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1:0 für die Verworfenheit
Ulrich Hoeneß ist wieder Präsident von Bayern München

Don Miquele Barbagrigia
Tugenden werden in der Zeit der Not geschmiedet – Dekadenz aber ist eine Tochter des Überflusses. Der Fußballspieler Ulrich Hoeneß, der den deutschen Staat seinerzeit um 28,5 Millionen Euro Steuereinnahmen betrogen hatte, ist nicht nur vorzeitig wieder auf freien Fuß gesetzt worden, das verworfene Fußballvolk wählte ihn darüber hinaus wieder zum mächtigsten Präsidenten Fußball-Deutschlands.

Das Geschehen ist an Widerwärtigkeit nicht mehr zu überbieten. Es demaskiert sich vollständig selbst. Blöd nur, dass es niemanden mehr interessiert oder aufregt und das ist der wahre Skandal!

Aber wenn du etwas verstehen willst, dann folge der Spur des Geldes! Ein Mann mit intensivsten Beziehungen in die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsbereiche und selbst Führer eines Wirtschafts-Großbetriebes – nämlich des 1. FC Bayern München – zockt an der Börse und lässt sich für seine Jobs hoch bezahlen – und bestiehlt am Ende sein Volk noch um dessen Anteil. Wie viel Geld muss man denn zusammenraffen, um eine Steuerschuld von beinahe 30 Millionen Euro aufzubauen?

Nun ja – am Ende erweist sich der Ulmer Metzgersohn, der einmal als Sportler seine Karriere begann, als schäbiger Charakter und stellt sich damit repräsentativ für den gesamten Sportbetrieb seiner Branche in Position, die längst nichts mehr mit den tradierten Werten des Sports zu tun hat.

Hoeneß war und ist ein Lanista, der Chef eines gigantischen Ludus, einer Gladiatorenschule, in welcher die engagierten Spieler – hochbezahlt, wie sie sein mögen, sich doch in nichts mehr von Sklaven modernen Zuschnitts unterscheiden. Diese jungen Männer werden von Verein zu Verein, von Arena zu Arena für aberwitzige Summen verscheuert, um johlende und stumpfsinnige Volksmassen zu unterhalten.

Deren Vertreter geben ihrerseits enorme Summen aus, um Eintrittskarten in die Stadien zu ergattern, während ihnen gleichzeitig der Bettler am Straßenrand völlig wurscht sind, sie über eine Benzinpreiserhöhung an der Tankstelle murren und die Forderung des Elektrikers, der ihnen die Steckdose reparierte, als unverschämt deklarieren.

Diese Volksmassen jubeln nicht nur, wenn ihre Gladiatoren Siege erringen und Pokale in den Himmel heben – sie jubeln auch den jeweiligen Führungsspitzen der Vereine zu, welche ihre Fußball-Wirtschaftsbetriebe so effizient führen, dass Sie in der Lage sind, auf dem internationalen Sklavenmarkt exzellentes Spielvieh einzukaufen, was die Erfolgsquote ihres Vereins hinwiederum nach oben treibt.

Was das dumme Volk davon hat? Gar nichts. Es darf jubeln, sich Schals in den Vereinsfarben um den Hals hängen, in Boulevardblättern lesen, mit welchen Gehältern, Automobilen und hübschen Gaken die Spielsklaven ausstaffiert werden, damit sie bei Laune bleiben und „auch morgen noch kraftvoll zutreten“!

… und es darf blechen! Nun wäre es ja schön, wenn dem Volke neben seiner Unterhaltung wenigstens noch ein kleiner geldwerter Vorteil in Form von Steuern auf wirtschaftliche Gewinne zurückflösse. Immerhin gilt es, Milliarden und Abermilliarden in defizitäre Bauvorhaben wie die Hamburger Oper, den Berliner Flughafen BER und den Stuttgarter Hauptbahnhof zu schaufeln. Inkompetente Politiker und Beamte müssen alimentiert werden.

Nebenher gibt es noch ein paar soziale Aufgaben, die ebenfalls aus Mitteln finanziert werden müssen, die dem Fiskus anheimzugeben sind.

Im Allgemeinen gebärdet sich just dieser Fiskus wie toll und verrückt, wenn der kleine Mann ein paar Euro Einnahmen nicht ordentlich angibt. Denn hier geht es ums Geld und da hört im Allgemeinen jeder Spaß auf. Das Volk hasst die Finanzschergen – diese hassen das Volk usw.

Also sah sich die Staatsanwaltschaft gezwungen, gegen einen „Großkopferten“ wie Hoeness auch einmal exemplarisch vorzugehen. Fünf Jahre Knast hatte sie seinerzeit gefordert. Drei Jahre und sechs Monate wurden daraus. Bedenkt man den moralischen Verfall, den dieses Negativ-Beispiel nach sich zieht, hättes es dreißig Jahre sein müssen!

Der Pöbel atmet auf – insofern er sich nicht zu den Aftervasallen des Steuerbetrügers Hoeness zählt: Endlich lässt man mal nicht die „Großen“ laufen, während man die „Kleinen“ hängt! Doch man täusche sich nicht! Hoeness selbst schreibt, für ihn habe sich am Tage seiner Verhaftung die Hölle aufgetan. Eine sehr komfortable Hölle mit Hafturlaub, Weihnachten und Neujahr bei der Familie, offenem Vollzug und vorzeitiger Entlassung. Volle dreieinhalb Jahre in einem echten Gefängnis wie Workuta oder Angola/USA ohne Namen und Privilegien hätten anders ausgesehen und das Prädikat „Hölle“ ggf. verdient.

Also stellen wir fest – es war eine juristische Schauveranstaltung, ein Feigenblatt, um das doofe Volk wieder einmal einzulullen. Hat vorzüglich geklappt.

So richtig eklatant, um nicht zu sagen – eklig, aber wird es jetzt: Während jeder andere Vorbestrafte und haftentlassene Sträfling nach dem Prinzip „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“ im Deutschen Reiche nicht mehr auf die Füße kommt, fällt Hoeneß nicht nur weich. Er landet darüber hinaus auch wieder in seinem – Präsidentensessel.

Das von ihm betrogene Volk ruft ihm ein „Hosianna!“ zu und wählt in mit einer traumhaften Volkskammer-Quote wieder in seinen vor der Verurteilung inne gehabten Posten zurück. Denn wer möchte denn am Ende auf einen Mann verzichten, der die Ökonomisierung und Kommerzialisierung des Sportgeschäfts so erfolgreich vorangetrieben hat, wie Hoeneß! Das sind doch urfeudale, archenzephale Impulse, die sich auf der Vollversammlung des Deutschen Fußballbundes DFB Bahn brechen.

Die hauchdünne Schicht Moral und Anstand, wie sie am Heiligen Abend oder bei den zahlreichen Prozessionen im Lande Bayern noch alljährlich geheuchelt wird, ist im Angesicht des blanken Mammons längst weggeblasen. Dahingeschmolzen wie Schnee in der Sonne. Die wahre Natur dieses Volkes, das längst der ihm bereits vor Jahren attestierten spätrömischen Dekadenz verfallen ist, tritt zu Tage – deutlicher als das berühmte Marsgesicht. Nur, dass letzteres eine optische Täuschung ist. Die Verdorbenheit der Deutschen hingegen ist an kristalliner Realität nicht mehr zu überbieten.

Man sagt Städten wie Rungholt und Vineta nach, sie seien nur sekundär Opfer von Sturmfluten geworden. Primär sei die Ursache in ihrer gotteslästerlichen Entartung zu suchen gewesen. Es mag natürliche Kausalitäten geben, die zwischen der Dekadenz und dem Untergang einer Gesellschaft liegen. Das wollen wir an dieser Stelle nicht weiter erörtern.

Wenn aber Deutschland in einem halben Jahrhundert nur noch als Randnotiz in den Gesichtsbüchern existieren sollte, dann gäbe dieser Umstand zu keinem Erstaunen Anlass. Der moralische Verschleiß des Landes, der sich am Umgang mit seinen Edel-Gaunern deutlich manifestiert, ist ein zweifelsfreies Symptom des Überalterungsprozesses, dem letztendlich auch die deutsche Demokratie nicht mehr zu entrinnen vermag.

„Deutschland schafft sich ab“, postulierte einst ein außer Kontrolle geratener Populist. Das tut es, in der Tat. Jedoch nicht durch den Zuzug der Ausländer, sondern durch die völlige Aufgabe von Werten, von Anstand und Moral.

Es ist so unendlich schade um die so sauteuer erkaufte Freiheit und Demokratie. Aber es ist wohl nicht zu ändern.

25. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
28.11.2016