Anna Nicole Smith
S. M. Druckepennig
Am 8. Februar 2007 starb
Anna Nicole Smith in Florida und ein kurzer, aber gewaltiger
Aufschrei ging durch die maskulin - betonte Welt. Marilyn Monroe
II. verließ die Bühne alles Irdischen und das Penthouse.
Nun sei es uns ferne, über das Lebensende eines Menschen
sarkastische Bemerkungen zu machen. Doch hier geht es doch nicht
um die kleine Cinderella aus Texas. Hier geht es um den Abschied
von einem Traum, den so viele kleine Mädchen träumen.
Es ist der Traum, ohne Anstrengung und nur begabt mit den richtigen
Maßen, ein sorgenfreies Leben zu ergattern. Junge, mutmaßlich
hirnfreie Dirne heiratet steinreichen alten Knacker, der wunschgemäß
pünktlich stirbt und sie zur lustigen Witwe macht. Erben
– das ist das Zauberwort! Paris Hilton – ist doch
das Vorzeige-Sweety dieser Branche. Ach, wie uns das anwidert.
Zugegeben – es ist die natürlichste Sache von der
Welt – die ganze Fauna funktioniert nicht anders.
Wenn es aber etwas Göttliches im Menschen gibt, was ihn
über die Fauna zu erheben in der Lage wäre, dann ist
es das Zeug dazu, bewußt und schöpferisch tätig
zu werden. Der göttliche Auftrag lautet, das Brot im Schweiße
des Angesichts zu brechen.
Noch mal zum Mitmeißeln: Diese Gabe ist kein Geschenk,
um damit herumzuaasen oder die dazu nötige Intelligenz
nur darauf zu verwenden, wie man die Nachbarkreatur am besten
auszubeuten habe. Die Befähigung zum Geist und zum Denken
ist ein AUFTRAG, eine VERPFLICHTUNG!!!
Was Anna Nicole Smith der Welt bot, was Parasitentum und Erbschleicherei.
Das verachten wir. Was uns erschüttert, ist der millionenfache
Tod in der Sahel-Zone, wo die Negerkinder zu schwach sind, sich
die Fliegen aus den Augen zu wischen. Was uns erschüttert,
sind die faschistoiden Zustände in so vielen Ländern
dieser Erde, mit den grauenhaften Auswirkungen auf die einzelnen
Opfer, Mensch wie Tier wie Pflanze.
Ob ein Busenwunder nun damit klar kommt, daß es Diskrepanzen
zwischen den Märchen und der Realität gibt, ob ihr
das mangels Hirn nicht vorher hätte in den Sinn kommen
können – das interessiert uns weniger.
Es heißt allenthalben, Anna Nicole Smith hätte Männerherzen
zum Kochen gebracht. Ja, zugegeben, auch wir waren von den Plakaten
angetan, auf denen sie uns anfangs der Neunziger Jahre des letzten
Jahrhunderts präsentiert wurde. Es stimmt schon –
sie war eine schöne Frau. Aber eine Frau, die nur schön
ist, die bringt keinen Mann um den Verstand. Bei denen, die
verzückt in geifernde Ekstase geraten, handelt es sich
nämlich nicht um Männer, sondern höchstens um
maskuline Nackte Affen, deren Naturell ähnlich primitiv
gestrickt ist, wie das der „Nur-Schönen“.
Ein Mann ist etwas anderes! Ein richtiger Mann kann sich bezüglich
der inter- und heterosexuellen Belange nur für eine richtige
Frau erwärmen. Und eine richtige Frau ist eine, die Herz
und Herzensgüte, Verstand und Liebenswürdigkeit, Kraft
und Selbstbewußtsein und vor allem – Charakter in
sich vereint. Schönheit ist da ein höchst nachgeordnetes
Gut. Ich möchte bald sagen, verzichtbar!
Anna Nicole Smith ist tot, so wie auch ihr Sohn, der ebenfalls
vor lauter Reichtum mit seinem Leben nichts anzufangen wußte.
Daß die Welt ein solches Geschrei um den sicherlich bedauernswerten
Tod dieses Geschöpfes erhebt, dessen Tragik in so gar keinem
Verhältnis zu den alltäglichen, beinahe schon als
banal empfundenen Tragödien auf der Welt stehen will, beweist
nur, wie unreflektiert und blöde die meisten Mitmenschen
mit dem eigenen Leben verfahren. Friedrich der Große sagte
einst: „Indes der Menschheit jämmerlich Geschlecht
der Sinneslust ergeben und ihr Knecht am trägen Faden seines
Daseins webt, stirbt es dahin und hat doch nie gelebt!“
Hat sie gelebt? Hat Anna Nicole Smith gelebt? Leben all die
anderen, die jetzt um ihr unzeitiges Dahinscheiden ein so rührseliges
und schmalztriefendes Melodram zu komponieren suchen? Wir ziehen
das in Zweifel und wollen uns wieder dem Tagesgeschäft
zuwenden; den wirklich wichtigen Dingen im Leben – einer
schnurrenden Katze zum Beispiel oder einer Kirschblüte
vor dem blauen Himmel, den wir Gott sei Dank noch zu sehen vermögen.
Amen!