Die Sankt Annenstraße

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Die St.Annenstraße vom Kurfürstenhaus aus, nach Südosten gesehen
Ansicht vom Kurfürstenhaus aus gesehen nach Südosten, also stadtauswärts. Links im Bild das Rathaus mit dem Roland, gegenüber den prachtvollen Gründerzeitbau als Nachfolger des Hauses des Herrn Kaufmann Julius Metz. Das entspricht dem Gelände der "Astlerscheibe". In der Bildmitte erkennen wir das Reichspostgebäude mit dem repräsentativen Turm. Dahinter der Eingang zum Deutschen Dorf.

 

Die Sankt Annenstraße war vor dem Krieg der "Ku'damm", der "Stachus", die "Kö" der Stadt Brandenburg. Vor allem stolze Bürgerbauten der Gründerzeit prägten ihr Antlitz. In den Erdgeschossen reihten sich Laden an Laden, Geschäft an Geschäft. Die Fassaden waren optisch vielfach gebrochen, was dem Auge Abwechslung bot und nicht die öde Trostlosigkeit heutiger glatter Glasbetonarchitektur verströmte. Sie lud zum Verweilen ein, sie lud zum Eintreten in die vielen kleinen Läden und Geschäfte ein - sie war eine echte Einkaufsmeile, ein repräsentatives Aushängeschild einer leistungsstarken, kaufkräftigen und boomenden mitteldeutschen Stadt.

Die St.Annestraße um 1910 nach Nordwesten gesehen, zu diesem Zeitpunkt noch etwas unrepräsentativ

Um 1910 herum hatte die Straße noch nicht den Glanz des Boulevards. Sie wirkt eher spröde als einladend. Im Hintergrund der Ansicht nach Nordwesten, also Stadteinwärts, das Reichspostgebäude, mittig das Neustädtische Rathaus und links die St. Katharinen-Kirche.

 

Die Nemesis brach über diese Straße im Schicksalsjahr 1945 herein, als die Rote Armee zum Sturm auf Brandenburg ansetzte, was einige wahnwitzige braune Spinner noch zu verhindern suchten. Die Rote Armee fackelte nicht lange und heizte aus allen Rohren in Richtung Innenstadt. Was Bomber-Harris verschont hatte, hier mußte es untergehen. Der Verlust ist unersetzlich.

Die St.Annenstraße nach dem II.Weltkriege von Südwesten her in Richtung Stadtmitte gesehen
Die St. Annenstraße nach dem II.Weltkriege von Südwesten her in Richtung Stadtmitte gesehen. Der Blick ist in etwa der des obigen Photos aus dem Jahre 1910, respektive des nachfolgenden Photos (links) aus dem Jahre 2003.

Gerade an diesem Punkt scheint eine Gegenüberstellung unerläßlich, um die tiefen Wunden zu dokumentieren, die der Irrsinn des Krieges dieser Stadt geschlagen hat.

Blick in die gegnwärtige St.Annenstraße von Südosten her aus Richtung des Lehniner Thores/ Reichstein-Villa Blick in die St.Annenstraß vom Grundstück des ehemaligen Riedelschen Hauses Hauptstraße 90/91., nach Südosten

Links: Die St. Annenstraße nach Nordwesten (stadteinwärts): Das Reichspostgelände liegt brach, das Rathaus fehlt, das gewaltige Dach und die Turmspitze von St.Katharinen sind erkennbar. Rechts: Die Straße nach Südwesten (stadtauswärts). Das Rathaus fehlt, auf dem Metz'schen Grundstück steht noch die dem Abriß geweihte Ruine der "Astlerscheibe". Die Straße wirkt trostlos.

Nach dem Kriege brauchte man dringend Wohnraum für die Bevölkerung. Es mußte schnell gehen und billig sein. Da war kein Platz mehr für verspielte Fassaden, kontrastreiche Ornamente und Häuserschmuck. Mit dem bürgerlichen Erbe wollten die neuen Machthaber sowieso nichts mehr zu tun haben - alles mußte die Neue Zeit verkörpern. Und so entstand anstelle der St.Annenstraße die Friedensstraße. Auch die Rückbenennung vermochte dieser Tristesse kein neues Leben einzuhauchen. Die St. Annenstraße war eben nicht der Phönix, der aus seiner eigenen Asche wiederaufzustehen pflegt. Wer Brandenburg von Süden oder Osten her an dieser Stelle betritt, wird wohl kaum mehr die schönen Eindrücke nachvollziehen können, die man vor der Zerstörung dieses Straßenzuges gewann.

Das Rochowsche Haus in der St.Annenstraße 12Das Reichspostgebäude und links daneben das Haus der  Brandenburger Zeitung,  mit der Otto Sidow'schen Buchdruckerei im Parterre

Das Rochowsche Haus St. Annenstraße 12, rechtes Bild : Das Reichspostgebäude(re.) mit dem markanten Turm; das helle Gebäude links neben der Post beherbergte die Brandenburger Zeitung, im Parterre die Buchdruckerei des Ehrenbürgers der Stadt Otto Sidow.

so sieht es heute,  im Julei 2003 ausReichspostgelände Julei 2003

Wir sehen das Reichspostgelände, wie es sich dem Betrachter im Julei 2003 darbietet. Statt der prachtvollen Bürgerhäuser und dem roten Klinkerbau der Post mit ihrem markanten Turm eine Trümmerlandschaft.

Photos: alte Bilder: eigener Besitz, Autor seit mehr als 70 Jahren tot; neue Bilder: Michael L. Hübner, Preußischer Landbote

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003