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Wir waren Helden – oder
„Bring the boys back home“

Don M. Barbagrigia
14 britische Marinesoldaten und eine Marinesoldatin ließen sich vor zwei Wochen im Schatt al-Arab von staatlichen persischen Piraten widerstandslos gefangennehmen und von den modernen Jubelpersern vorführen wie ein paar uniformierte Affen. Britannia rules the waves. Wirklich? Sind das die Teufelskerle, die seinerzeit todesmutig und wie die Bulldoggen an die „Bismarck“ gingen und den Stolz der deutschen Marine auf den Grund der Biskaya schickten? Sind die das? Repräsentieren diese Milchbubis und die kopftuchgeschmückte Braut die Weltmacht Großbritannien?
Stellen Sie sich doch mal vor, Sie wären Verkehrspolizist und jemand würde Ihnen beim Regeln des Straßenverkehrs auf der Hauptgeschäftsstraße Ihrer Stadt einen Gummiknüppel unter die Nase halten, Sie gleichsam zwingen mit ihm mitzugehen, Sie vierzehn Tage in ein finsteres Kellerloch sperren, Sie nach vierzehn Tagen herausholen und sich von Ihnen in tiefempfundener Dankbarkeit die Hand schütteln lassen, weil er sich nunmehr entschlossen hat Sie zu begnadigen. Und Sie schütteln dem Entführer die Hand - vor aller Welt. Derweil bereitet man Ihnen zu Hause einen festlichen Empfang als wäre Sie wie ein Achilles aus siegreichem Kampfe heimgekehrt. Sektkorken knallen zu Ihrer Begrüßung! Dem Entführer ruft man schnell noch ein paar Komplimente nach, welch großer Familie er doch angehört und was für ein netter Kerl er ist. Man kann ja über alles reden, alles friedlich regeln. Können Sie sich nicht vorstellen? Zu absurd? Ja, zum Teufel, was glauben Sie was am Schatt al-Arab passiert ist. Die uniformierten Knäblein und die gewappnete Maid hatten einen UN-Auftrag in diesen Gewässern.
Großer Gott, war das alles erbärmlich. Der einzige, dem wohl recht herzhaft nach Lachen zumute sein muß, ist wohl der derzeit amtierende oberste Jubelperser Mahmud Ahmadi-Nežad. Dieser Wüstensohn hat mit seinem Handstreich eine Menge Dreck von der den Iran mehr als demütigenden und vor allem von Briten dominierten Kolonialgeschichte abgewaschen. Der ganzen Welt hat er gezeigt, was der moderne britische Soldat im Vergleich zu seinen Vätern und Großvätern noch taugt. Er hat offengelegt, daß die Briten noch mit ihrer technischen Überlegenheit, ihren Atombomben und ihrer Legende aufzutrumpfen vermögen – nicht aber mehr mit Courage und Mannesmut. King Arthur – wo bist Du? Admiral Nelson, Kapitän Aubrey, König Harold, die tapferen Männer Heinrichs V. Plantagenets vor Agincourt – wo sind sie? Wo sind die Teufelskerle, die überlegene französische Ritterheere vor Poitiers und Crecy zusammengehauen haben, daß kein Auge trocken blieb? Wo sind die Kerls, deren Stolz es verboten hätte, ihrem Kidnapper die Hand zu geben? Wo sind die Helden, die – wenn man sie schon zum Gespött filmt – finster und standhaft in die Objektive geblickt hätten, einzig verkündend, was Jägerstätter mutig erklärte: Die Hände mögen gefesselt sein, niemals aber der Wille, niemals die tapfere Nation der Briten?
Shakespeare ließ den französischen Herold Montjoy warnend sagen: “Die Insel der Briten gebiert tapfere Kreaturen!“ Heute würde er wohl das Attribut aus seinem Satze einfach weglassen.
Ein Italiener meinte kürzlich im Hinblick auf das Volk der Deutschen, das seien früher Löwen gewesen. Heute wären sie nur noch blökende Lämmer. Willkommen im Club, liebe Briten!
Das Erbärmlichste aber ist zweifelsohne, daß man die zarte Jugend mit Sonderflügen und auf Kosten der Steuerzahler in Flugzeugen heimholt, anstatt sie wegen bezeigter Feigheit vor dem Feind im finstersten Winkel des Commonwealth schanzen zu lassen und ihnen sofort mit einem Hochverratsprozesse zu drohen, sollten sie je wieder auf die abwegige Idee kommen den Boden der britischen Insel zu verschmutzen, der sie eidlich und feierlich bedingungslose Treue zugeschworen hatten.
Die Araber werden das Signal gut verstanden haben. Sind doch von jeher kluge Köpfe aus ihnen hervorgegangen. Sie werden verstanden haben, daß Sie es nunmehr nicht mehr mit Richard Löwenherz sondern eher mit Benny Hasenfuß und Konsorten zu tun haben. Das Abendland liegt, aller Stacheln ledig, gar und weich gekocht bereit zum Verzehr. Fix noch eine Moschee in London errichtet, daß man die friedliche Übernahme gebührend feiern und Allah rechtschaffen danken kann, wenn man mit den zahnlosen Occidentalen für die verbrecherischen Kreuzzüge von vor achthundert Jahren endlich abgerechnet hat.
Den tapferen Heimkehrern aber sollte Ihre britische Majestät von Sachsen-Coburg-Gotha, pardon: Windsor natürlich, das Purple Heart verleihen, weil sie über ihre gesamte Dienstzeit immer pünktlich ihren Sold und ihre Menage gefaßt haben und nicht zu allem Überfluß auch noch vor der Kamera zu heulen und nach Mutti zu kreischen begonnen haben. Robert Falcon Scott ist tot! In seinem Tagebuch findet sich der berühmte Satz: „Had we lived I should have had a tale to tell of the hardihood, endurance and courage of my companions which would have stirred the heart of every Briton.” („Wären wir am Leben geblieben, ich hätte eine Geschichte erzählen müssen von Kühnheit, Ausdauer und vom Mut meiner Gefährten, die das Herz jedes Briten gerührt hätte.“) Mit ihm starben Edward Wilson, Edgar Evans, Lawrence Oates sowie der Leutnant Henry Bowers. Das waren Helden. Vor denen wollen wir die Mützen abnehmen, die Köpfe senken, die Knie beugen. Und wir wollen Gott danken, daß diese großen Männer, diese wahren Söhnen Britanniens diese tiefe Schmach und Erniedrigung, Britannien zugefügt nicht von den Persern sondern von den eigenen Urenkeln, nicht mehr erleben mußten. Scott schrieb seinen letzten Satz mit ersterbender Hand: „For God’s sake look after our people. R. Scott.“ („Um Gottes Willen, kümmert euch um unsere Leute!“)
Ja, kümmert Euch! Gebt ihnen die Mutterbrust, das Fläschchen und ein Ball zum Toben. Und – nicht zu vergessen: noch eine kräftige Zulage zum Sold. Armer Scott, armer Oates! Ich befürchte, euer Beispiel war umsonst! Was ihr an Mannhaftigkeit den eisigen Orkanen der Antarktis abtrotzet, verwehte in der Hitze des Schatt al-Arab. Inshallah!

PS vom 10. April 2007:
Geschrieben wurde dieser Beitrag am 05. April 2007. Kurze Zeit darauf wurde einer zu Recht empörten Öffentlichkeit bekannt, daß einiger der "Helden", kaum heimgekehrt, eifrig begannen, ihre Luxus-Gefangennahme zu versilbern. Da sollen sechsstellige Summen geflossen sein, als die tapferen Heimkehrer der heimischen Presse von ihrer erlebten Unbill berichteten. Bedarf diese Ergänzung im Zusammenhang mit dem obigen Aufsatz noch eines Kommentars?

9. Volumen
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