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Ein trauriges Märchen
Der Preußische Landbote nimmt Abschied von seiner geliebten Lektorin
Madame Nicolette Canard-Colvert

Der Pfad des Bösen ist der Weg der Verdammnis! (Akira Kurosawa)

David M. Katz
Es war einmal eine kleine Ente. Ein liebes, grundgütiges kleines Viehchen, das ihrem Küken voran watschelte und fröhlich und unbefangen in die Welt hinein quakte. Wo sie ihre Watschelfüße hinsetzte, da schien die Sonne. Und weil sie so ein liebes Tier war, schickte ihr der Herrgott einen kleinen Kater, der das Schnabeltierchen mehr liebte, als sein eigenes Leben. Doch dann wurde das Entchen sehr krank. Der Kater hatte sie aus seinen halbblinden Augen verloren und war allzu weit von ihrem Wege abgekommen. Sie hatte ihn verloren und er sie. Beide konnten einander nicht mehr finden, so sehr sie nach einander auch leise quakten und maunzten.

Darüber aber starb die kleine, liebenswerte Ente, dieser Stern unter allen Federviehchen, einen qualvollen Tod.

In ihr kleines Katzentennestchen aber zog ein böses, grausames Monster. Das wusste nichts von dem Entchen und ihrer großen Liebe. Den halbblinden Kater, der hilflos und vor Schmerz halb blöde nach seinem Entchen maunzte, misshandelte es und trat ihn mit Füßen.

Darüber starb auch der Kater einen vorzeitigen Tod. Auch sein Katzennest blieb nicht lange leer. Ein alter Landsknecht, der sein Lebtag lang ein brutaler Knochenbrecher und dessen große Leidenschaft das Zerstören gewesen war, bemächtigte sich der einstigen Behausung des Katerchens.

Wie das dann zuging, war schlecht zu sagen: Aber die beiden Strolche, die in den Behausungen ihrer ermordeten Vormieter unter gekrochen waren, kamen irgendwie miteinander in Berührung.

Mag sein, dass es um ein kleines Kälbchen ging, um das sich das bösartige Gesindel stritt. Dass dieses Kälbchen einst der ganze Stolz und die Hoffnung des Entchens und des Katerchens gewesen war, interessierte die beiden gottlosen Bösewichte einen Dreck. Was der Kater einst für sein Entchen tat, wie das Entchen sich einst um ihren Kater schier die Federchen aus dem Leib riss, das war ihnen völlig wurscht. Sie wussten beide nichts davon und es wäre ihnen auch herzlich egal gewesen.

Der Landsknecht rückte dem Monster auf den Leib, dieses quittierte den Kampf des Kriegsmannes mit arrogantem, eiskaltem Schweigen, was den Haudegen wiederum zur Weißglut trieb. Sie waren beide willens und bereit, einander an die Kehle zu gehen und sich zu vernichten. Die schwarze Pest wünschten sich die beiden Halunken an den Hals.

Der Kriegsmann stellte gar einen Champagner kalt, für den Tag, an dem ihm Kunde vom Untergang des Monsters zuteil würde. Beide, Landsknecht und Monster waren von unendlicher Dummheit – ein Hohn auf Gottes Schöpfung. Dabei war ihre spezifische Dummheit durchaus verschieden. Das Monster war eine hohle, statische, seelenlose, brutale und eiskalte Beamtenseele, vertrocknet, berechnend und dumm, ein Roboter in Menschengestalt, bar jeder Liebe oder Empathie.

Der Berserker aber war ein ehrverliebter Idiot, der seinen eigenen Wert nach den Köpfen erschlagener Feinde bemaß. Er hatte Kultur und Bildung genossen und beides in die Gosse gekippt. Beide Banditen hatte die Hölle ausgekotzt und beide würden nach Gottes unergründlichem Ratschluss noch viele Jahre den Atem der Welt verpesten. Sie waren der Abschaum des vernunftbegabten Menschen.

Zu jedem Märchen gehört ein glückliches Ende. Nicht zu diesem. Denn dieses ist kein Märchen. Es ist die traurige Wahrheit. Es ist die Wahrheit, die Dr. Heinrich Heine mit den resignierenden Worten aus seiner Harzreise kommentierte: „... und man fragt sich, wie Gott nur so viel Lumpenpack erschaffen konnte!“ Es ist der Beweis, dass es Gott nicht gibt, sondern nur die allmächtige Mikrobe der menschlichen Dummheit, die da steht für allumfassende Zerstörung, Tristesse und endloses Versagen. Ein kleines Kalb aber leidet, unverdient und unverschuldet. Es blökt nach der Liebe und der Vernunft und ist zwei gewissenlosen Verbrechern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Wer kann gegen so viel sinnlose Bosheit bestehen?

Voltaire meinte einst ironisch in seinem „Candide“, dies sei die Beste aller Welten. Eine Welt, die zwei gütige, sich liebende Tiere umbringt, die nur sich hatten in diesem Leben und sich statt dessen zwei hirnlosen Kampfmaschinen ausliefert, die soll die Beste aller Welten sein! Sie kann nur das Werk eines Demiurgen sein.

Nicolette Canard-Colvert! Der Preußische Landbote ist zerschmettert vor Trauer um Dich. Wir haben Dich in unserem Herzen begraben und verneigen uns vor der Erinnerung an eine warmherzige, großzügige und selbstlose, liebenswerte Frau von Format. Wenn es uns möglich ist, dann soll Dein grausamer Tod nicht ungesühnt bleiben.

Schlafe süß, kleine Ente. Hier soll Dein armes und gequältes Entenherzchen Ruhe finden! Das ewige Licht möge Dir leuchten! Amen.

24. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
17.11.2014