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Bornholms Museum und die Pioniere der Zivilisation
Kotofeij K. Bajun! Rønne. Gudhjem. In der kleinen Inselhauptstadt Rønne findet man etwas abseits vom Markt, in der Skt. Mortensgade, Ecke Lille Madsegade, das beschauliche kleine Bornholms Museum. Eins vorneweg – das konkurriert nicht mit dem British Museum – zumindest nicht, was die Größe des Hauses, die Anzahl der Exponate und die Art der Exposition betrifft. In einer Kategorie aber ist das Haus in der Great Russel Street dem Rønner Museum weit unterlegen: Der Charme des Bornholms Museum überragt den seiner großen Geschwister in der Welt sternenweit. Was den Landboten gleich
im ersten Saal zum Nachdenken anregte – und das soll ja ein gutes Museum
immer leisten – war eine Pionierleistung der Menschheit, die uns allergrößten
Respekt abnötigt. Und jetzt fragen wir Sie, was für seetüchtige Gefährte werden unsere Vorfahren gehabt haben, als sie zeitgleich an Land Steine mit anderen Steinen gebrauchsfertig zurechtschlugen? Einbäume? Zu mehr wird’s wohl nicht gelangt haben. Jetzt stellen Sie sich mal an den Strand der pommerschen Küste oder selbst auf die Kreideklippen von Rügen und Møn und schauen Sie auf die weite See hinaus! Sehen Sie Land? Nein? Wir auch nicht! Selbst aus einhundert Metern Höhe verschiebt sich der Horizont nur auf eine Entfrenung von 36 km. Das langt bei weitem nicht bis Bornholm. Da fällt uns nur die Küste von Schonen ein, von der man bei gutem Wetter und entsprechender Höhe über dem Meeresspiegel Bornholm erblicken kann. Mag es auch den Eindruck erwecken, es sei das Paradies, wenn man einen wütenden Auerochsen, Wildschwein oder einen Krieger des Nachbarclans hinter sich herrennen sieht, aber deshalb mit einem Einbaum auf dieses Meer hinauszufliehen, da müsste die Verzweiflung schon sehr groß sein. Wir hatten am 13. Februar 2025 an der Bornholmer Ostküste das Erlebnis, zwei Meter hohe Wellen, aufgeworfen von einer steifen Brise aus Ost mit Beaufort 6, gegen die Granitfelsen der Küste donnern zu sehen. In der Suppe möchtest du keine zwei Meter von der Küste entfernt schwimmen müssen. Die Wassertemperatur um den Gefrierpunkt dürfte noch das geringste Übel sein. Von diesen flüssigen Vorschlaghämmern gegen die Felsen gedroschen zu werden, würde aus dem geübtesten Schwimmer in Nullkommanichts eine amöboide Masse machen, die mit menschlichem Leben nicht mehr vereinbar wäre. Selbst die kürzeste Entfernung Schonen – Hammeren, 35 km, würde mit einem Einbaum viele, viele Stunden dauern. Stunden voller Lebensgefahrt, Stunden, welche die Überlebenschancen des Vorwitzigen mit jedem Meter Abstand ins Mikroskopische schrumpfen ließen. Wer also waren diese mutigen Frauen und Männer? Wer waren die wenigen, die es schafften? Denn lassen Sie uns getrost davon ausgehen, dass die überwiegende Mehrheit derjenigen, die sich hianus auf die Ostsee wagten, den Seemannstod auf Hoher See starben. Gerade so, wie bei der Flotte von Wikingerschiffen, die Erik Raude von Island gen Grönland durch den rauen Nordatlantik führte. Wikingerschiffe aber, diese Seedrachen, zählten zu den hochseetüchtigsten Schiffen, welche die Weltmeere je befuhren. Wo also nahmen sie ihren ungeheuren Wagemut her? Und was fanden Sie vor, diese wenigen Glücklichen, wenn sie es schafften, mit heilen Knochen den Strand Bornholms zu erreichen? Die mussten von ganz vorne anfangen. Der Dagli Brugsen, Netto, ein Baumarkt oder auch nur eine Tankstelle existierten noch nicht mal in den allerkühnsten Träumen. Alles, was diese Pioniere besaßen, waren ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Hände. Wie überstanden sie den ersten, knallharten Winter? Was aßen sie? Sie hinterließen uns nur das von der Zeit verschonte Material aus Stein, welches sie so kunstvoll bearbeiteten. Sie haben damit gearbeitet, also werden sie Tiere erlegt haben, die sie dann mit den Feuersteinen zerteilten, deren Fell sie mit diesen scharfen Klingen abzogen, um sich wärmende Kleidung daraus zu verfertigen. So lehrt uns dieses kleine, allerliebste Museum in der Skt. Mortensgade zu Rønne auf Gottes schönster Insel viel über menschlichen Pioniergeist und Wagemut und Aufopferungswillen und hoher Intelligenz. Es sind dies die Eigenschaften derer, die durch ihr Überleben sicherstellten, dass wir überhaupt existieren! Voller Ehrfurcht stehen wir vor den Vitrinen, die selbst nach antiquierten Vorgaben bestückt wurden und gerade dadurch ihren Lehrauftrag – wie man aus diesem Beitrag erlesen kann – weitaus perfekter erfüllen, als jegliche moderne, multimediale Schnickschnack-Show! Denn sie berieseln nicht – berieseltes Wissen erfordert zur Rezeption keinerlei Anstrengung. Das bleibt nicht. Oder erinnern Sie sich an die Lösungswege ihrer Mathematikklausur aus der achten Klasse? Die Bornholmer regen zu eigenem Nachdenken an. Das ist der Unterschied. Was man aber durch eigenes Nachdenken an Erkenntnissen gewann, das bleibt in der Regel haften. Also – „Tak!“, liebe Museumsleute von Rønne! Museum Bornholms PS: Nach Redaktionsschluss wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass die ersten Jäger und Sammler eventuell auch mit den sich gen Norden zurückziehenden Eispanzern auf die Insel gekommen sein und dann mit dem weiteren Abschmelzen des Eises auf lange Zeiträume isoliert gewesen seien könnten. Wir können das nicht bejahen oder verneinen - soweit reichen unsere Kenntnisse nicht. Die Leistung unserer Vorfahren mindert das jedoch in unseren Augen keineswegs - denn wir würden keine drei Nächte im Eis überlben. |
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012
15.02.2025