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Schischkin Iwan

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Professor Iwan Iwanowitsch Schischkin

Iwan Schischkin - Selbstbildnis
Iwan Schischkin - Selbstportrait

* 13. (25.) Januar 1832 Jelabuga an der Kama
+ 8. (20.) März 1908 St.Petersburg

Die vor die Klammern gesetzten Angaben beziehen sich auf den gregorianischen Kalender Westeuropas, der von der in Rußland zu diesem Zeitpunkt noch üblichen julianischen Zeitrechnung erheblich abwich.

K. K. Bajun
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Iwan Schischkin: einsam stand am Wegesrand
Iwan Schischkin: einsam stand am Wegesrand...

 

In den frühen achtziger Jahren gelang es mir ausnahmsweise, eines "Sputniks" teilhaftig zu werden. Nein, nicht jenes legendären Prototypen der sowjetischen Satelliten, sondern des auf dem D.D.R.- Zeitungsmarkt so heiß begehrten kleinen Digests der sowjetischen Presse, das am ehesten seine Entsprechung im Readers Digest findet.

Das nachfolgende Bild einer tief verschneiten Tanne hoch über dem Ural-Gebirge, die in der Winternacht ihren einsamen, letzten Grenzposten hoch über der endlosen Taiga hält, zierte als Aufmacher das Titelblatt des "Sputnik".

 

Iwan Schischkin Die einsame verschneite Tanne
Iwan Schischkin: Bildnis einer einsamen, verschneiten Tanne

Auch den Titel sehe ich noch vor meinem geistigen Auge:

Iwan Schischkin - er besang die Natur...

Es sollte also über einen Maler berichtet werden. Einen Maler? Nicht über einen Photographen? Nein! Das war beim ersten Hinsehen klar. Das konnte keine Photographie leisten. Keine photographische Aufnahme kann je so beseelt sein, so atmen, so sprechen, wie diese Bilder. Das war etwas Einmaliges, Unerhörtes. Ein Genie mußte dahinterstecken! Eines, das den Pinsel zu führen wußte, wie keiner vor ihm.

Als das Heft dann aufgeschlagen war und seine Schätze auf Hochglanzpapier preisgab, müssen sich bei mir maßloses Staunen und ungläubiges Gaffen die Hand gereicht haben. War ich schon dem Romantiker Caspar David Friedrich verfallen, der ja Natur so trefflich auf die Leinwand zu bannen verstand, daß man angesichts einer schönen Landschaft unwillkürlich sagte: "Die sieht ja aus, wie von Caspar David gemalt...", so wurde mir im gleichen Augenblick klar, daß hier eines Mannes Bilder zu sehen waren, der die Grenzen irdischer Kunstfertigkeit überwunden hatte.


zwei Eichen im Sonnenschein

Hier begegnete ich dem Vivaldi der Malerei. Und wenn Gott, der Herr je Menschen verstattet hatte, seine Schöpfung in makelloser Schönheit darzustellen, so zählte Iwan Schischkin zweifelsohne zu jenem erlauchten Kreise, der Namen wie Johann Sebastian Bach, Antonio Vivaldi und Issa Kobayashi vereinigt.

Dabei stammte dieses Genie aus einfachsten Verhältnissen. Aufgewachsen an den Ufern der Kama, einem gewaltigen, sich unter dem Ural nach Süden ziehenden Nebenfluß von Mütterchen Wolga, entdeckte Iwan schon früh seine große Neigung, die ihn umgebende landschaftliche Schönheit abzubilden. Sein enormes Talent fand entsprechende Förderung. Sein Vater Iwan Wassiljewitsch, ein nicht eben reicher, aber tüchtiger Kaufmann, war ein vielseitig interessierter und engagierter Mann - dem Neuen aufgeschlossen, am Alten nicht achtlos vorübergehend. Bedürfte es einer Korrektur des unsäglichen Klischees vom ewig betrunkenen, Weib und Kinder prügelnden und unkultivierten Russen - es wäre uns eine Ehre die Person dieses Jelabugaer Kaufmannes zitieren zu dürfen. Er förderte den hochbegabten Sohn, wie er immer nur konnte und ließ ihm ohne weiteres die Freiheit der Berufswahl.

Wald im Regen
Wald im Regen

Nach einer gründlichen Ausbildung an der Petersburger Akademie - er zählte später zu den Begründern der Künstlergruppe der Peredwischniki* - versäumte es Iwan Schischkin nicht, nach Deutschland zu reisen, um seine Kunst zu erweitern und zu vervollkommnen. In der Nähe von Düsseldorf malte er Landschaften, die so bestachen, daß man ihn in die dortige Kunstakademie aufnahm. Es ist völlig unverständlich, warum Herr Schischkin in unserem Lande so in Vergessenheit geriet, daß man sich seiner erst in jüngsten Ausgaben der Großlexika wieder erinnert.
Als kleine Reverenz an seinen Deutschlandaufenthalt sei an dieser Stelle ein "Canaletto-Blick" auf die von uns so geliebte Altstadt von Dresden vorgestellt:

Blick auf die Dresdner Altstadt
Blick auf die Dresdner Altstadt ("Canaletto-Blick)

 

Doch bald zog es ihn wieder mit aller Macht heim in die unendlich weiten Landschaften seiner russisch-tatarischen Heimat, in die verzauberten Kiefer- und Tannenwälder, die kahlen Ebenen über der Kama, die riesigen wogenden Getreidefelder, die murmelnden und dahinplätschernden Bäche.

Kiefernwald
Kiefern

In Rußland ist sein Name keineswegs vergessen. Durch seine überragende Kunst, die Schönheit seiner Heimat zu verkünden, trug er maßgeblich an der Schaffung eines starken russischen Nationalbewußtseins bei und steht in diesem Verdienst großen Namen wie Ilja Repin, Peter Tschaikowskij, Leo Tolstoi, Fjodor Dostojewskij, Alexander Puschkin, Nikolaij Gogol und Sergeij Prokowjew in nichts nach. Nein, angesichts dieser Bilder möchte man ihm ohne weiteres eine exponierte Position in diesem Kreise hervorragender Künstler zugestehen.

Strand
Strandbild

Seine unerreichte Detailtreue, dieses grandiose, ja virtuose Spiel mit Licht und Schatten, diese Brillanz, mit der Herr Schischkin seine Farben wählte und einsetzte, berauschen. Sie machen den Betrachter ganz ohne drei-D-Effekte oder Einsatz teurer Spezialkameras glauben, er sei ein Teil der dargestellten Szene. Riecht man nicht die würzig-harzige Luft, wenn man seine Kiefern in der Sonne betrachtet? Hört man nicht das Rauschen der Blätter in den Kronen der Eichen? Lastet auf dem Betrachter nicht die Sommerhitze, die den Schatten des einsamen Baumes am Wegesrand ersehnt? Insekten summen und brummen, Vögel singen uns aus den Bildern entgegen, sie mögen Teil des Gemäldes sein oder nicht. Denn wir werden, vom Anblick verzaubert, zu einem solchen. Wir stehen nicht länger in einem Museum. Herr Schischkin hätte mit dem Begriff "Beamen" nichts anzufangen gewußt. Und trotzdem beschleicht uns genau dieses Gefühl - in die Landschaft hinausge"beamt" worden zu sein.

Winterwald (Ausschnitt)
Winterwald

Machen Sie die Probe auf's Exempel! Besehen Sie sich die einsame, verschneite Tanne, hoch über dem nächtlichen Uralgebirge. Oder den verschneiten Wald! Na, fröstelt es Sie schon? Sehnsucht nach dem heimischen Kamin? Und trotzdem dieser Zauber, dieser endlose Zauber. Man sieht - und fühlt sich wohl!

Die russische Erde hat einen Sohn geboren, der sie liebte. Einen großartigen Menschen, einfühlsamen Pädagogen und Lehrer und Künstler von Bach'schem Formate. Einen, den man in der unmittelbaren Nachfolge eines Albrecht Dürer sehen kann. Einen, den man nicht vergessen sollte, wenn von den schönsten Seiten des Lebens die Rede ist.

Iwan Schischkin
Iwan Schischkin

*Peredwischniki - die Wandernden, eine Künstlervereinigung, die sogenannte Wanderausstellungen etablierte, um ihre Werke bekanntzumachen. Ihr gehörten namhafte Maler wie zum Beispiel Herr Repin oder Herr Kramskoi an.

Die Bilder sind den folgenden Publikationen entnommen:

Irina Schuwalowa
Iwan Schischkin - Recke des russischen Waldes
Parkstone Aurora Verlag
Bournemouth England 1996
ISBN 1 85 995 144 9

Sputnik -Spiegel der sowjetischen Presse

 

P 1. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003