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Es ist ein Idiot vom Himmel gefallen
Felix Baumgartner verbrennt Millionen mit Wahnsinn

Scholcher M. Druckepennig
Was für ein Idiot! Und die Welt feiert ihn! Das lässt Schlüsse zu auf den Geisteszustand der Menschheit. Da stürzt sich ein Österreicher von so ziemlich allem in die Tiefe, von dem sich so herunterstürzen lässt: Häuser, Brücken, Fernsehtürme, Klippen, Felsen... Nun gut. Sein Vergnügen. Der Fallschirmspringerei stehen auch wir wohlwollend gegenüber. Warum man aber Kopf und Kragen riskieren muss, indem man von Klippen, Bauwerken, Brücken und Fernsehtürmen herunterhopst, das haben wir noch nie so recht verstanden. Sei's drum. Soll jeder mit seinem Leben anfangen, was er will.
Nun aber sprang Felix Baumgartner aus einer Höhe von beinahe vierzig Kilometern in die Tiefe. In einen Skaphander gehüllt, der uns schon eine Vorstellung von den Gesamtkosten des Unternehmens gibt, raste er der Erde zu. Sogar die Schallmauer durchbrach er, sprang von der größten diesbezüglich je gemessenen Höhe ab, fiel länger als jeder andere Mensch, der bislang auf diesem Planeten lebte und hat wahrscheinlich auch den längsten... Na, was kleine Jungs eben so miteinander vergleichen, wenn sie Probleme mit sich haben. Eine 345er Porsche-Bereifung lockt ja heute keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor – das muss schon etwas Besonderes sein. Soll ja auch, soll ja auch...
Nein, verdammt noch mal! Soll es nicht! Das Unterfangen hat geschätzt 50 Millionen Dollar gekostet! Ob das nun des Irren Privatschatulle gewesen wäre, oder ob Red Bull die Sache sponserte, die ja angeblich Flügel verleihen – das ganze ist nicht nur törichtes Narrenwerk, das zu nichts brauchbarem nutze ist, es ist auch kriminell. "Aber wieso denn?", werden sie fragen. "Er hat dieses Geld doch niemandem gestohlen und auch Red Bull bezahlte es brav aus seiner Portokasse." Irrtum – sie haben es den armen Teufel gestohlen, die in Afrika am Verrecken sind, die in Lateinamerika mit ihren Familien auf den Müllhalden der großen Städte wohnen und dort schuften um nur am Leben zu bleiben. Sie haben es der nubischen Mutter gestohlen, die apathisch im Sand der Sahelzone sitzt, ihren Säugling mit einem riesigen Hungerödem im Arm hält, beide zu schwach, sich die Fliegen aus den Augen zu wischen, die Brüste der Mutter zwei leere Schläuche! Sie haben es der vierzehnjährigen Pakistanerin gestohlen, die sich im Taliban-Gebiet für die Schulbildung von Mädchen einsetzte und dafür von den islamistischen Höllenhunden schwer verletzt wurde. Für all diese Leute wären 50 Millionen Dollar die Erlösung aus unbeschreiblichem Elend. Hätte Red Bull das Geld aufgewendet, um die Taliban zu vernichten und dem Geist der afghanischen und pakistanischen Mädchen in Form von Schulen, Lehrmaterial und Lehrern Flügel zu verleihen – das hätte einen Sinn gehabt. Einen Menschen aber aus vierzig Kilometer Höhe herunterfallen zu lassen – das war völlig sinnlos. Das war dekadente Büberei! Unserer Ansicht zufolge ist Baumgartner nicht nur ein Idiot, alle, die ihm bei diesem Irrsinn halfen sind nach allen von uns anerkannten moralisch-ethischen Kriterien ausgemachte Schweinehunde. Sie sind nicht besser als die Taliban – nur anders. Denn ob ich nun kleine Mädchen erschrecke und verstümmele oder ob ich vorhandenes Geld am weiten Himmel verbrenne wie bei einem Silvesterfeuerwerk – beides hat zur Folge, dass die Mädchen nichts lernen können, dass der Müllmalocher nicht von seiner Halde kommt, dass der äthiopische Säugling in den Armen seiner Mutter verlischt.
Gottes Gerechtigkeit ist eine andere als unsere. Sonst könnte man damit rechnen, dass demnächst ein Stein aus dem All von der Größe der Schneekoppe alle Rekorde des Felix Baumgartner einstellt: Höhe, Geschwindigkeit, Aufprallwucht... Und wenn er dann noch zielgenau auf dem Gelände der Firmenzentrale von einem gewissen Getränkekonzern landete, dann wären wir zumindest schon wieder ein Stück weit mit dieser irren Welt versöhnt.

22. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
22.09.2012