Die Sankt Annenstraße
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Die Sankt Annenstraße war vor dem Krieg der "Ku'damm", der "Stachus", die "Kö" der Stadt Brandenburg. Vor allem stolze Bürgerbauten der Gründerzeit prägten ihr Antlitz. In den Erdgeschossen reihten sich Laden an Laden, Geschäft an Geschäft. Die Fassaden waren optisch vielfach gebrochen, was dem Auge Abwechslung bot und nicht die öde Trostlosigkeit heutiger glatter Glasbetonarchitektur verströmte. Sie lud zum Verweilen ein, sie lud zum Eintreten in die vielen kleinen Läden und Geschäfte ein - sie war eine echte Einkaufsmeile, ein repräsentatives Aushängeschild einer leistungsstarken, kaufkräftigen und boomenden mitteldeutschen Stadt. Um 1910 herum hatte die Straße noch nicht den Glanz des Boulevards. Sie wirkt eher spröde als einladend. Im Hintergrund der Ansicht nach Nordwesten, also Stadteinwärts, das Reichspostgebäude, mittig das Neustädtische Rathaus und links die St. Katharinen-Kirche.
Die Nemesis brach über diese Straße im Schicksalsjahr 1945 herein, als die Rote Armee zum Sturm auf Brandenburg ansetzte, was einige wahnwitzige braune Spinner noch zu verhindern suchten. Die Rote Armee fackelte nicht lange und heizte aus allen Rohren in Richtung Innenstadt. Was Bomber-Harris verschont hatte, hier mußte es untergehen. Der Verlust ist unersetzlich.
Gerade an diesem Punkt scheint eine Gegenüberstellung unerläßlich, um die tiefen Wunden zu dokumentieren, die der Irrsinn des Krieges dieser Stadt geschlagen hat. Links: Die St. Annenstraße nach Nordwesten (stadteinwärts): Das Reichspostgelände liegt brach, das Rathaus fehlt, das gewaltige Dach und die Turmspitze von St.Katharinen sind erkennbar. Rechts: Die Straße nach Südwesten (stadtauswärts). Das Rathaus fehlt, auf dem Metz'schen Grundstück steht noch die dem Abriß geweihte Ruine der "Astlerscheibe". Die Straße wirkt trostlos. Nach dem Kriege brauchte man dringend Wohnraum für die Bevölkerung. Es mußte schnell gehen und billig sein. Da war kein Platz mehr für verspielte Fassaden, kontrastreiche Ornamente und Häuserschmuck. Mit dem bürgerlichen Erbe wollten die neuen Machthaber sowieso nichts mehr zu tun haben - alles mußte die Neue Zeit verkörpern. Und so entstand anstelle der St.Annenstraße die Friedensstraße. Auch die Rückbenennung vermochte dieser Tristesse kein neues Leben einzuhauchen. Die St. Annenstraße war eben nicht der Phönix, der aus seiner eigenen Asche wiederaufzustehen pflegt. Wer Brandenburg von Süden oder Osten her an dieser Stelle betritt, wird wohl kaum mehr die schönen Eindrücke nachvollziehen können, die man vor der Zerstörung dieses Straßenzuges gewann. Das Rochowsche Haus St. Annenstraße 12, rechtes Bild : Das Reichspostgebäude(re.) mit dem markanten Turm; das helle Gebäude links neben der Post beherbergte die Brandenburger Zeitung, im Parterre die Buchdruckerei des Ehrenbürgers der Stadt Otto Sidow. Wir sehen das Reichspostgelände, wie es sich dem Betrachter im Julei 2003 darbietet. Statt der prachtvollen Bürgerhäuser und dem roten Klinkerbau der Post mit ihrem markanten Turm eine Trümmerlandschaft. Photos: alte Bilder: eigener Besitz, Autor seit mehr als 70 Jahren tot; neue Bilder: Michael L. Hübner, Preußischer Landbote |
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003