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Pan Sterligow tauscht

Don M. Barbagrigia
Das war schon immer der basale Traum des Kommunismus: Geld als Zahlungsmittel hat ausgedient. Nun hat die Weltwirtschaftskrise im Vaterland des Kommunismus dieser fixen Idee neuen Auftrieb verschafft, quasi eine Wiedergeburt. Ein abgebrannter ehemaliger Multimillionär, German Sterligow, der sein Vermögen in einem erfolglosen Präsidentschaftswahlgang verpulverte, hat sich auf den Tausch besonnen. Er eröffnete ein Internettauschportal, das Leute zusammenbringt, die zwar etwas zu tauschen, aber kein Geld etwas zu kaufen haben. Geld ist Mangelware geworden – die Banken halten sich zurück. Und Iwan der Tüchtige springt genau auf diesen Zug auf. Toll! Das Vaterland aller Werktätigen, das sich nach dem Zusammenbruch des internationalen Kommunismus zur Heimat eines neuen, wahrhaft menschenverachtenden Turbo-Kapitalismus wandelte, führt das geldfreie Paradies durch das Hintertürchen wieder ein. Nun gut, einen kleinen Schönheitsfehler hat das Ganze: Es ist gewiss nicht das Paradies der Armen, Sklaven, Unterdrückten, Entrechteten – denn um bei German Sterligow mittun zu können, muss man schon etwas mehr als die eigenen Ketten zu bieten haben. Germanuschka kassiert nämlich Provision: 2% vom Wert des Tauschgeschäftes. Und die will er nicht in Naturalien haben, sondern in Dollars, Euros oder Rubel.
Und da kommen wir zu der zweiten Ungereimtheit, die der New Deal in sich birgt: Das allmächtige Finanzamt, das doch sonst an jedem Geschäft mitverdient, wo bleibt das bei diesen bargeldlosen Geschäften? Wie beziffert es einen Wert, was kassiert es für Steuern? Steuern von was? Tausche Wodkapullen gegen Streichhölzer... Das Finanzamt Moskau hält die Hände auf und nimmt 100.000 Streichhölzer ein und 1.000 Gallonen Fusel. So, mein lieber Straßenbauingenieur! Du baust also im öffentlichen Auftrag eine Brücke über die Moskwa. Schön! Hier hast Du ein Dutzend Zündis und, um Dich nach Feierabend gehörig über die miese und völlig unbrauchbare Entlohnung hinwegtrösten zu können, noch ein Fäßchen Scharfgebrannten obendrauf. Schöne neue Welt. Die Bolschewisten haben es schon immer orakelt: Der Kapitalismus fällt noch mal über seine eigene Gier auf die Fresse – und das ist dann das Siegesfanal für den Kommunismus. Na siehste! Hat also doch noch geklappt, jetzt, wo schon kein Aas mehr daran geglaubt hat. Und diesmal machen die neuen Bargeldlosen keinen Umweg mehr über ein hirnverbranntes, menschheitserlösendes und weihevolles Geschwafel. Wobei noch nicht ganz raus, ob sich der neue Lenin nicht gelegentlich der mutmaßlich zu erwartenden Erholung der Weltwirtschaft doch wieder auf den traditionellen Ware-Geld-Handel reorientiert. Nach dem Motto: Tausche Schnapsidee, die mich wieder zum reichen Manne machte, als alle anderen am Absaufen waren, gegen solide Handelsbeziehung. Prost, Sternigow! Prost, du gerissener Russe!

14. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
16.05.2009