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Aktien

S. M. Druckepennig
Also hatte jemand, der sich in wirtschaftlichen Fragen für kompetent hält, jüngst beklagt, die Deutschen würden ihr Vermögen viel zu wenig in Aktien investieren. Ja, die Amerikaner, die wären da ganz anders! Die würden.
Aber der Michel mit seinem Urbedürfnis nach Sicherheit und einem warmen Ofen, hinter dem er hocken kann, der kommt halt nicht zu Potte.
Michels Schuld?
Vielleicht. Mag sein. Nach Michels Erfahrungen ist sein Drang nach Abenteuern eventuell etwas gedämpft. Und Aktien sind im Allgemeinen Abenteuer mit höchst ungewissem Ausgang. Eine getarnte Art Roulette sozusagen. Was für Gründe aber mögen denn noch existieren für die zage Zurückhaltung des Zipfelbemützten?
Hat er vielleicht keine Kröten mehr ob der anhaltenden und nicht enden wollenden Wirtschaftskrise? Angeblich soll das Privatvermögen der Bundesbürger die Staatsschuldenlast um das doppelte überschreiten. Bleibt die Frage, wer besitzt wie viel.
Versucht er etwa seine lausigen paar Piepen in Sicherheit zu bringen, bevor er sie gemäß den Richtlinien von Hartz IV verschleudern und verfressen muß? Kann auch sein.
Wir sollten aber noch eine dritte Möglichkeit ins Kalkül ziehen: Michel traut den Wirtschaftskapitänen nicht mehr, die shareholder-value predigen, während sie sich ungeniert und mit schier unerträglicher Arroganz die Taschen füllen. Shareholder sind nämlich ins Deutsche übersetzt die Aktienbesitzer und die haben wenig davon, wenn sich die Nieten im Nadelstreifen selbst astronomische Summen in die Privatbörse schaufeln, während sie das eigene Unternehmen an den Wirtschaftsfeind verscherbeln. Mannesmann, ick hör dir trapsen!
In so was soll man investieren?
Oder vielleicht doch lieber in die solide Automobilmarke mit dem Stern auf dem Kühler? Deren Fürsten in der Vergangenheit mit ihren napoleonisch-größenwahnsinnigen Plänen mehrmals gründlich auf die Schnauze gefallen sind. Der eine, der ein Raumfahrtunternehmen in die Konzernstruktur einflechten wollte, der andere, der japanische Pleitiers und die hypothekenbelastete Badstraße im Monopoly der amerikanischen Automobillandschaft zur Milliardenvernichtung einkauft.
Aber, aber! Es gibt doch noch die spritzigen Jungunternehmer! So wie Meister Windhorst. Wir erinnern uns des sechzehnjährigen Knaben, den Altkanzler Kohl voll väterlichen Stolzes mit auf die große Handelsdelegation ins Reich der Mitte nahm. Und der in Saigon einen Wolkenkratzer errichten wollte. Ja, das sind solche, die erst noch was werden wollen. In die muß man doch auch mal Vertrauen setzen, nicht wahr! Wie sollen die denn hoch kommen ohne gepumptes Kapital. Und die werden schon fleißig rackern, um das in sie gesetzte Vertrauen und gesteckte Geld zu rechtfertigen. Werden sie doch, oder?
So ein kleiner Nick Leeson wird doch wohl nicht den Schlurfe-Michel aus seinen Pantoffeln kippen. Oder doch?
Wie war das mit dem Neuen Markt? Boom ohne Ende! Nee, nicht wirklich. Das Ende kam schnell, brutal und ernüchternd. Und Michel hat's bezahlt. Einmal über Nacht reich werden, ohne einen Finger dafür krumm zu machen. Das war der große, deutsche Traum vom Neuen Markt. Börsenfieber. Kostolany unser, der du bist..., na. Lassen wir das!
Nein, da wissen wir was Besseres: Michel, nimm deine Münzen und wirf sie in irgendeinen Brunnen und wünsch dir was dabei. Bleib auf dem Teppich und wenn es dann wider Erwarten in Erfüllung geht, dann übersteigt die Dividende unter Umständen sogar die Versprechungen, mit dem dich windige Lümmel aufs aalglatte Börsenparkett zu ziehen trachten. Und wenn du die Klimperlinge in den Brunnen auf der sächsischen Festung Königstein wirfst, hernach ein bißchen das Maul hältst und gespannt lauscht, hörst du's sogar unten aufkommen. Laß deinen Sproß die Brunnentiefe unter besonderer Berücksichtigung der Schwerkraft und der mit ihr verbundenen Beschleunigung, sowie der verstrichenen Zeit berechnen - und du wirst merken, da ist sogar ein wenig Spaß bei der Sache.
Das eigentlich schöne aber ist, du kannst den Weg des Geldes im Vorneherein mit physikalischer Sicherheit berechnen, ehe es auf Nimmerwiedersehen verschwindet - und das soll dir die verräterische Börse erst mal nachmachen!

3. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2004