|
Einen Orden für die Chur- und Hauptstadt Hurra und Helau! Bald ist Karneval ... Don M. Barbagrigia Wäre das möglich? Gibt es in der Havelmetropole eine Provinzposse zu Lasten der einfachen Bevölkerung, die geradezu ein Lehrstück sublim-boshafter Lokalpolitik wäre? Das muss wohl Spekulation bleiben – denn belastbare Fakten sind kaum zu erheben. Aber sehen wir uns die Situation an! Die Chur- und Hauptstadt der Mark, Brandenburg an der Havel, ist infrastrukturell gesehen eine einzige Katastrophe. Das hat eine natürliche und eine menschliche Ursache tief in der Geschichte. Da wäre zum einen die Eiszeit. Der Moment, als die gewaltigen Gletschermaßen abschmolzen, war die Geburtsstunde des märkischen Stroms – der Havel. Sie wand sich durch ihr Urstromtal, schuf Buchten und Sumpflandschaften, feuchte Wiesen und viel unzugängliches Gelände. Als die Slawen das beinahe siedlungsleere Gebiet nach der römischen Kaiserzeit peu à peu besiedelten, erkannten sie sofort die unschlagbaren strategischen Vorteile, die ihnen die Landschaft bot, welche Mütterchen Havel rund um die heutige Dom- und Hansestadt Brandenburg geschaffen hatte. Nicht nur Handelswege kreuzten sich hierorts leicht kontrollierbar – viel genialer noch war die Möglichkeit, die Hauptburg des wendischen Gaus Stodor wirkungsvoll abzuriegeln, indem man nur drei Zuwegungen sperrte. Drei Straßen dichtgemacht – und niemand kam mehr rein oder raus. Just deshalb musste auch der sächsische Herr König Heinrich I. seinen Heerbann im strengen Winter des Jahres 928 über das Eis der Havel gegen die Brandenburg führen. Anders denn hätte er keine Chance gehabt, sich dieser Festung auch nur unbeschadet zu nähern. Als sich dann die Slawen endgültig der Übermacht der sächsischen Waffen ergeben mussten, strömten deutsche Lokatoren und Siedlungsingenieure ins Land. Und sie führten das städtebauliche und Siedlungskonzept ihrer wendischen Vorgänger nicht minder genial fort. Es bleibt dabei: Drei Straßen dicht – und nix geht mehr. Und genau dieses perfekte Konzept trägt noch heute. Blöd nur, dass sich mittlerweile die Gründe für diese exzellente topographisch-strategische Siedlungsplanung erledigt haben. Auch die Stadtmauer erfüllt schließlich nur noch dekorative Zwecke. Auf all dies gingen wir bereits im Aufsatz „Brandenburg – deine BUGA“ vom 29. Oktober 2016 dezidiert ein, wie denn im 23. Volumen billig zu erlesen ist. Die Stadt wuchs organisch weiter. Besonders im neunzehnten Jahrhundert. Noch versuchte man, revolutionäre Verkehrsführungen zu ersinnen und Möglichkeiten der Mobilität bis in die Zukunft hinein zu denken. Der letzte, der noch saft- und kraftvoll zugunsten eines tragfähigen Verkehrswegenetzes agierte, war Oberbürgermeister Dr. Erich Kreutz. Dann aber kamen Krieg und bettelarmer Nachkriegssozialismus. Aus war's! Brandenburg/Havel, mittlerweile auch despektierlich „Schrankenburg“ genannt, kämpfte lange gegen den Staat im Staate, die Deutsche Reichsbahn, die sich beharrlich weigerte, Grund und Boden für die Anlage einer Überführung über ihre Gleisanlagen im Trassenverlauf der Fernverkehrsstraße 1 nach Potsdam und Belzig hin zur Verfügung zu stellen. Irgendwann um das Jahr 1976 herum gelang auch das. Mit dem weiteren Ausbau der Umgehungsstraße, die das Stadtzentrum vom Verkehr entlasten sollte, wurde zwar die Bahnhofsplatte zerschnitten – der Murks, der daraus erwuchs, ärgert Kraftfahrer und Fußgänger noch heute täglich – aber nun ja … Wenigstens rollte es jetzt wieder einigermaßen. Doch nach wie vor galt die städtebauliche Maxime: Wir bauen nicht für heute und schon gleich gar nicht für morgen oder übermorgen, sondern eher für gestern und am häufigsten für vorgestern. Was will man auch anfangen, wenn man einen urbanen Schuldenberg vom 200 Millionen Euro angehäuft hat und ständig am Rande der Zwangsverwaltung entlang taumelt? Diese fatale Lage erforderte eigentlich eine konsequente personelle Umsetzung eines der Stadtmotti: In Trinitate robur! Die Basis dafür war einst durchaus gegeben. Die einst Heilige Dreieinigkeit der Chur- und Hauptstadt bestand in dem CDU-Triumvirat, bestehend aus der Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann, dem Bürgermeister Steffen Scheller und dem Ersten Beigeordneten Michael Brandt. Diese hingen einst zum Wohle der durch dreizehn sozialdemokratische Nachwendejahre schwer gebeutelten Stadt zusammen wie Pech und Schwefel. Tamen sic transiet gloria mundi: Eines schönen Tages zerbrach der Bund. Auslöser soll gewesen sein, dass Brandts Gattin – eine Juristin im Dienste der Stadt – von selbiger auf einen verstaubten Posten abgeschoben worden sein soll, weil angeblich niemand so recht etwas mit ihr anzufangen wusste. Der Ehemann, ein übrigens ganz ausgeschlafener und kluger Kopf, fühlte sich ritterlich auf den Plan gerufen und handelte im Sinne seines Eheversprechens durchaus ehrenwert: Er stellte sich schützend vor seine Frau. Als das nichts helfen wollte, ließ er die Kavallerie antreten und avancierte mit eingelegter Lanze gegen seine Dienstherrin. Er hätte sie weiß Gott in den vielen Jahren der gemeinsamen Arbeit besser studieren sollen! Sie beantwortete seine Attacken mit dem Aufmarsch einer Panzerdivision, überrollte ihren Ersten Beigeordneten und entmachtete ihn schließlich. Der einstmalige Herr über sämtliches Baugeschehen gebot nur noch über die Referate Ordnung und Sicherheit (FB V) sowie Feuerwehr- und Rettungswesen. Aus die Maus! Doch jetzt kommt's! Hinter den Kulissen wollen die Gerüchte nicht verstummen, dass der Baubeigeordnete Brandt, seinen Untergang antizipierend, noch fix eine Zeitbombe bastelte und hernach vergrub, über welche er die Front seiner Oberbürgermeisterin hinweg rollen ließ, wohl wissend, dass die Detonation dieser Bombe seiner mittlerweile verfeindeten Chefin einen schweren Schaden zufügen könnte – weitaus mehr als die damals erhobenen, völlig blödsinnigen Vorwürfe, die Dame hätte aus rassistischen Gründen die Ernennung eines Feuerwehrhauptmanns aus einem der Ortsteile hintertrieben. Eines muss der Ortsfremde wissen: Was früher die Anlage des Stadtgebietes und die Stadtmauer leisteten, das erledigt nun das Ampelunwesen der Domstadt! Glauben Sie nicht, es gäbe in Brandenburg an der Havel keine Grüne Welle! Die gibt es schon. Voraussetzung allerdings ist, dass man in der Stadt entweder mit 20 km/h oder 120 km/h unterwegs ist. Aber lassen wir das! Wer jetzt vermutet, dass der Umstand, dass die Ampelanlage vom Nachbarland Sachsen-Anhalt her gesteuert wird, und der Zufall, dass Michael Brandt Beamter der sachsen-anhaltinischen Judikative ist, auf irgendeine Art und Weise zusammenhängen – der ist, getreu nach dem Motto des Most Noble Order of the Garter, ein Schuft! Was aber ins Auge fällt, ist, dass Straßenbauarbeiten in einer bisher unbekannten Intensität und Ausbreitung an den wirklich sensibelsten und neuralgischsten Punkten der Stadt initiiert wurden, die sich auch noch dazu über einen unverträglich langen Zeitraum hinziehen und die Brandenburger an den Rand des Wahnsinns treiben. Ob es die Willi-Sänger-Straße zwischen dem Hochhaus und der Kreuzung Werner-Seelenbinder-Straße ist, die beinahe den Stadtteil Nord abriegelt, ob es die Brücke des 20. Jahrestages der DDR ist – die Europakurve war sicherlich sanierungsbedürftig – aber ausgerechnet jetzt, an der Stelle des Confluens' zwischen den Bundesstraßen 1 und 102 – ob es die halbseitige Sperrung des Doms ist oder die zeitgleiche Sanierung der Gördenbrücke, welche den nach Norden und ins Wohngebiet Hohenstücken führenden Verkehrsstrom einengt ... wie gesagt das alte Wenden- und Lokatorenkonzept trägt noch immer: drei Straßen gesperrt und es ist Feierabend! Also, mutmaßen die Brandenburger, die über zumindest eine Hinrwindung mehr verfügen, als ein Pantoffeltierchen, könnte es doch sein, dass der Baubeigeordnete, seine bevorstehende Entmachtung an fünf Fingern abzählend, die Straßenbauprojekte brillant vorbereitete und zeitlich abstimmte – und zwar genau für die Zeit nach seiner Entmachtung. Solche Projekte bedürfen eine gehörigen Vorlaufs – ist doch keine Frage. Und jetzt, da sie umgesetzt werden, kocht das sich stauende Volk, während Herr Brandt seine Hände getrost in Unschuld waschen kann: Sehet hin, ich bin nicht mehr euer Bau-Prügelknabe! Die Oberbürgermeisterin hat mir das Ressort weggenommen. Sie und ihr Adlatus Scheller zeichnen nunmehr verantwortlich. Um zu verstehen, wie die Statik einer solchen Perfidie beschaffen sein muss, bedrürfte es aber bereits mindestens drei Hirnwindungen mehr als besagtes Pantoffeltierchen. Da kann sich der kluge und erfahrene Jurist Brandt nun vollends darauf verlassen, dass das nur bei einer verschwindenden Bevölkerungsminderheit der Fall ist. Die meisten werden voller Wut auf die Stadtchefin zeigen, deren Wiederwahl man ja auf diese sublime Art und Weise vortrefflich und mit ungeheuer nachhaltiger Effizienz zur Disposition stellen kann. Das wäre in der Tat ein erlesenes Kabinettstückchen, würdig eines Metternich, Mazarin, Talleyrand, Hideyoshi ... Und das in der märkischen Provinz! Chapeau! Wir können diese logisch klingenden Gerüchte weder bestätigen noch dementieren. Aber wir hielten es für angebracht, dass sich die Stadt Brandenburg an der Havel in London um eine Mitgliedschaft im exklusiven Order of the Garter bemüht, damit sie, so wie Stolpen in Sachsen, den Hosenbandorden in ihr Wappen aufnehmen kann. Damit fürderin der Spruch für jedermann gut lesbar prange und das eingangs erwähnte Motto von der Dreienigkeit ablöse: Honi soit
qui mal y pense! |
25.
Volumen |
©
B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009 05.11.2016 |