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    Der 
        Untergang  
       B. St. Fjöllfross 
        Großes deutsches Kino ist 
        wieder da! Und es fegt die aufgeblasene und oftmals gehaltlose Hollywood-Filmindustrie 
        vom Tableau. 
        Die letzten Tage und Stunden vor dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches 
        im Führerbunker unter der Neuen Reichskanzlei in der berliner Wilhelmstraße 
        und auf den Straßen der Reichshauptstadt. 
        (Das staunenswerteste Paradoxon findet sich im Drehort: es ist St.Petersburg, 
        die Heldenstadt Leningrad, die wie Stalingrad an der Wolga unter den Nazis 
        gelitten hat, wie sonst kaum eine Metropole.) 
        Der wohl größte deutschsprachige Schauspieler unserer Epoche 
        spielt den größten Verbrecher unseres Zeitalters, wahrscheinlich 
        der ganzen Menschheit: Bruno Ganz, der Träger des legendären 
        Ifflandringes, wertet diese Preciose zu einem Nobelpreis für Schauspielkunst 
        auf. So etwas hat es noch nicht gegeben! 
        Wir wollen nicht die im Rundfunk Tausendmal explorierten Phrasen wiederkäuen, 
        wie schwer es doch wäre, ein solches Monster zu spielen, mit dem 
        per se jede Identifikation unmöglich ist. Es ist unsagbar schwer 
        – Bruno Ganz hat es geschafft und Ulrich Matthes ebenso. Herr Matthes 
        spielte den hinkenden Doktor Goebbels mit seiner gesamten krankhaften 
        Persönlichkeit so überzeugend, daß man bis ins Mark hinein 
        erschauert. 
        Beiden, Herrn Ganz und Herrn Matthes ist etwas gelungen, was vor ihnen 
        noch keiner gewagt hat: Sie haben den beiden Ungeheuern die Maske heruntergerissen, 
        die eine feige Nachwelt diesen Menschen übergeholfen hat. Wir verweisen 
        diesbezüglich auf den Artikel „Über den Teufel“ 
        unseres geschätzten Kollegen Druckepennig im ersten Volumen des „Preußischen 
        Landboten“. Eine Nachwelt, die unfähig und oft nicht willens 
        war, den eigenen ungeheuerlichen Verbrechen ins Gesicht zu sehen, gab 
        sich allzulange der Versuchung hin, „die da oben“ des Dritten 
        Reiches als die allein Schuldigen zu deklarieren, von denen man verführt 
        und gezwungen worden sei. Und die „da oben“ waren eben Andere; 
        keine Menschen halt, na, Monster eben! 
        Dieser Selbstbetrug aber birgt den Keim für das nächste Verbrechen 
        apokalyptischen Ausmaßes schon in sich: Wer selbst nicht schuldig 
        ist, der braucht doch auch an seinem Verhalten nichts zu ändern, 
        nicht wahr! Doch an exakt diesem Punkt hat es der eiskalte Propagandaminister 
        Goebbels lakonisch auf den Punkt gebracht: Das Volk hat den Nazis letztendlich 
        das Handlungsmandat übertragen, das Volk hat die von den Nazis ausgeheckten 
        Pläne umgesetzt. Ich glaube, der größte Massenmörder 
        aller Zeiten hat persönlich nicht mal einen einzigen Menschen umgebracht, 
        wenn wir von Eventualitäten aus seiner Frontzeit im Ersten Weltkrieg 
        einmal absehen. Und ebenso die anderen Chargen seines Führungszirkels. 
        Sie haben angeordnet und andere haben es ausgeführt! Punkt!  
        Deshalb ist dieser Film in unseren Tagen so extrem wichtig. Die Zuschauer 
        müssen begreifen, daß sie es in der Hand haben, ob Extremisten 
        jemals wieder eine solche Nemesis über die Völker der Welt bringen 
        können. Sie und niemand anders! 
        Die Zerschlagung der kapitalen Lebenslüge des deutschen Volkes ist 
        wahrscheinlich ein Hauptanliegen dieses meisterhaften Streifens. Selbst 
        wenn sich jedermann sträuben wird, dieses Ziel im Klartext zu formulieren. 
        Denn es kommt einem Frontalangriff auf die deutsche Seele gleich – 
        und es sind derer nur wenige, die Charakter genug haben, mit sich und 
        ihrer Verantwortung ins Gericht zu gehen. So etwas muß man geschickter 
        zu Markte tragen. Die Zuschauer darf man nicht brüskieren, sonst 
        machen sie sofort zu. Aber wenn es gelingt, die Botschaft hinter ihre 
        Stirnen zu schmuggeln, dann kann man auf breitester Ebene vielleicht einen 
        Denkprozeß initialisieren, an dessen Ende eine Neubewertung des 
        Einzelnen und seiner Rolle in der Gesellschaft steht.  
        Und noch eines: Die Gruppe um den Produzenten Herrn Eichinger hat sich 
        eines Stoffes bemächtigt, der von den Offiziellen der ehemals beiden 
        deutschen Staaten weitestgehend tabuisiert und marginalisiert wurde. Der 
        Blick hatte krampfhaft nach vorne gerichtet zu werden. Um Himmels Willen 
        nicht zurück! 
        Was entsteht aus einem solchen Verhalten? Opposition natürlich, was 
        sonst? 
        Es ist töricht, einem geschlagenen Volk immer und immer wieder Kriegsfilme, 
        die aus der Sicht der ehemaligen Kriegsgegner gedreht wurden. Kein anderes 
        Volk auf der Welt hätte eine solche permanente Demütigung auf 
        Dauer erduldet.  
        Niemand verlangt eine Glorifizierung der Verbrecher von damals. Aber „Das 
        Boot“ hat es vorgemacht, wenn auch noch mit etwas untauglichen Mitteln: 
        die da deutsche Uniformen trugen, das waren unsere Großväter; 
        die da die Kinder durch den Bombenhagel zu retten versuchten um sie hernach 
        durchzufüttern, das waren unsere Großmütter. Wieviel Selbstverleugnung 
        ist einem Volk denn auf Dauer zumutbar, ehe der Kessel wieder platzt? 
        Die pauschale Dauerverurteilung eines ganzen Volkes führte letztendlich 
        nur dazu, daß sich Pubertierende und solche, die nie über diesen 
        Reifesprung hinweggekommen sind, dieses Sperrgebietes der deutschen Geschichte 
        bemächtigten und dort begannen, ihre unheilvolle Saat von neuem auszusäen. 
        In diese verderbliche Saat neuerlicher Legendenbildung von nationaler 
        Größe, Heroentum und Selbstaufopferung im Dienste einer höheren 
        Sache mischen sich erneut Wirrköpfe und aalglatte Profiteure, die 
        sich die heißen Kastanien von geschorenen, aber ewig gewaltbreiten 
        Dummköpfen aus dem Feuer holen lassen, um sich dann, eines bösen 
        Tages, wie einst Göring auf Karinhall ein fettes Leben auf Kosten 
        ihrer Untertanen zu machen. 
        Und genau auf diesen Acker voller Drachenzähne drischt der Eichinger-Film 
        mit elementarer Wucht herab, wie Thors Hammer Mjøllnr auf die tumben 
        Thursen- und Jøtenchädel. Drücken wir die Daumen, daß 
        der überragenden Kunst eines Bruno Ganz und der übrigen Damen 
        und Herren des Filmteams ein ähnlicher Erfolg beschieden sei! 
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