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Hartmut Borkmann
– zum Tode eines Gerechten

K. K. Bajun
Brandenburg an der Havel, Trauerhalle des Krematoriums auf dem Marienberg. Es ist der 2. Februar des Jahres 2008. Links neben dem Sarg steht ein Bild des weltberühmten Danziger Hafenkrans. Rechts ein Bild vom Artushof und dem Rechtsstädtischen Rathaus der Freien und Hansestadt. Auf dem Totenschrein selbst liegt der stolze Danziger Flüger, die Flagge, unter der einst Paul Beneke für die Deutsche Hanse segelte.
Hartmut Borkmann war ein Sohn Danzigs. Er ist dieser Stadt am 05. Mai 1934 geboren worden. Da legte Gauleiter Albert Forster schon die Saat des Untergangs für das deutsche Danzig in den Boden. Am 01. September 1939, als deutsche SS-Banditen die Polnische Post angriffen, war Hartmut 5 Jahre alt. Als das Feuer dieser Untat auf die Mörder zurückschlug und unschuldige Opfer wie Hartmut Borkmann mit sich riß, war er 11. Welch eine brutale Kindheit wurde diesem Jungen zugemutet! Was für ein tapferes und aufrechtes Leben baute er auf diese Kindheit auf! Nun deckt die Fahne der wohl stolzesten und schönsten Hansestadt am Baltischen Meer seinen Sarg. Das ist eine Ehre, wie sie sonst im Allgemeinen nur gefallenen Soldaten oder staatstragenden Menschen zuteil wird. Hartmut Borkmann war ein Soldat – ein Soldat der Versöhnung, ein Soldat des Geistes und des Verständnisses über all die Greuel des Zweiten Weltkrieges hinweg, der auch ihn seiner Heimat beraubte. Doch Hartmut Borkmann wußte, daß eine Rückkehr in die verlorene Vaterstadt nur um den Preis zu erreichen war, daß die in der Zwischenzeit dort ansässig gewordenen Menschen erneut das Schicksal der Vertreibung erleiden müßten. Ein Schicksal, das die meisten der Polen bereits mit ihm teilten. Denn so wie er und Millionen Deutsche die deutschen Ostgebiete räumen mußten, so wurden die Polen aus den polnischen Ostgebieten verjagt und in den Häusern und Gehöften der Deutschen angesiedelt. Konnten sie etwas dafür? Hatten sie nicht auch völlig unverschuldet Leid und Verlust erlebt? Mußten sie nicht in den darauffolgenden Jahrzehnten unter albtraumhafter Ungewißheit leben, was ihnen die endgültige Regelung über den Verbleib der Gebiete zwischen der Oder und der Weichsel bringen würde? Die Polen wagten oft nicht, an den von ihnen besiedelten Häusern mehr als nur das Nötigste zu reparieren. Denn, wer gab ihnen Gewißheit, daß sie auch morgen noch darin würden wohnen dürfen.
Menschen wie Hartmut Brokmann, Gräfin Dönhoff, Günter Grass oder Willy Brandt gaben sie. Mit all ihrer Ehre und persönlichen Integrität trotzten sie egoistischer Kurzsichtigkeit und Beschränktheit, dümmlichem Revanchismus und haßtriefenden Tiraden, so nachvollziehbar sie aus erlebtem Elend heraus auch immer sein mochten.
Hartmut Brokmann arbeitete mit der Jugend der ehemalig verfeindeten Nationen. Er wußte, daß die, welche sich kennen, nur sehr schwer zu bewegen sind aufeinander zu schießen. Er reiste unermüdlich, redete, agitierte, organisierte, predigte, feierte und – ließ die anderen zu Wort kommen.
Dem Preußischen Landboten erzählte er einst, ein polnischer Wojewode aus der Neumark hätte ihm, Hartmut Borkmann, vor gar nicht allzulanger Zeit lächelnd gesagt: „Pan Hartmut, heute sind wir Polen die besseren Preußen!“ Hartmut Borkmann und der Journalist des Landboten wußten sofort, was der Wojewode meinte. Und daß er gar nicht mal so Unrecht hatte.
Wenn da nicht Männer wie Hartmut Borkmann wären… Männer, deren Sarg nach einem erfüllten und sinnreichen Leben der Danziger Flüger deckt. Die beiden silbernen Kreuze auf rotem Grunde, überschirmt von der polnischen Krone. Den tiefen Sinn, den diese Flagge ausdrückt, trug Hartmut Borkmann im Herzen.
Der Mann Hartmut Borkmann, der sich mit der charakterlichen Stärke eines Hanseaten weigerte, nach all dem erlebten Elend des Krieges für die Kommunisten kasernierter Volkspolizist zu werden, nur um seinen Traumberuf Förster erlernen zu dürfen, und der dann ein Lehrer wurde, dieser Mann war mehr Soldat als all die uniformierten Scharfmacher und Pistolenträger, die mit martialischem Gebrüll neue Grenzlinien zogen, um deren Verteidigung willen wieder Menschen sterben mußten.
Hartmut Borkmann, der Preußische Landbote verneigt sich vor Ihnen und wird Ihr Andenken bewahren! Für viele unsichtbar, für uns aber lesbar steht Ihr Name auf der Flagge, die ihren Sarg bedeckt. Und wenn einst Danziger Straßen und Schilder wieder, so wie in der Lausitz, neben den polnischen auch ihre deutschen Namen tragen werden und der Haß zwischen Polen und Deutschen endgültig in den Orkus der Geschichte verbannt ist, dann wird das Fundament dieses neuen Miteinanders auch Ihren Namen tragen. Es würde uns mit Stolz erfüllen wenn dieses Fundament der Versöhnung Ihren Namen dann auch mit einer Danziger Straße oder Schule teilen würde. Sie haben die Welt ein Stück weit zum Guten verändert. Sie waren ein Mann, der zum Vorbild taugt. Sie waren ein Gerechter.

11. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2008