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Sonne über Gudhjem
Ein Bornholm-Krimi aus der Feder von Michael Kobr

Kotofeij K. Bajun. Lauf an der Pegnitz. Sagen wir es gleich: Würde der Krimi nicht auf Bornholm angesiedelt sein und wäre sein Kern-Plot an sich nicht sehr gut – das Buch „Sonne über Gudhjem“ wäre ein heißer Kandidat für die Bücherbox, welche in der Telefonzelle des Nachbardorfes eingerichtet wurde.

Das Nachfolgebuch „Nebel über Rønne“, das im Landbote bereits besprochen wurde, weist eine unvergleichbar höhere Erzählqualität auf. Wir haben es also mit einem Autor zu tun, der entweder von selbst oder aufgrund massiver Kritiken, die wohl in eine ähnliche Richtung abgezielt haben müssen wie die unsrige, dazugelernt hat.

Entledigen wir uns unseres Ärgers vorneweg und heben uns die lobenden Worte für den Schluss auf! Was uns stört, ist gar nicht mal so viel. Aber es fällt ins Gewicht.

Man merkt dem Autor auf Schritt und Tritt an, dass er aus dem tiefsten Süden des Vaterlandes, also aus dem „politischen“ Westen stammt. Ein „Wessi“ eben. Überfrachtet mit all den Vorurteilen, die man gegen den Osten so haben kann.

Einer der unangenehmsten Gestalten seines Buches, auf den der Autor nach altbewährtem Krimi-Strickmuster massive Verdachtsmomente lenkt – dennoch ist das Manöver für alte Krimihasen zu durchsichtig, weil zu akzentuiert – ist ein Thüringer. Wir würden uns nicht wundern, wenn der Mann Major des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen und heute ein strammer Höcke-Wähler ist.

Im Gegenzug dazu gestaltet der Autor sein Werk zu einem durchaus brauchbaren Zeitdokument, indem er Deutschlands dunkelgrünste Nachkriegsepoche – die unter der unsäglichen Rigide von Rot-Grün – exzellent porträtiert. Wir hatten angesichts der Quoten-Ausländerei, der durchaus zustimmend gemeinten Anspielungen auf den Gender-Irrsinn und des ganzen vegetarischen Terrors mit uns zu kämpfen. Überhaupt bestand die Hälfte des Buches aus Schilderungen des angeknacksten Familien-Idylls des Ermittlers, welches man einer Wessi-Familie so ohne weiteres abkauft – welches uns Ostelbiern, die wir noch immer einem anderen Wertekanon verhaftet sind, sauer aufstößt.

Insofern traf die Zeichnung der beiden Töchter des Ermittlers auch durchaus ins Schwarze – hohlköpfige Gaken, die unreflektiert das ideologische Parolenkonvolut der grünen Jakobiner herunterleiern und glauben, damit zur progressiven Avantgarde zu gehören, welche die Welt zum tausendsten Male in der Geschichte der Menschheit zu retten angetreten ist, sie aber dennoch wieder in die altbekannte Hölle der Unterdrückung Andersdenkender verwandelt.

Der Großvater ist keine Respektsperson mehr. Er muss sich von diesen beiden Tröten sein Bier und sein Schinkenstreifen erbetteln – weißer, alter Mann eben. Lassen wir ihm das Vergnügen! Der guckt sich die Radieschen sowieso bald von unten an. Dann hat sich das Problem biologisch erledigt und die Welt gehört uns – eine Welt ohne Bier und Schinken, sondern nur noch mit Yoga, Holunderblütentee und Artischockenmüsli. Selbst die Mafiapaten werden dann vegan und schießen nur noch mit Wattebällchen.

Das Kokain, das die dann schmuggeln und verticken, besteht natürlich aus einhundertprozentigem Traubenzucker. Wir reden alle den selben, gleichmacherischen, politisch korrekten Dummsprech. Wenn trotzdem wieder ein Negerjunge in den USA von geistig retardierten weißen Cops erschossen wird, weil er es wagte, nach der Vorlesung am College im Park zu joggen, na dann singen wir halt alle trallalla und ignorieren diese unschöne Entgleisung. Schöne Grüne Neue Welt … Herr, schick uns den Meteoriten oder den Sensenmann – aber erspare uns dieses Fegefeuer der menschlichen Dummheit!

Hätte Herr Kobr auf diesen ganzen Schmonzes verzichtet, sein Erstling unter den Bornholm-Krimis wäre aller Beachtung und jeden Lobes wert gewesen. Diese süßlich-klebrige Romantik von den sich so allseits sympathischen Guten versaut wirklich alles. Wie man diese Klippen umschifft, das kann man bei Pernille Boelskov lernen. Das ist die Frau, die ebenfalls Bornholm-Krimis schreibt – einen besser als den anderen!

Was ist gut an Herrn Kobrs „Sonne über Gudhjem“? Der Autor gibt eine lebensnahe Beschreibung der Insel und ihrer Bewohner zu Protokoll. Er vermittelt unaufdringlich sehr interessantes Hintergrundwissen und er zeichnet die Profile der Täter und der Verdächtigen mit großem handwerklichen Geschick. Gerade die Psychologie der ehemaligen Soldatentruppe wurde hervorragend tomografiert. Das Telefonat zwischen dem sowjetischen Luftwaffenchef und dem diensthabenden Oberst ist ein feiner Kunstgriff, dem wir unser „Chapeau“ nicht versagen können.

Was dem Herrn Kobr ebenso gut wie Frau Boelskov gelingt, ist dem oder der in die Sonneninsel Verliebten klar und deutlich vor Augen zu führen, dass das Bornholm der Einheimischen ein anderes Bornholm ist, als das der Touristen. Antoine de Saint-Exupéry sagte einmal, um klar zu sehen, bräuchte es häufig nur eines Wechsels der Blickrichtung.

Diesen Perspektivwechsel ermöglicht uns Herr Kobr in hervorragendem Maße, auch wenn diese „Entzauberung“ der Insel einer für uns schmerzhaften Desillusionierung gleichkommt.

Alles in allem entkommt „Sonne über Gudhjem“ knapp der Bücherzelle, was aber auch dem Umstand geschuldet ist – das wollen wir nicht verhehlen – dass der „Nebel über Rønne“ sonst ziemlich einsam wäre. Das will ja schließlich niemand. Schauen wir mal, was der Dritte Band „Schatten über Sømarken“ zu bieten hat und dann sehen wir weiter.

 
B
14. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012

15.03.2025