Ambitionen
Will Smith, Edmund Stoiber und
Peter Hartz
Don Miquele Barbagrigia
Will Smith hielt sich
jüngst in Potsdam auf. Begleitet von seinem Sohn und Jung-Kollegen
Jaden Smith nahm er an der deutschen Erstaufführung seines
Streifens „Das Streben nach Glück“ teil.
Dieses Ereignis nahm Deutschlandradio Kultur zum Anlaß,
Herrn Smith zu porträtieren. Er ist doch ein sympathischer
Mann, dieser schwarze Sohn Philadelphias. Keine Skandale, keine
Prügeleien, keine Rüpeleien, keine Sexaffären
– doll! Bescheidenes, ruhiges und überlegtes Auftreten
– ja, das imponiert. Im Verlauf des Beitrages kam heraus,
das Will Smith mit dem Gedanken kokettiere, in vielleicht 20
Jahren das Präsidialamt der Vereinigten Staaten von Amerika
anzustreben. Nun ist es ja im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
nicht eben selten, daß Schauspieler in hohe Regierungsämter
aufrücken. Ronald Reagan, Arnold Schwarzenegger...
Smith aber wäre für Amerika ein unschätzbarer
Gewinn, es sei denn, es gelänge dem schmutzigen Geschäft
der Politik, diesen blitzsauberen Charakter zu deformieren.
Er wäre ein Gewinn, nicht etwa, weil er möglicherweise
der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten wäre
– nein, es ist vielmehr seine so ganz andere Art, die
den aggressiven Weltpolizisten zumindest für die Ära
Smith auf ein anderes, angenehmeres Geleise schieben könnte,
vorrausgesetzt, es gelänge Herrn Smith, dem Amte des Präsidenten
wieder etwas mehr Gewicht zu verleihen.
Die Washingtoner Puppenkiste, dessen etwas bedenklicher König
George Bush II. gerade lustig an den Fäden des Monopolkapitals
herumhampelt, während seine Soldaten im Zweistromland verbluten,
müßte eine grundlegende Reform der realen Machtverteilung
erfahren. Gerade das halten wir für die eigentliche Illusion.
Das Gerangel um die Macht hat immer einen unerquicklichen Beigeschmack,
mit dem sich der ambitionierte Will Smith erst noch wird auseinandersetzen
müssen.
Man besehe sich doch das unwürdige Schauspiel, das derzeit
im bayerischen Wildbad Kreuth gegeben wird. Der Bayernherzog
Edmund Stoiber soll von seinen Getreuen gemeuchelt werden. Der
Aufruhr degeneriert zum pandeutschen Medienereignis und führt
dem Bürger wie kaum etwas anderes die Fadenscheinigkeit
der westdeutschen Demokratie vor Augen und die Demokratie selbst
ad absurdum. Was hat das noch mit dem Einfluß des Volkes
zu tun, der doch im Grundgesetz verfassungsmäßig
garantiert wird? Alle Gewalt geht vom Volke aus... Ha ha ha....
Welchen Einfluß nimmt denn das Volk auf die Ämterverteilung
innerhalb dieses unwürdigen, aber nichtsdestotrotz mächtigen
Kleingartenvereins CDU? Richtig! Gar keinen!
Ein alter Mann klammer sich an die Macht. Das ist das traurige
Bild, das sich uns bietet. Das sieht aus, wie in den letzten
Tagen des Erich Honecker. Pfui Teufel.
Unbestritten bleibt, daß Herr Stoiber viel für das
Land der Bayern getan hat. Unbestritten, daß kein so profilierter
Nachfolger in Sicht ist. Aber hatte man das zu Straußens
Zeiten nicht auch gesagt? Und wenn es wirklich mit Bayern ein
Stück weit abwärts gehen sollte, was soll’s!
Kein Reich auf Erden hat Anspruch auf ewigen Bestand! Es gibt
immer ein auf und ab. Wo sind die stolzen Hansestädte,
die reich und mächtig waren, als man in Bayern noch den
Kitt aus den Fenstern fraß. Sollte dem Lande der Wittelsbacher
dieses Schicksal erspart bleiben, während andere, wie vielleicht
die Sachsen, beginnen den Kopf über den Tellerrand zu schieben?
Sollte es dem alten Herrn Stoiber gelingen, den Status Quo in
Bayern zu perpetuieren, indem er seine persönliche Macht
zu zementieren versucht? Ein solches Unterfangen eines alten
Herren wäre noch aberwitziger als seinerzeit der Turmbau
zu Babel – das Stigma des Sinnlosen haftete dieser Idee
von ihrem ersten Augenblicke an. Oder meint Herzog Edmund, der
Bruder Tod mache einen Bogen um die Münchener Staatskanzlei,
weil Herr Stoiber sich selbst Unabkömmlichkeit attestiert?
So naiv wird der Mann sicher nicht sein. Es ist doch immer dasselbe
um die alternden Patriarchen: Wohl wissend, daß es nach
ihnen eine andere Epoche geben wird, trösten sie sich damit,
daß sie diesen „Verfall“ nicht mehr erleben
müssen. Daß sie selbst es sind, die aufgrund ihrer
Unflexibilität und ihres Altersstarrsinns dem Lande, der
Firma oder Familie zur Last fallen, indem sie um jeden Preis
die Erfolgsrezepte vergangener Tage in die Zukunft zu retten
versuchen, dieser Gedanke ist ihnen obsolet. Ähnlich traurig
ging es mit der Bonner Ära Kohl zu Ende. Da stak der Karren
schon tief im Dreck. Der Preis, den die deutsche Republik für
die weltfremde Rechthaberei des Alten zu zahlen hatte, ist immens.
Ein Heer von aus der Arbeitslosenstatistik ausgegrenzten „Hartz-IVern“
kann ein deprimierendes Lied darüber anstimmen
Apropos Peter Hartz. Wenn wir schon bei Reflektionen der deutschen
Gegenwartspolitik sind – dem Schmuddelpeter, dem Arbeiterverräter,
der einst mächtiger Personalchef bei VW war, wurde jetzt
in Braunschweig der Prozeß gemacht. Schmuddelpeter gestand
und bekommt nur zwei Jahre auf Bewährung und einen Peanuts-Strafbefehl
von € 300.000,- aufgebrummt. Zehn Jahre Bunker hätten
ihm für alle Verfehlungen gedroht. Die Republik krümmt
sich angesichts dieses neuerlichen Gaunerstückes der Dame
Justitia, die getreu dem Rechtsgrundsatz folgte: Die kleinen
Dieb man henken tut, vor großen lupft man ab den Hut!
Da wird schwerer Flurschaden angerichtet. Sicherlich, die Strafverfolgungsbehörden
haben es jetzt viel leichter. Rotlicht-Peter gesteht und die
Staatsanwaltschaft hat keine Arbeit mehr. Dafür kann der
Peter aus dem Gerichtssaal gleich wieder nach Hause gehen. Dufter
Deal!
Das Volk aber, daß diesen Staat und sein Gemeinwesen tragen
soll, verbittert. Und das vollkommen zurecht!
Angesichts dieser fatalen Entwicklung ist es an der Zeit, die
Frage zu stellen, welche Zukunft ein Haus hat, dessen Fundamente
aufweichen und dessen Dach porös wird. Es ist dabei völlig
wurscht, ob wir von Omas alter Kate sprechen oder dem langsam
zerbröselnden Staatsgebäude Bundesrepublik Deutschland.
Das Staatsbarometer steht seit Jahren schon kontinuierlich auf
Verfall: Verfall nämlich von politischer Anständigkeit
und moralischen Werten. Diese Degeneration hat in der Geschichte
schon allzuoft einen wirtschaftlichen Niedergang begleitet von
Unruhen und Chaos nach sich gezogen.
Wenn es Will Smith in zwanzig Jahren vergönnt sein sollte,
das Staatsruder zu übernehmen, dann sei ihm ans Herz gelegt,
vor Amtsantritt die Entwicklung Deutschlands in der ersten Dekade
unseres neuen Jahrtausends fleißig zu studieren. Ausgerüstet
mit diesen Erkenntnissen hätte er dann seine erste Machtprobe
zu bestehen. Er muß dem Establishment der U.S.A. sein
persönliches, noch immer blitzsauberes Naturell aufzwingen,
nicht umgekehrt!