Baaks

zurück zum Landboten

 

Laissez faire in Preußischen Gärten?

Kotofeij K. Bajun
Wie ziehen sich die Leute an, wenn sie den englischen, dänischen, niederländischen, belgischen, spanischen, schwedischen oder norwegischen Hof besuchen? Kommen sie, selbst wenn die Sonne unbarmherzig brennt, in kurzärmeligen Hawaii-Hemdchen, kurzen Röckchen, Sandalen, Slippern, modischen Sonnenbrillen? Oder würden sie sich aufdonnern, in Schale schmeißen, die Hälfte des Vermögens für den Coiffeur, die Mani- und die Pediküre, den Frack und das Abendkleid ausgeben? Diese Frage zu beantworten fällt sicherlich nicht schwer. Ebenso fällt es leicht zu konstatieren, wie das Volk, aus- wie inländisches, auftritt, wenn es den preußischen Hof besucht. Ob es der Neue Garten in Potsdam ist oder die Parkanlage von Sanssouci, Schönhausen, das Köpenicker, das Charlottenburger Schloss – sie wanken, kreuchen, wuseln und marschieren durch die erhabenen Orte in ihren albernen Touristen-Klamotten oder der schabbigen und schlotternden Alltagskluft. Ebenso nachlässig wie tief dekolletierte Barbie-Gaken lungern, einen hässlichen amerikanischen Dialekt kakophonierend, wie die widerkäuenden Kühe auf der Terrasse von Sanssouci just dort, wo zweihundertvierundzwanzig Jahre früher ein kleiner, alter Mann in einem Lehnstuhl sitzend, von zwei Grenandiers geschützt, ein wenig sinnierend ausruhte, ein Mann, der zweifelsohne zu den Größten des Jahrtausends zählt. Dieser Mann, ewiger Hausherr des Weinbergschlösschens auf dem Wüsten Berge zu Potsdam verkörpert eine Sphäre, die sich Lichtjahre über den kleinen dusslig vor sich hin plappernden Ami-Gören befindet. Umso unerträglicher ist es, dass Horden Nackter Affen die Würde des Ortes mit ihrem Auftritt in den Dreck treten. Woher nehmen sie diese Frechheit? Warum wissen selbst die ewig knipsenden Japaner, die im Gegensatz zu den Amerikanern wenigstens einer Hochkulturnation angehören, nicht, welches Erscheinungsbild dem Orte angemessen ist? Gerade noch einige anständig gekleidete Russen sind auszumachen, dezent und zivilisiert im Gebaren, ebenfalls ein Volk, welches Kultur und Schönheit verehrt, wenn auch das, was sie dafür halten, mitunter in unseren Augen ein wenig kitschig erscheinen mag. Aber die anderen? Auch und gerade die deutschen, die einheimischen Gäste? Geht denen jeglicher Respekt ab? Liegt es daran, dass der Gastgeber Friedrich der Große tot ist? Glauben die Halunken, sie könnten deshalb mit Bermudashorts an seinem Grabstein stehen? Haben die preußischen Schlösser und Gärten etwa mit ihren ehemaligen Hohenzollern'schen Besitzern gleichzeitig ihren Anspruch auf Würde, Ehrung und Respekt verloren? Bedarf die Stiftung „Preußische Schlösser und Gärten“ unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh wirklich jedes einzelnen Cents, dass sie es sich nicht leisten kann, für den Besuch der von ihr verwalteten Objekte einen Dresscode vorzuschreiben, wenn das Volksempfinden dafür nicht mehr ausreicht? Wir sehen ein Gemälde des 19. Jahrhunderts vor uns. Das stellt den Park von Sanssouci mit der berühmten Perspektive an der großen Fontäne vorbei hoch zum Schlösschen dar. Elegante Herrschaften flanieren im Vordergrund. Ein Ehrenmann trägt einen hohen Zylinder, seine Gattin ein weiches, fließendes Chiffon-Kleid, einen Sonnenschirm in der Hand – selbst das die Eltern begleitende Kind ist adrett und ansehnlich gewandet. Es schlägt einen Reifen – soll sein! Aber das hier, anderthalb Jahrhunderte später, das ist unerträglich! Gerade mal, dass die Stiftung die Fahrradfahrerei im Parkgelände eingeschränkt hat. Das ist schon mal ein Anfang. Aber eben nur ein Anfang. Den wenig ansehnlichen Park- und Schlossbesuchern möchten wir zurufen: „Traut euch so in die Danziger Marienkirche oder ins Warschauer Schloss. Die Polen werden euch unmissverständlich den kürzesten Weg nach draußen zeigen, wetten! Und mit was? Mit Recht! Und wenn's richtig gut läuft: mit einem Knüppel in der Hand...“

So stellt sich der Preußische Landbote, hier vertreten durch Herrn Kotofeij K. Bajun, eine ortsangemessenes Auftreten in den Schlössern und Gärten der Preußischen Krone vor. xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxFoto N. Sureck


Die Stiftung ist notorisch klamm. Im Gegensatz dazu sind die laufenden und die Extrakosten exorbitant. Das alles liegt auf der Hand. Man besehe den Zustand des Neuen Palais oder man denke an den unwürdigen Streit um die Verwertung von Bildrechten bei Außenaufnahmen des Park- und Gartengeländes. Die Preußenverwalter haben's wirklich nötig, jeden einzelnen Cent. Hart am Winde müssen sie stets und ständig segeln. Kein leichtes Brot, gewiss! Gerade in Zeiten, da der Staat das helfende Füllhorn auch nicht mehr auszuschütten in der Lage ist. Der Beweis, ob aber der Kotau vor dem niveaulosen Plebs, also die eingenommene Masse an Kleingeld das Problem löst, steht dennoch aus. Betont man durch einen rigorosen Verweis auf die Exklusivität des Ortes die Anspruchshaltung, die an einen Besuch dieser Anlagen geknüpft wird, werden sich wohl kaum weniger Leute einfinden, die das Portemonnaie öffnen. Denn – das Teure, Rare, Seltene, das Hochherrschaftliche – das hat schon immer ein magisches Zugmoment entwickelt. Die Kerls und die Frauenzimmer werden sich schon vernünftig anziehen – wenn sie müssen. Und die, welche das ablehnen oder nicht können, sollen ruhig draußen bleiben. Dem Park, den kleinen Tempeln oder den Schlössern wird’s kaum schaden. Davon sind wir überzeugt.


Der dezente aber elegante Aufzug der Dame im Vordergrund korrespondiert vollkommen mit der Würde und der Schönheit von Schloss und Park Sanssouci. Die Besucher im Hintergrund kontrastieren unangenehm. xxxxxxxxxxx Foto M. L. Hübner

16. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
28.06.2010