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Kampfstark und bescheiden
Dynamo-Judoka Kerstin Schmidtsdorf erhält den 4. Dan


Oberkommissarin Kerstin Schmidtsdorf (4. Dan)

Akinokawa Michi san
Papa Schmidtsdorf muss damals den richtigen Riecher gehabt haben, als er, der als Student mit dem Judo in Verbindung gekommen war, seine soeben eingeschulte Tochter Daniela und deren 1 Jahr jüngere Schwester Kerstin zu den Zuckschwerdts brachte. Beide sollten einen geregelten Tagesablauf und einen Ausgleich zum Schulbetrieb geboten bekommen. Beinahe drei Jahrzehnte später legte Kerstin Schmidtsdorf vom Verein PSG Dynamo Brandenburg-Mitte PKJL die Prüfung zum vierten Dan (Yondan) erfolgreich ab und bei den 12. deutschen Pokalmeisterschaften in Braunschweig so viele Gegnerinnen aufs Kreuz, dass die 35jährige mit einer Bronzemedaille heimkehrte. Wie viele Leistungssportlerinnen besetzt auch Kerstin Schmidtsdorf das positive Klischee einer freundlich-fröhlichen, aufgeschlossenen und unprätentiösen jungen Frau. Sie weiß, wer sie ist und sie weiß, dass sie sich ihre Erfolge selbst erarbeitet hat. Alles an ihr atmet innere Kraft und äußere Stärke, die unter keinerlei Präsentationszwang stehen. Das ihr eigene Temperament setzt sie auf der Matte um, in ihren Kämpfen, denen auch unter Fachleuten ein ästhetischer Wert zugeschrieben wird. Es ist der Sport, der ihr Leben bestimmt. "Was machen Sie denn so beruflich?" "Sport!" Und in der Freizeit "Sport..." Na ja, nicht ausschließlich, sie liest auch leidenschaftlich gern. In ihrem Beruf aber trafen sich Hobby und Leidenschaft: Kerstin Schmidtsdorf ist frischgebackene Polizei-Oberkommissarin. Die Beförderung war eigentlich seit langem überfällig, denn die Kampfsportlerin ist eine profilierte Ausbilderin für Eingriffstechniken und Kondition an der Fachhochschule der Polizei in Oranienburg.

Dass sie ihren Zöglingen etwas beizubringen hat, belegt nicht nur ihre Trainer-A-Lizenz. Das stellte sie bereits mehrfach unter Beweis, als sie bei den deutschen Polizeimeisterschaften im Judo Medaillen holte. Von den Europäischen Polizeimeisterschaften kehrte sie zweimal mit der Silbermedaille und einmal mit der Bronzemedaille heim. Als sich ihr Heimatverein unter Wolfgang Zuckschwerdt mit dem Sumo zu beschäftigen begann, startete sie auch in dieser Sportart mit einem 3. Dan (Sandan) durch. Erst vor wenigen Wochen kehrte sie mit der deutschen Nationalmannschaft aus Hongkong zurück. Einen Respekt erheischenden Fünften hatte Kerstin Schmidtsdorf dort errungen. Doch in der Heimat nimmt man davon kaum Notiz! Dabei handelte es sich um eine Weltmeisterschaft! Das Thema fuchst sie: "Aber wenn es sich um eine Fußball-WM handelt, dann geht die Post ab!" Mit dem ganzen Selbstbewusstsein einer erfolgreichen Spitzensportlerin setzt sie nach: "Judoka spielen Fußball zur Erwärmung!" Und legt noch einen drauf: "Wenn Judo einfach wäre, würde es Fußball heißen!"

Die finanzielle Überbewertung von Fußballprofis, gemessen an der stiefmütterlichen Behandlung ihres Sportes, lässt ihr Temperament genauso in Wallung geraten, wie wenn es um die Verankerung des Sports in der Gesellschaft mit all der dazugehörigen Anerkennung geht. "Die Leute sind kaum noch bereit sich selbst zu quälen, dafür aber umso mehr, guten Sportlern das Verdienst abzusprechen!" Der Sport und gerade ihr Judo birgt weitaus mehr als nur physische Ertüchtigung: "Es ist der Erziehungsgedanke, der das Judo prägt!" Es ist diese Achtung und der Respekt vor dem Gegner auf der Matte, der in jedem Falle der Kamerad ist und bleibt. Gerade als Polizistin begegnet ihr tagtäglich das Paradoxon, dass beispielsweise Jugendliche, die am lautstärksten und begleitet von einer albern-verschränkten Rapper-Gestik "Respekt" einfordern, diesen am wenigsten zu geben bereit sind. In aller Regel wird dann auch noch das so inflationär gebrauchte Wort „Respekt“ mit purer Angst verwechselt, welche die Krakeeler zu verbreiten trachten. Deren lächerliches Machtgehabe gründet in den meisten Fällen auf mangelndem Selbstbewusstsein, einer Krankheit, die gerade durch einen ernsthaft betriebenen Sport wie dem Judo rasch zu kurieren ist. Die Antwort auf eine derartige gesellschaftliche Fehlentwicklung könnte also in einer Förderung von Sport und Leistungsbereitschaft liegen, wie Kerstin Schmidtsdorf sie repräsentiert. Die brandenburgische Haushaltslage aber wird von leeren Kassen bestimmt. Das ist frustrierend, jedoch kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Aufgeben ist die Sache der Kampfsportlerin nicht.

22. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
15.12.2012