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Kommunikation für die Mark
Dr. Klaus Peter Tiemann rettete die RFT durch die Wendezeit


Photo: RFT

von Michael L. Hübner
Am 7. Mai 1945 wurde der Stadt Brandenburg ein Sohn geboren, der auf eine ganz eigene Art die anbrechende Zeit des Aufbaus repräsentieren sollte. Klaus-Peter Tiemann war ein Junge, der sich seit frühester Zeit sehr für die Technik interessierte. Sein Lernberuf war dann auch der eines Rundfunk- und Fernsehmechanikers bei RFT, dem ostdeutschen Monopolisten, der zumindest in Brandenburg an der Havel dem Namen Tiemann noch viel verdanken sollte.

Die DDR aber wollte den jungen Tiemann vorerst nicht das Abitur ablegen lassen – er entstammte nicht der Arbeiterklasse. Zielstrebig wie er war, bestand Tiemann jedoch seine Lehre mit Auszeichnung, und erkämpfte sich sein Studium an der Fachhochschule für Funktechnik, schloss 1968 mit seinem Dipl. Ing. ab und hatte schon mit 22 Jahren als Student sein erstes Patent angemeldet. Dieses beinhaltete ein Frequenzmodulationsverfahren mittels Kapazitätsdioden. „Hat bloß noch keiner darüber nachgedacht...“, sagt er.

Wie oft noch sollte er diesen Satz zitieren! Tiemann, lernsüchtig und energiegeladen, absolvierte gleich noch ein Postgraduierten-Fernstudium in Mittweida und schrieb mit seiner Frau, die er als Oberschülerin der Goethe-EOS kennen gelernt hatte, eine gemeinsame Doktorarbeit. Sie, die spätere Oberbürgermeisterin, verfasste den ökonomischen, er den technischen Teil. Die Freundschaft zu Konrad Höpfner, dem beliebten Chef des Krankenhauses Hochstraße, ließ den neuen Stern am Ingenieurhimmel, der schon den ersten deutschen Farbfernseher „Color 20“ entscheidend mitentwickelte, nachdenken, wie sein Wissen die Medizintechnik bereichern könnte. Tiemann schuf den ersten Herzschrittmacher der DDR – wie viele Menschen ihm ihr Leben verdanken, bleibt ungezählt. Mit Dr. Scheffler von der Kinderklinik ersann er das erste deutsche Mukoviszidose-Diagnostikgerät.

Doch seine Liebe galt nach wie vor seinem einstigen Lehrbetrieb, der RFT, zu deren Direktor Dienstleistung er seit 1976 aufgerückt war. Diese Position bedingte alternativlos die Mitgliedschaft in der SED. Man musste sich entscheiden, ob man den beruflichen Aufstieg abbrechen oder weiterkommen wollte. Trotzdem ließ man den jungen Ingenieur mit Leib und Seele nicht zur IFA nach Westberlin, obwohl seine Erfindungen sogar internationale Märkte eroberten. Als er Mitte der Achtziger doch mal nach Kassel zum Geburtstag eines Angehörigen durfte, beschattete man den erst vierzig Jahre alten Leistungsträger auf Schritt und Tritt. Von der Stasi hat er den Kanal seitdem gestrichen voll gehabt und ärgert sich über die bösen Zungen, die ihn nach der Wende mit dem kommunistischen Geheimdienst in Verbindung bringen wollten.

Eine Bescheinigung der BStU vom 17.03.1995 brachte die vollständige Entlastung: Tiemann war nie IM oder offizieller Mitarbeiter. Er war aber auch kein Wendeaktivist. Dafür hatte er gar keine Zeit: Die heute 52 Jahre alte Traditions-Firma RFT war in die neue Zeit zu retten, die Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze, Zukunft, Lohn und Brot. Schwer war es, denn die Wende war auch die Epoche der millionenschweren Glücksritter, die nur an Filetstücken interessiert waren. „Nie musste ich in so kurzer Zeit so viel lernen“, gesteht er. Gegen sieben Mitbewerber konnte sich Tiemann schließlich durchsetzen und gewann mit seinem tatkräftigen und zutiefst seriösen Auftreten das Vertrauen des größten deutschen Bankhauses, das ihm eine millionenschwere Kreditlinie ohne materielle Sicherheiten einräumte.

Tiemann, der sich 1994 beim Kauf der RFT von der Treuhand über die üblichen drei Jahre hinaus verpflichtete, seine damals 40 Mitarbeiter sogar fünf Jahre lang weiter zu beschäftigen, kann heute sogar 140 Brandenburgern ein Arbeitsverhältnis bieten, das die Angestellten mit Stolz erfüllt und ihnen ein ordentliches Auskommen sichert. Der Firmenchef denkt in die Zukunft. „Wer am Markt bestehen will, der muß innovativ sein und ganz vorne mitmischen!“ Dieser Philosphie folgt die Verlegung des modernsten und leistungsstärksten Glasfaser-Telekommunikationsnetzes Europas in der Mark. Zukunftsorientierung und konservative Wertvorstellungen bilden eine untrennbare Einheit bei dem verantwortungsbewussten und sozialen Mittelständler Dr. Klaus Peter Tiemann.

PS: Der stellvertretende Chefredakteur des Preußischen Landboten, Kotofeij K. Bajun, verfasste den Wikipedia Artikel über Dr. Klaus Peter Tiemann

14. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
24.07.2009