härte und Feldherren-Genie ein zahlenmäßig weit überlegendes, grausames und für unbesiegbar gehaltenes Heer so zusammendrosch, daß man von diesen nomadisierenden Strolchen für tausend Jahre nichts anderes mehr hörte als Csardas und Gulaschsuppe. Ich spreche von einem guten Menschen, der das Prädikat „Heilig“ wahrscheinlich weitaus mehr verdient hätte, als sein Bruder Erzbischof Brun von Köln.“
Otto war sicherlich kein Heiliger in dem Sinne, daß er sich gegen jedermann fair und menschlich benommen hätte. Dazu waren die Zeiten viel zu brutal. Ein solcher Mann hätte sich in der Liga, in der Otto spielte, keinen Wimpernschlag halten können. Uns dauert zutiefst die kleine Slawenprinzessin, man munkelt, Dragomira hätte sie geheißen, der sich Otto aus politischen Gründen anverlobte. Als dann die Slawen am Boden lagen und keine nennenswerte Macht mehr darstellten, wurde die Verlobung oder gar Ehe aufgelöst und das Mädchen in ein Kloster geschickt, wo es sein Leben fern der Heimat, fern seines alten Glaubens beschließen mochte. Eine politische Schachfigur nur, die man vom Brett entfernte wie ein Bauernopfer – denn eine dem König anverlobte Braut durfte nach dieser Liaison niemand anderem mehr angehören, nicht wahr?!
Für ihn, den Mann, galt das natürlich nicht. Er heiratete in dem Jahr, das Dragomira überflüssig machte, Edith, Aethelstans Tochter. Ihr schenkte er Magdeburg – seinen Lieblingssitz. Nach Ediths Tod nahm es sich die blutjunge, knapp 19jährige Adelheid, die er aus geopolitischen Erwägungen den Klauen Berengars entriß. Ja, so ganz der ritterliche Haudrauf, der die Lanze senkt, sobald er eine Dame um Hilfe schreien hört, war er denn doch nicht. Bei aller Herzensgüte war er doch ein durch und durch politisch denkender Mensch. Nein, er war mehr: er war ein politisches Genie.
Doch auch seine Hochherzigkeit kannte Grenzen: Ein von seinem Bruder Heinrich mitinitiierter Mordanschlag auf den König endete für alle Beteiligten außer Heinrich tödlich. Heinrich hatte zu diesem Zeitpunkt nur das unverschämte Glück, beizeiten entwischen zu können. Desungeachtet verzieh Otto ihm auch diesen Hochverrat, denn das war schon der Zweite, und setzte ihn später zum bayerischen Herzog ein. Heinrich war geläutert. So gewinnt man Herzen!
Otto war es, der das Genie und die Tatkraft seiner Schwiegertochter Theophanu sofort erkannte, eines Mädchens von grandiosem Geist, einem poltischen Ausnahmetalent, eine
r Frau, Gefährtin und Mitkaiserin, wie sein Sohn keine bessere je hätte haben können. Er liebte, förderte und schützte Theophanu und ließ sie sich zu dem entwickeln, was sie später wurde, die Stütze und Hoffnung des Reiches. Er nahm herben Krach mit Adelheid in Kauf, die sich permanent gegen Theophanu stellte und sich nur an deren Seite schlug, wenn es die Not und die Sorge um die Dynastie erforderte. Otto war ein Jahrtausendpolitiker. Ein kraftvoller und energischer, weitsichtiger und entschlusskräftiger Mann.
Großes hatte er geleistet, als er in seiner Pfalz Memleben am 7.Mai 973 für immer die Augen schloß. Groß nannte man ihn fortan.
Schon oft haben wir verkündet, die Heimat begänne für uns an den Ufern der Elbe. Dort, wo durch die mächtigen Türme des Magdeburger Doms dieses Ufer angekündigt wird, dort liegt einer der menschlich und herrschaftlich größten Männer Europas begraben.
Auch wenn seine Politik den Grundstein dafür legte, daß die Hälfte unserer Vorfahren die Herrschaft über ihr Land verloren und nur noch Paria auf der ehemals eigenen Scholle waren – das ist der Lauf der Geschichte – erkennen wir ihn als unseren Kaiser an, dessen menschliches Vorbild noch immer in uns wirkt.
Die Blumen und Kränze auf seinem Sarkophag im Dom zu Magdeburg, die sein Andenken weit über tausend Jahre nach seinem Tode noch immer ehren, sprechen eine beredte Sprache.

„Unterschrift“ Kaiser Ottos, der Kaiser zog den „Vollzugsstrich“ zwischen den beiden „O“ s
Bild: Preußischer Landbote

P 1. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2006