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Matthias Claudius
-Theologe und Journalist, moralische Instanz-
Herr Matthias Claudius
(* 15. August 1740 in Reinfeld (Holstein); † 21. Januar 1815 in
Hamburg)
Scholcher M. Druckepennig
Lieber Leser, der Du Dich zufällig
schon auf diese "Baustelle" verirrt hast, sei gegrüßt!
Wir bitten um Verzeihung, Dich vorerst mit dem halbfertigen Artikel abzuspeisen:
Es ist eine Unart, eine unfertige Seite ins Netz zu stellen, wie wir es
schon bei den Herrn Günther und Villon taten, die schon seit geraumer
Zeit auf ihre Fertigstellung warten müssen. Asche auf unser Haupt!
Der Aufsatz über Herrn Claudius fordert uns viel ab, denn wir wollen
für diese große Persönlichkeit Ehre einlegen. Dennoch
- und das ist der Grund für unsere Sünde - sollen Dir, lieber
Leser, zwei seiner wirklich ganz, ganz bedeutenden Schriften bis zum Tage
der Vollendung der Seite nicht vorenthalten werden: Der Brief an seinen
Sohn Johannes uns das Lied "Der Mond ist aufgegangen".
Wenn Du das liest und verstehst,
bis ins Herz verstehst, dann besuche über ein Kurzes den Landboten
erneut und unsere Referenz über den Ehrenmann von Wandsbeck wird
vollständig zu Deinen Diensten stehen. Und solltest Du zwischenzeitlich
den Friedhof der Wandsbecker Christuskirche besuchen, grüße
den wunderbaren Menschen Matthias Claudius von uns mit einem Blümchen
- oder noch besser: mit einem kleinen Kiesel auf seinem Grab!
Plaue an der Havel, den 18. Oktober 2005
Großer Gott - der
Landbote ist zu gering, diesem Manne mit eigenen Worten ein Denkmal zu
setzen. Wir haben es versucht, wir haben uns gemüht, abgeschunden
- aber... Dessen sind wir unwürdig, wir gestehen es schamvoll. Unser
geistiger Vater Tucholsky sagte einmal, Buddha
entzöge sich sogar der Satire, der über beinahe alles in der
Welt zu spotten gestattet ist. Dieser hier auch. Dieser hier auch...
Plaue an der Havel, den 24. September 2007
Lieber Johannes!
Die Zeit kommt allgemach heran, daß ich den Weg gehen muß,
den man nicht wiederkommt. Ich kann Dich nicht mitnehmen und lasse Dich
in einer Welt zurück, wo guter Rat nicht überflüssig ist.
Niemand ist weise von Mutterleibe an, Zeit und Erfahrung lehren hier und
fegen die Tenne. Ich habe die Welt länger gesehen als Du. Es ist
nicht alles Gold, lieber Sohn, was glänzt, und ich habe manchen Stern
vom Himmel fallen und manchen Stab, auf den man sich verließ, brechen
sehen. Darum will ich Dir einigen Rat geben und Dir sagen, was ich gefunden
habe und was die Zeit mich gelehrt hat.
Es ist nichts groß, was nicht gut ist und ist nichts wahr, was nicht
besteht. Der Mensch ist hier nicht zu Hause und er geht hier nicht von
ungefähr in dem schlechten Rock umher. Denn siehe nur, alle andre
Dinge hier, mit und neben ihm, sind und gehen dahin, ohne es zu wissen;
der Mensch ist sich bewußt und wie eine hohe bleibende Wand, an
der die Schatten vorübergehen. Alle Dinge mit und neben ihm gehen
dahin, einer fremden Willkür und Macht unterworfen; er ist sich selbst
anvertraut und trägt sein Leben in seiner Hand. Und es ist nicht
für ihn gleichgültig, ob er rechts oder links gehe. Laß
Dir nicht weismachen, daß er sich raten könne und selbst seinen
Weg wisse.
Diese Welt ist für ihn zuwenig und die unsichtbare siehet er nicht
und kennet er nicht. Spare Dir denn vergebliche Mühe und tue Dir
kein Leid und besinne Dich Dein. Halte Dich zu gut, Böses zu tun.
Hänge Dein Herz an kein vergänglich Ding. Die Wahrheit richtet
sich nicht nach uns, lieber Sohn, sondern wir müssen uns nach ihr
richten. Was Du sehen kannst, das siehe und brauche Deine Augen und über
das Unsichtbare und Ewige halte Dich an Gottes Wort. Bleibe der Religion
Deiner Väter getreu und hasse die theologischen Kannengießer.
Scheue Niemand so viel, als Dich selbst. Inwendig in uns wohnet der Richter,
der nicht trügt und an dessen Stimme uns mehr gelegen ist, als an
dem Beifall der ganzen Welt und der Weisheit der Griechen und Egypter.
Nimm es Dir vor, Sohn, nicht wieder seine Stimme zu tun und was Du sinnest
und vorhast, schlage zuvor an Deine Stirne und frage ihn um Rat. Er spricht
anfangs nur leise und stammelt wie ein unschuldiges Kind; doch, wenn Du
seine Unschuld ehrst, löset er gemach seine Zunge und wird Dir vornehmlicher
sprechen. Lerne gerne von ander'n und wo von Weisheit, Menschenglück,
Licht, Freiheit, Tugend etc. geredet wird, da höre fleißig
zu.
Doch traue nicht flugs und allerdings, denn die Wolken haben nicht alle
Wasser und es gibt mancherlei Weise. Sie meinen auch, daß sie die
Sache hätten, wenn sie davon reden können und davon reden. Das
ist aber nicht, Sohn. Man hat darum die Sache nicht, daß man davon
reden kann und davon redet. Worte sind nur Worte und wo sie so gar leicht
und behende dahin fahren, da sei auf Deiner Hut, denn die Pferde die den
Wagen mit Gütern hinter sich haben, gehen langsameren Schrittes.
Erwarte nichts vom Treiben und den Treibern und wo Geräusch auf der
Gassen ist, da gehe fürbaß. Wenn Dich jemand will Weisheit
lehren, so siehe in sein Angesicht. Dünket er sich noch und sei er
noch so gelehrt und noch so berühmt, laß ihn und gehe seiner
Kundschaft müßig. Was einer nicht hat, das kann er auch nicht
geben. Und der ist nicht frei, der da will tun können was er will,
sondern der ist frei, der da wollen kann, was er tun soll. Und der ist
nicht weise, der sich dünkt, daß er wisse; sondern der ist
weise, der seiner Unwissenheit inne geworden und durch die Sache des Dünkels
genesen ist. Was im Hirn ist, das ist im Hirn und Existenz ist die erste
aller Eigenschaften. Wenn es Dir um Weisheit zu tun ist, so suche sie
und nicht das Deine und brich Deinen Willen und erwarte geduldig die Folgen.
Denke oft an heilige Dinge und sei gewiß, daß es nicht ohne
Vorteil für Dich abgehe und der Sauerteig den ganzen Teig durchsäure.
Verachte keine Religion, denn sie ist dem Geist gemeint und Du weißt
nicht, was unter unansehnlichen Bildern verborgen sein könne. Es
ist leicht zu verachten, Sohn, und verstehen ist viel besser. Lehre nicht
andere, bis Du selbst gelehrt bist. Nimm Dich der Wahrheit an, wenn Du
kannst und laß Dich gerne ihrentwegen hassen; doch wisse, daß
Deine Sache nicht die Sache der Wahrheit ist und hüte, daß
sie nicht ineinander fließen, sonst hast Du Deinen Lohn dahin. Tue
das Gute vor Dich hin und bekümmere Dich nicht, was daraus werden
wird. Wolle nur einerlei und das wolle von Herzen. Sorge für Deinen
Leib, doch nicht so als wenn er Deine Seele wäre. Gehorche der Obrigkeit
und laß die anderen über sie streiten. Sei rechtschaffen gegen
Jedermann, doch vertraue Dich schwerlich. Mische Dich nicht in fremde
Dinge, aber die Deinigen tue mit Fleiß. Schmeichle niemand und laß
Dir nicht schmeicheln. Ehre einen jeden nach seinem Stande und laß
ihn sich schämen, wenn er's nicht verdient.
Werde niemand nichts schuldig; doch sei zuvorkommend, als ob sie alle
Deine Gläubiger wären. Wolle nicht immer großmütig
sein, aber gerecht sei immer. Mache niemand graue Haare, doch wenn Du
recht hast, hast Du um die Haare nicht zu sorgen. Mißtraue der Gestikulation
und gebärde Dich schlecht und recht. Hilf und gib gerne, wenn Du
hast und dünke Dir darum nicht mehr und wenn Du nicht hast, so habe
den Trunk kalten Wassers zur Hand und dünke Dir darum nicht weniger.
Tue keinem Mädchen Leides und denke, daß Deine Mutter auch
ein Mädchen gewesen ist. Sage nicht alles, was Du weißt, aber
wisse immer, was Du sagst. Hänge Dich an keinen Großen. Sitze
nicht, wo die Spötter sitzen, denn sie sind die Elendsten unter allen
Kreaturen. Nicht die Frömmelnden, aber die frommen Menschen achte
und gehe ihnen nach. Ein Mensch, der wahre Gottesfurcht im Herzen hat,
ist wie die Sonne, die da scheint und wärmt, wenn sie auch nicht
redet. Tue was des Lohnes wert ist und begehre keinen. Wenn Du Not hast,
so klage sie Dir und keinem anderen
Habe immer etwas Gutes im Sinn. Wenn ich gestorben bin, so drücke
mir die Augen zu und beweine mich nicht. Stehe Deiner Mutter bei und ehre
sie so lange sie lebt und begrabe sie neben mir. Und sinne täglich
nach über Tod und Leben ob Du es finden möchtest und habe einen
freudigen Mut und gehe nicht aus der Welt, ohne Deine Liebe und Ehrfurcht
für den Stifter des Christentums durch irgend etwas öffentlich
bezeugt zu haben.
Dein treuer Vater
1. Der Mond ist
aufgegangen
Die gold'nen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar
Der Wald steht schwarz und schweiget
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar
2. Wie ist die Welt so stille
Und in der Dämmerung Hülle
So traulich und so hold
Gleich einer stillen Kammer
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt
3. Seht ihr den Mond dort stehen
Er ist nur halb zu sehen
Und ist doch rund und schön
So sind wohl manche Sachen
Die wir getrost verlachen
Weil unsere Augen sie nicht seh'n
4. Wir stolzen Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste
Und suchen viele Künste
Und kommen weiter von dem Ziel.
5. Gott. laß dein Heil uns schauen,
Auf nichts Vergänglichs trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich sein!
6. Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod!
Und wenn du uns genommen,
Laß uns in'n Himmel kommen,
Du unser Herr und unser Gott!
7. So legt euch denn ihr
Brüder
In Gottes Namen nieder
Kalt ist der Abendhauch
Verschon uns Gott die Strafen
Und laßt uns ruhig schlafen
Und unser'n kranken Nachbar auch
Matthias Claudius, 1778
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