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NVA zur Fahne!
Vertreter der Bundesrepublik Deutschland erreichen einen neuen Tiefpunkt an moralischer Verkommenheit


B. St. Fjøllfross. Havelsee. Man hat ja schon von einigen Generälen und Admiralen in der Geschichte gehört, welche von ihren Fürsten trotz erfolgreichen Wirkens schmachvoll in die Wüste geschickt wurden. Als dann diesen Fürsten das Wasser bis zum Halse stand, entblödeten jene ehrlosen Lumpen sich nicht, ihre geschassten Militärführer zurück zu den Fahnen zu rufen, um die Sache noch einmal zu drehen.

Wallenstein oder El Cid zählen zu den prominentesten Repräsentanten dieser Gruppe. Viele folgten dem Ruf, teils aus Pflichtgefühl einer höheren Sache gegenüber, teils, weil sie in der Reaktivierung eine Bestätigung und Wiedergutmachung des ihnen angetanen Unrechts sahen, teils weil sie sich selbst in eine Bewährungssituation hineingedrängt fühlten.

Nun aber werden in der Bundesrepublik angesichts der angeblichen Bedrohungslage durch Russland Überlegungen laut, ehemalige NVA-Soldaten für die Bundeswehr zu reaktivieren.

Das ist an schäbiger Jämmerlichkeit, an Ehr- und Charakterlosigkeit nicht mehr zu überbieten. Das hat auch mit Pragmatismus nichts mehr zu tun.

Das ist einfach nur noch widerlich.

Erinnern wir uns: Als die Nationale Volksarmee der DDR, abgekürzt NVA, am 2. Oktober 1990 letztmalig die Truppenfahne einholte, standen viele Berufssoldaten dieser einzigen deutschen Armee, die niemals einen Krieg führte, vor dem beruflichen Absturz.

Wir wollen uns mit unserer Verachtung für diejenigen Unteroffiziere und Offiziere zurückhalten, die ihren geleisteten Fahneneid brachen und um der täglichen Brötchen willen zum Feinde überliefen. Wir haben Verständnis, weil der Wilde Osten der frühen Neunziger ehemaligen Soldaten kaum Einkunftsmöglichkeiten bot. Realitätssinn kann manchmal harte Opfer fordern.

In der Bundeswehr wurden sie, wenn sie denn überhaupt übernommen wurden, erst einmal kräftig degradiert, damit ihnen und dem Rest der Welt klar würde, wer hier die Sieger waren. Es kam einer gutsherrlichen Gnade gleich, die Verlierer zu einem geringen Teil in die eigenen Reihen zu integrieren.

Die anderen aber, die zu ihrer Sache standen, oder die man aufgrund ihrer Vergangenheit nicht zu übernehmen gewillt war, wurden davon gejagt wie die räudigen Straßenköter.

Wie sie über die Runden kamen – das war den neuen Machthabern völlig egal.

Just diese neuen Machthaber aber, die schon wieder über eine Art Volkssturm nachdenken, die schon wieder von Kriegstüchtigkeit schwafeln und davon schwadronieren, dass man doch wieder einmal die Truppenfahnen in den Ostwind halten könnte, diese Kanaille trompetet jetzt nach den Veteranen der NVA.

Das ist wieder der Augenblick des großen Max Liebermann und seiner legendären Worte vom 30. Januar 1933, als die SA grölend und Fackeln tragend an seiner Wohnung am Pariser Platz vorüberdröhnte.
„Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“

In Deutschland gab es mal Kategorien wie Anstand, Ethos, Verlässlichkeit. Wenn ein Feind sagte: „Ich will dich nicht!“ und dabei fest blieb, dann war er wenigstens berechenbar und schuf auf die eine oder die andere Weise Planungssicherheit.

Kommen wir also zu dem hauptsächlichen Unterschied zwischen reaktivierten Generälen wie El Cid oder Wallenstein. Diese waren vor ihrer Verbannung ihrem Dienstherren verpflichtet. Verstehen Sie? Es war derselbe Dienstherr, mit dem es diese Kommandeure zu tun hatten.

Das ist jedoch bei den ehemaligen NVA-Angehörigen mitnichten der Fall. Die Bundesrepublik Deutschland war der Feind!

Das war der Feind, der diese Uniformierten vor fünfunddreißig Jahren wie Dreck behandelt hat.

Dieser Feind hat kein Recht dazu überhaupt über ein solch abartiges Gedankenkonstrukt nachzusinnen und dies dann auch noch öffentlich zur Diskussion zu stellen.

Mehr Demütigung den geschlagenen Gegnern ist ja nicht denkbar:
Wir, die wir den Beweis von der Geschichte erhielten, dass wie die bessere Welt vertreten, erweisen dir nach einer Läuterungsperiode von 35 Jahren die Gnade, für uns sterben zu dürfen. Dabei setzen wir voraus, dass du diese Läuterungsperiode, dieses irdische Fegefeuer an Ausgrenzung und öffentlicher Missachtung, an Rentenkürzung und Ehrabschneidung in unserem Sinne überwunden hast. Wir nehmen dich nicht etwa in unsere Reihen, weil wir begriffen haben, dass wir uns damals dir gegenüber schäbig bist zum Abwinken verhalten haben, sondern, weil jetzt uns selbst das Wasser bis zum Halse steht und wir realisiert haben, dass die NVA ein durchaus schlagkräftiger und fähiger Angstgegner war.

Wir sind nicht in der Position an die Genossen Unteroffiziere und Offiziere der NVA irgendetwas zu appellieren. Wir gestatten uns nur daran zu erinnern, dass es auch und gerade in der NVA eine Soldatenehre gab.

Wir weisen nachdrücklich darauf hin, dass sich jeder NVA-Soldat, der sich diese Ehre bis zum heutigen Tage bewahrt hat, selbst zu einem Söldner, einem Landsknecht degradiert und – wenn denn von ihm wieder verlangt wird, in die Weiten des Ostens einzufallen, er die Stiefel derer trägt, die er einst mit seinem Fahneneid zu bekämpfen geschworen hat.

Deutsche Soldatenstiefel auf russischem Boden! NVA-Soldaten! Samt und sonders entstammt ihr der DDR, die Euch lehrte, was die deutschen Faschisten in der Sowjetunion suchten. Es ging um den Lebensraum im Osten. Es ging um die unermesslichen Rohstoffreichtümer der russischen Erde. Ihr könnt nicht so geschichtsvergessen, reaktionär, kriegslüstern und revanchistisch geworden sein, wie es im Westen des Vaterlandes zweifelsohne wieder zu beobachten ist und eigentlich immer zu beobachten war. Dazu reichen 35 Jahre nicht aus!

Wenn sie vor euren Türen stehen, dann jagt sie vom Hof! Dreht den Spieß um, mit dem sie euch damals in den Dreck traten! Lasst euch nicht von ein paar lumpigen Euros korrumpieren und prostituieren, die ohnehin jeden Tag mehr an Wert verlieren!

Gebt der NVA ihre Würde zurück. Jetzt könnt ihr mit eurer Haltung kämpfen, ohne dass ihr eine Waffe in die Hand nehmt.

Die DDR war nicht das, was sie vorgab zu sein und hat euch durch ihre verkommene Bonzendiktatur einer verkehrten und damit verlorenen Sache dienen und am Ende als Verlierer dastehen lassen.

Jetzt habt ihr die Möglichkeit, die NVA zu einem wahren, zu ihrem ersten und letzten Sieg zu führen: Den Sieg von Anstand, Moral, Pflichtbewusstsein, Loyalität, Geschichtsbewusstsein und Integrität über einen Abgrund von schändlicher Verdorbenheit. Nutzt diesen Moment. Ihr bekommt ihn nie zurück!

32. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003
02.10.2025