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Bespitzelung wird legal!
DDR meldet sich durchs Hintertürchen wieder zurück

Don M. Barbagrigia
"Was ihr Ossis mit euch habt machen lassen, das hätte sich mal bei uns einer wagen sollen! Mit dem wären wir Schlitten gefahren! Den hätten wir zu Paaren getrieben.", höhnte Onkel Wolfgang, der Bereichsleiter eines berüchtigten Discounters, als er kurz nach dem Mauerfall seinen Bruder Jürgen im Osten besuchte. Der allmächtige Apparat des Ministeriums für Staatssicherheit war gerade zerschlagen worden. Man konnte bereits ein größeres Maul riskieren. Etwas, was Onkel Wolfgang der Sippe jedes mal in einer Art Vergatterung verboten hatte, sobald sich der der Familienkombi der innerdeutschen Demarkationslinie bei Helmstedt näherte. Onkel Wolfgang machte dann auch vor, welches Verhalten er sich seitens seiner Sippe der DDR-Obrigkeit gegenüber wünschte, wenn er die Scheibe herunter kurbelte und die Pässe der Familie überreichte: Devot, bis zum Erbrechen höflich und liebedienerisch. Außer an seinem Automobil und seinen Klamotten wäre Wolfgang mit Überfahren des weißen Streifens nur noch dadurch von einem DDR-Bürger zu unterscheiden gewesen, dass er vor der roten Exekutive noch mehr auf dem Bauch herum gerutscht wäre. Dann fiel die Mauer. Die Wiedervereinigung beseligte das Land und - Mielkes Staatssicherheit wäre wohl vor Freude in Ohnmacht gefallen. Denn was sie für das ganze Staatswesen projektiert hatte, das setzte ab sofort jeder kleine westdeutsche Betrieb in einem Ausmaß und mit technischen Hilfsmitteln um, wie das in der rückständigen DDR unvorstellbar gewesen wäre. „Know how“ und „Manpower“ des Spitzelgewerbes scheinen die einzigen Wirtschaftsgüter zu sein, welche vom Westen im Gegensatz zum Grünen Pfeil dankend und mit Freuden übernommen wurden.

Die schwarz-gelbe Koalition gab nun endlich die klärende Richtung vor: Versteckte Überwachung am Arbeitsplatz wäre nicht rechtens. Nota bene: VERSTECKTE Überwachung! Es ist wie mit "verbrecherischen Menschenhandel" in der DDR, der wohl nur deshalb verbrecherisch war, weil die westdeutschen Schleuser die DDR-Devisenbehörden nicht zu 100 % an ihrem Gewinn beteiligten. Denn die geschmuggelte Ware Mensch war uneingeschränktes Eigentum der DDR und wurde sorgsam in den Warenmateriallagern Bautzen II, Hoheneck und Zuchthaus Brandenburg an der Havel gehortet. Der offizielle Menschenhandel war ein Millionen-Geschäft, die paar Schleusungen dagegen Peanuts. Aber wenn's nicht mit einem echten Stempel abgesegnet ist, dann ist das halt eine antikommunistische Schurkerei.

So ist das nun auch mit der Überwachung am Arbeitsplatz. Versteckte Überwachung darf es nicht mehr geben. Angekündigte und ausgewiesene dagegen schon. Denn Überwachung muss sein! Es war ja schließlich nicht alles schlecht in der DDR! All die Unternehmer, die tagtäglich befürchten müssen, von ihren raffgierigen und diebischen Arbeitnehmern um alles bestohlen zu werden, um was sie diese jahrelang legal geprellt hatten, müssen im Namen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit geschützt werden!

In einem Punkt aber handelt die Bundesregierung inkonsequent: Waren die Generäle der Staatssicherheit ebenfalls Zielobjekte der Überwachung und das nicht zu knapp, beschränkt man sich im modernen Deutschland nur auf die Überwachung der kleinen Leute. Das von Onkel Wolfgang vielfach beschworene Erdbeben gäbe es schon – nämlich dann, wenn ein Discounter - Regionalleiter eine solche Kamera plötzlich in seinem Büro entdeckte! Die Adressierung der Überwachung ist im neuen, demokratischen, von Bespitzelung und Unfreiheit befreiten Deutschland nur den Proleten vorbehalten, quasi den Onkel Wolfgangs dieser Republik. Und die – kuschen! Sie halten das Maul, wie es seinerzeit ihre Brüder und Schwestern vierzig Jahre lang in der Zone taten, und wie sie es selbst für ratsam fanden, sobald sie ihren Brüder und Schwestern in der Zone besuchten. Michel ist und bleibt ein Idiot, an dem nur eines unter seiner feigen Zipfelmütze groß ist – das Maul und der leere Raum dahinter!

22. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
18.01.2013