Tod 
        im Gerichtssaal
        blinde Justitia wird scharfsichtig  
        Don M. Barbagrigia
          Ein KZ-Scherge in SS-Uniform quält 
          Häftlinge des nationalsozialistischen Terrorregimes und bringt sie willkürlich 
          um. Nach dem Kriege gelingt es ihm unterzutauchen, bis ein Paradigmenwechsel 
          in der Gesellschaft Rechenschaft von ihm fordert. Da aber ist er schon 
          ein alter Mann und krank. Nobel geht die Justiz mit ihm um. Wir üben 
          ja keine Rache in unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung! 
          Wir üben Gerechtigkeit! Man lässt den armen, alten, kranken Mann in 
          Ruhe. Uns pfeift derweil der weiße Dampf aus den Ohren.
          Honecker, der die Staatsjagd auf Menschen betreiben ließ, die sich seinem 
          gerontokratischen Bettelreich durch Flucht entziehen wollten, ließ sich 
          von seinem Leberkrebs entschuldigen. Generös stimmt die westdeutsche 
          Justiz zu. Ach Gott, wie beseligend. We go monkey and turn ballistic! 
          Entschuldigung für den englischen Schnipsel – aber uns fehlen einfach 
          die deutschen Worte für dieses Bild.
          Dieses traumhafte Wolkenkuckusksheim erstreckt sich sogar auf Bestien, 
          die ihrem Trieb folgend kleinen Mädchen auflauerten, sie vergewaltigten 
          und hernach ermordeten. Kaum, dass irgendein Psychiater, der nicht minder 
          verrückt ist als der Sittenstrolch, eine positive Entwicklungsperspektive 
          in sein Gutachten hineingeschrieben hat, darf der Täter wohlgemut aus 
          dem Gefängnis spazieren und das nächste Mädchen abschlachten. Das erste 
          ist in seinem Kindersarg noch nicht einmal vermodert. Weder Psychiater 
          noch Gericht übernehmen auch nur ein Tüttelchen Verantwortung für ihre 
          aktive Beihilfe zum Mord – man kann sich ja schließlich auch mal irren. 
          Wer guckt denn schon in einen anderen Menschen hinein? Man kann ja den 
          armen Kerl nicht für den Rest seines Lebens weg sperren, solange noch 
          ein Hauch von Hoffnung... Ist schon alles ganz bedauerlich, aber... 
          Dieses verfluchte „Aber“! Vivat Iustitia teutonica! Du Hort des Humanismus 
          auf den Knochen der anderen.
          Ein paar polemische Giftzwerge – wir gehörten schon immer zu dieser 
          degenerierten Bande – gifteten in ihren Bart: "Es müsste sie mal 
          selbst treffen. Ob sie dann auch mit solch weiser Milde urteilen würden? 
          Gelänge es ihnen, eigene Befindlichkeiten von ihrer Amtsführung zu trennen?“ 
          Der Gott, der Paragraphen schuf, konfrontierte uns mit einem grausamen 
          Exempel:
          Im Januar 2012 erschießt ein selbstverliebter und egozentrischer Unternehmer 
          mit einem ausgeprägten Narzissmus im Amtsgericht Dachau einen 31 Jahre 
          alten Staatsanwalt. Der wollte ihn am Schlafittchen kriegen, weil der 
          55jährige Gannef keine Sozialabgaben für seine Angestellten abgeführt 
          hatte. Diese strafrechtliche Verfolgung konnte sich der Macher unmöglich 
          bieten lassen. Schließlich schuftet er doch Tag und Nacht für das deutsche 
          Bruttosozialprodukt und für das eigene Portfolio, oder nur für letzteres 
          – ach, wen interessiert denn das! 
          Also ballerte er des Staates Advokaten über den Haufen und schoss auch 
          gleich noch auf dessen diabolischen Helfershelfer im Talar, den Richter. 
          Welch ungezügelte Aggression! Doch der Mann ist Westdeutscher. Da wird 
          er schon im Vorfeld gewusst haben, wie moderat seine Justiz mit schwerkranken 
          Menschen umgeht. Und er ist immerhin Diabetiker. Seine Beine haben sie 
          ihm schon amputiert. Nu lasst ihn mal in Frieden sterben...
          Nee, nicht diesmal. Diesmal nicht. Er hätte schießen können auf wen 
          er will. Bei Justizvertretern aber hört der Spaß definitiv auf! Wenn 
          es sie selbst trifft, dann jagen sie den Lumpen quer durch die Hölle 
          und dann nutzt ihm auch kein Krankenbett mehr, in dem er ohne Beine 
          liegt und auf den erlösenden Tod wartet. Dafür gibt's moderne Technik, 
          Monitore, Webcams, Mikrofone... wart mal, Du Gauner, Dich kriegen wir 
          schon! Du nimmst am Prozess teil und nicht einmal des Teufels Großmutter 
          stellt Dir ein befreiendes Attest aus! Wir brechen den Stab über Dich, 
          selbst wenn Du schon ins Krematorium einfährst. Und kein Gutachter sollte 
          auch nur ansatzweise auf das schmale Brett kommen, Dir eine Persönlichkeit 
          zu bescheinigen, die Deine Schuld etwa noch relativieren könnte. Du 
          hast auf Justitia geschossen, Du Idiot! Da rutscht der Dame definitiv 
          die zur Neutralität verpflichtende Augenbinde herunter. Und Du hast 
          doch wohl nicht im Ernst geglaubt, die Göttin der Paragraphen sei wirklich 
          blind? Wenn das so ist, sollte man für Dich sogar das Fallbeil wieder 
          aus dem Keller holen – wegen unerträglicher und notorischer Blödheit!