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Ove Wendelboe Sprogøe Petersen
* 21.12.1919 Odense † 14. September 2004
Kopenhagen
Volksschauspieler, genialer Chef der Olsenbande,
Däne
Zeichnung K. K. Bajun
ein Nachruf von K. K.
Bajun
Der Danebrok in der Redaktionsstube
des „Preußischen Landboten“ ist auf Halbmast gesunken.
Ein großes Herz hat aufgehört zu schlagen: das Herz des dänischen
Volksschauspielers Ove Sprogøe.
Es liegt uns fern, diesen Mann auf seine prominenteste Rolle zu reduzieren.
Dennoch! Wer immer in diese Augen blickt, der sieht Egon Olsen vor sich,
den Chef der legendären Olsenbande.
Dieser Mann verkörperte in dieser Rolle eine der liebenswertesten
Seiten Dänemarks. Wenn Benny und Kjeld vor dem Albertslund-Gefängnis
das rote Fähnchen mit dem weißen Kreuz schwenkten, weil sich
wieder einmal die Tore für ihren Chef öffneten, dann trat
auch uns ein Mann entgegen, der unseren nördlichen Nachbarn in
sich verkörperte.
Ein Gentleman – perfekt von der Melone bis zu den schwarzen Lackschuhen,
exakt sitzender Nadelstreifen: very british!? Nein, viel besser: very
danish!
Denn diese Noblesse hatte trotz aller hochfliegenden Pläne etwas
Bescheidenes. Gewalt verbot sich von selbst. Hier regierte der Kopf.
Hier agierte eine ungeheure Originalität und Kreativität,
eine präzise Vorbereitung unter gnadenloser Ausnutzung menschlicher
Schwächen. Und ein unbedingtes nach-vorne-schauen!
Es war egal, ob er gerade just in der vorigen Sekunde nur knapp einem
der vielen Anschläge entgangen war, ob man ihm „sizilianische
Badelatschen“ angepaßt hatte, ihn lebendig in eine fürstliche
Gruft eingemauert hatte, ihn in einer Schrottpresse verschwinden lassen
wollte – kaum war der Knebel gelöst, fluppte die obligatorische
Zigarre aus dem Mund und aus den Winkeln desselben kam das gekonnt geknurrte:
„Ich habe einen Plan!“ Kein Gedanken zurück! Das wäre
Zeitverschwendung. Das Leben hielt eine Herausforderung bereit und alle
Gedanken Egon Olsens waren in selbst aussichtslosen Situationen darauf
gerichtet, diese anzunehmen. Das ist die große Botschaft eines
großen Schauspielers, die er uns in dieser seiner bekanntesten
Rolle hinter aller Komik übermittelte.
Apropos Komik: Nichts war hier Slapstick oder Klamotte. Intelligentester
Humor wurde uns geboten, Humor, über den man herzhaft lachen konnte.
Es war eine Ehrenhaftigkeit in diesem überragenden Gentleman, so
authentisch, so erhaben über jeden Zweifel, daß man nicht
anders konnte, als sie auch dem Mimen Sprogøe zuzubilligen. In
den Interviews, die wir sahen, fand diese Ansicht dann auch immer wieder
ihre Bestätigung: Hier war absolut nichts von klischeebedienender
Kasperei – ein seriöser, kluger und überlegter Mann
lies uns an seiner Sicht der Dinge teilhaben.
Nur eines konnte ihn in maßloses Erstaunen versetzen, ihn, den
Ehrenmann: Wenn andere, die von Standes wegen derselben Gentilität
verpflichtet gewesen wären, sich benahmen wie gewöhnliche
Lumpen. Wenn das Wort eines Ehrenmannes nichts mehr gelten sollte –
das war kein bloßer Affront gegen ihn, daß war ein inakzeptables
Verbrechen gegen eine ganze, noble Weltsicht.
Seit Sir Charles Chaplin hat es wohl keiner mehr verstanden, mit Witz
und tiefgründigem Humor die wahren Verhältnisse so überzeugend
zu karikieren. Er, Olsen, der Ganove, war der eigentliche Mann von Ehre,
die anderen, die das nach außen hin prätendierten, waren
die eigentlichen Lumpen.
Doch das wichtigste, was wir von ihm behalten, ist, wie schon erwähnt,
seine immerfort währende Botschaft: Rückschlag erlitten? Egal!
Nach vorne den Blick, das Ziel fest vor Augen und los! Mit ungebrochenem
Elan, mit Zuversicht, mit Mut, Tapferkeit und einer großen Portion
Herz, Haltung und Anstand.
Ove Sprogøe, Sie haben uns viel gelehrt. Den Schatz, hinter dem
Sie Ihren Egon Olsen immer herjagen ließen und der ihm impertinenterweise
immer wieder zwischen den Fingern zerrann, diesen Schatz haben Sie letztendlich
in unsere Herzen gesenkt, wo er nicht verloren sein soll. Dafür
danken wir Ihnen. Wir werden uns nicht in unsere Trauer um Sie ergeben.
Wir schauen nach vorn – denn das ist es, was uns von Ihnen überkommen
ist.
Nachsatz:
Als wir einige Zeit vor dem Ableben des großen Schauspielers im
„Preußischen Landboten“ eine Ecke einrichteten, die
nur einem ausgewählten Leserkreise zugänglich sein sollte,
da nannten wir diese Rubrik „Franz Jäger Berlin“. Denn
das waren die kunstvollen Tresore, die nur einer zu öffnen verstand
– Egon Olsen! Unsere privatesten, unsere vielleicht besten Gedanken
sind in einem „Franz Jäger“ gut aufgehoben. Denn einen
Egon Olsen gab es nur einmal!
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