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Ein Kater „simst“
Katja Berlin legt erfrischendes Katzenbuch vor

Kotofeij K. Bajun
Die Idee hat zweifelsohne Charme. In einer Zeit, in der sich jemand, der ein Buch feil bieten möchte, immer etwas Neues einfallen lassen muss, um im Ozean des Gedruckten noch aufzufallen, hatte Autorin Katja Berlin einen spritzigen Einfall. Sie druckt nur fiktive SMS ab. Der Clou dabei ist, dass sich am anderen Ende der Leitung ihr Kater mitteilt. Bücher, welche die Welt gekonnt oder schwachsinnig, authentisch oder vermeintlich aus der Katzenperspektive beschreiben, gibt es bereits wie Sand am Meer. Das meiste davon ist Blödsinn, weil kaum jemand über seinen Schatten zu springen vermag und die Handlung eigentlich von Menschen im Katzenkostüm bestreiten lässt. Fade und einfallslos allenthalben. Nicht so bei Frau Berlin! Absolut nicht. Das hat was!

Auf jeder Seite des Buches ist die Oberfläche ihres Computer-Tablett schematisiert dargestellt. Das Bild gibt den SMS-Verkehr mit ihrem vierpfotigen Hausgenossen wieder.
Die Gestaltung des Taschenbüchleins referenziert sowohl auf die rapide nachlassende Affinität zu Bleiwüsten und riesigen Textblöcken, als auch auf die neuzeitlichen Kommunikationsformen. Gut mitgedacht und verkaufsfördernd allemal.

Ihrem Leser berichtet Frau Berlin also die schmunzelnde Geschichte, ihr Kater habe die SMS als Kommunikationsmedium für sich entdeckt und beherrsche auch sonst die menschliche Sprache sowie die Gedankenwelt des Homo Sapiens. Mit diesem Kunstgriff gelingt Frau Berlin durchaus die Quadratur des Kreises: Obwohl sie den Kater sehr menschlich interagieren lässt, vermeidet sie es dennoch geschickt, das Tier zu vermenschlichen. Mit Hilfe dieser anmutigen Konstruktion lässt sie auf witzige Art und Weise ihre Leser an der Welt ihres Feliden teilhaben und zeichnet ein mutmaßlich beinahe ungeschminktes Bild seiner – oft auch klischeehaften – Motivationen, welches auf sehr genaue und liebevolle Beobachtung fußt.

Sympathisch, dass Frau Berlin ihrem Kater überwiegend das letzte Wort belässt. Weniger sympathisch, dass sie ihr Werk mit einem englischen Titel versieht. Das ist ein unwürdiger Kotau vor einer absterbenden Epoche der Yankee-hörigen Bauchkriecherei, welche die deutsche Sprache all zulange mit Dinglizismen durchseuchte. Man stelle sich dergleichen in einer französischen Buchhandlung vor, oder betrete mit der Erwartung einen Bostoner Buchladen, dort ein Werk mit einem deutschen Titel zu finden, welches sich ansonsten lediglich der wirklich liebenswerten englischen Sprache bedient. Dann erschließt sich die Lächerlichkeit dieser Marktschreierei, welches das vorgelegte Büchlein Frau Berlins wahrlich nicht nötig hat.

Denn es weist vor allem die Autorin als blitzgescheite, junge Frau aus, die nicht nur präzise hinzuschauen versteht, sondern auch zu klugen Schlussfolgerungen befähigt ist. So zum Beispiel, wenn sie auf der Seite 180 ihren Kater entdecken lässt, dass eigentlich der Papierkorb der beste Freund des Menschen sei. Wenn sie aber auf der Seite 32 das Wirken der ägyptischen Göttin Basht oder Bastet für den Untergang der Hochkultur am Nil verantwortlich macht, lehnt sich Frau Berlin nach unserem Dafürhalten sehr weit aus dem Fenster. Die blendend schöne Dame Basht ist die Beschützerin der schwangeren Frauen und des Tanzes und mit einer solchen, völlig unverdienten Despektierlichkeit einer grundgütigen Göttin zu nahe zu treten, könnte den zerstörerischen Aspekt dieser doppelgestaltigen Göttin, den die Ägypter Sechmet nannten, auf den Plan rufen. Wer aber mit der Schwester der Basht auf Konfrontationskurs geht, wird sich bald wünschen, es sich nie mit der Mutter aller Katzen verscherzt zu haben.

Darüber hinaus jedoch hat das Lesen dieses Buches Spaß gemacht, wenngleich es unserem Katzenbruder Moritz etwas überzeichnet erschien. Wie jeder ordentliche Kater hat aber auch er Größe genug, in solchen Fällen von einer besonderen Fähigkeit Gebrauch zu machen, die der Nackte Affe – so wie das Kommunizieren über Kurznachrichten – im Allgemeinen nur für sich selbst reklamiert: Er lacht drüber!

Unserer Empfehlung allerdings schließt er sich vorbehaltlos an.

Katja Berlin
Cat Content - SMS von meinem Kater
Taschenbuch 224 Seiten
Verlag rororo 2013
ISBN-13 978-3-499-60452-2
EVP € 8,99


 
B
12. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012

24.07.2013