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Ein
Skelett auf dem Bischofshof Michael L. Hübner Man arbeitete sich zielsicher von der Peripherie in die Stadtmitte vor. Schloss Gollwitz, Klein Kreutz und der Plaue'sche Werder boten im Zuge von Baumaßnahmen den Archäologen Gelegenheit, teils flächige, teils stichpunktartige Grabungen vorzunehmen. Knochen von Mensch und Tier, Scherben, Gürtelschnallen, Gläser, Ofenkacheln und ganze Brunnenanlagen – was der Brandenburger Untergrund an Artefakten aus Tausenden Jahren Siedlungsgeschichte noch verbirgt, ist erstaunlich. Da liegt auf dem Gelände des alten Bischofshofes an der St. Gotthardtkirche ein männliches Skelett aus dem Mittelalter, schwere Hiebwunden am Schädel. Der Mann wird wohl bei Kampfhandlungen zu Tode gekommen sein, erklärt Dr. Wolfgang Niemeyer. Eine Regelbestattung sei das wohl nicht, wenngleich Kirchen im Mittelalter oft im Zentrum von Friedhöfen standen. Auch im Umfeld der Franziskanerkirche St. Johannis, an der Johanniskirchgasse gegenüber dem Hofe des Gotischen Hauses, finden Archäologen drei Gräber. Eng an eng, eine Mutter liegt dort, ihr Kleinkind auf ihr. Die Hälfte der Gebeine ruhen offensichtlich seit Jahrhunderten unter den Fundamenten eines angrenzenden Gebäudes. Gaby Niemann von der Brandenburger Firma erzählt, während sie mit ihrem Pointer die entsprechende Stelle des Bildes zeigt. Ihre und die Ausführungen ihrer Kollegen sind qualitativ sehr hochwertig; vielleicht etwas zu anspruchsvoll für eine Darstellung, die in erster Linie an Laien adressiert sein sollte. In der Atmosphäre einer Fachtagung ist von gewachsenen und gestörten Bodenschichten die Rede, die sich unter einem Planum finden, hier verweisen Staunässebereiche auf historische Starkregenfälle, Kulturhorizonte stellen sich vor eingetieften Schichten dar – es ist die Sprache der Fachleute, der Fachzeitschriften und des Fachpublikums. Unverzagt mühten
sich die anwesenden Laien, dem Dargebotenen tapfer zu folgen. Es lohnte,
denn die Archäologen hatten wirklich viel Neues und Interessantes
zu bieten: Scherben und Artefakte aus dem Neolithikum vor etwa 7.000 Jahren
bis über die Bronze- und Eisenzeit, die römische Kaiser- und
die Slawenzeit, bis hinein in das Mittelalter, welches der Stadt Brandenburg
Gestalt und Namen verlieh. Diesem war übrigens Stefan Dahlitz auf
dem mutmaßlich kleinsten Grabungsfeld der Saison auf der Spur: In
der Nähe des Altstädtischen Wassertors wurde ein Gebäude
mit einem Betonringfundament bis in 3,60m Tiefe gesichert. Ein Halbkreis
von kaum 70cm Durchmesser blieb Dahlitz zum arbeiten auf dem Grund des
Schachts. Eine unerwartet reichhaltige Befundlage aber entschädigte
für die gehabten Mühen. |