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Rot Front und Waffen-SS
Ministerpräsident, Elefant und Porzellanladen

B. St. Fjøllfross
Der Landbote, obschon linksliberal, ist doch ein wertkonservatives Blatt. Und so haben wir nie ein Hehl daraus gemacht, dass wir, die wir in aller Regel schwarz wählen, bei den Landtagswahlen unserem amtierenden Landesvater, dem Herrn Ministerpräsidenten Matthias Platzeck unsere Stimme gaben. Er ist und bleibt der Deichgraf und hat es verstanden, seinen Ruf über das Krisenmanagement der großen Fluten hinaus im politischen Alltagsgeschäft zu konsolidieren, ja mehr noch, zu stärken. Ein doller Mann. Keine Frage! Was also ist mit ihm los, dass er den Wahnsinn vollendet, an dem schon Andrea Ypsilanti unseligen Angedenkens kläglich gescheitert ist? Sicher ist er nicht wie sie vorbelastet. Er konnte, ohne sich unglaubwürdig zu machen, in die Koalitionsverhandlungen mit den Linken eintreten. Aber Teufel noch mal – musste er das denn auch?
Die Linken – und wir sind weiß Gott immer fair mit ihnen umgegangen – sind eine geborene Oppositionspartei. Die hat ihre unbestrittenen Meriten und sie soll auch als Vox Populi die Nöte derer artikulieren, die das für sich selbst nicht vermögen. Aber Regierungsverantwortung? Dafür hätten ihnen die Brandenburger das Mandat erteilt? Ach Quatsch! Natürlich haben die Ultralinken das beste Ergebnis seit der Wende eingefahren. Die Märker waren einfach mal sauer wegen der sich konservativ gebenden Idioten, welche die Krise mitzuverantworten haben und die SPD hat sich als in Auflösung begriffen und damit als unwählbar offenbart. Dabei darf Brandenburg dem Allmächtigen auf Knien danken, dass es nicht so blöde war, denen Ultrarechten ein parlamentsfähiges Mandat zu überantworten. (Wo das im Übrigen hinführt, wissen wir seit den 1988er Wahlen zu den Bezirksparlamenten und dem Abgeordnetenhaus von Groß-Berlin. Inkompetenz auf der ganzen Linie, heiße Luft, sonst gar nichts.) Aber viel mehr wird das mit den Linken auch nicht. Wetten? Die roten Betschwestern und -brüder haben doch keine Substanz im Rücken. Vielmehr stehen sie nicht nur mit Selbigem an der Wand sondern darüber hinaus im Geruch der Machtgeilheit. Aber auch Macht braucht ein solides, tragfähiges und finanziell abgepolstertes Fundament. Das haben sie nicht und sie haben auch kein Kredit bei denen, die es besitzen. Vater Platzeck aber scheint an seinem Thronsesselchen Gefallen gefunden zu haben. Mit den Schwarzen im Bunde wäre seine Wiederwahl fragwürdiger geworden, als sie es derzeit ist. War das seine Intention – oder sah er seine alte Arbeiterverrätertante SPD dermaßen im freien Falle begriffen, dass er am Horizont schon einen zweiten Vereinigungsparteitag heraufdämmern fühlt, der für den rasanten Mitglieder- und Sympathisantenschwund bei der SPD in letzter Konsequenz die allerletzte Rettung wäre? Man weiß es nicht. Man ist ratlos. Und während alle außer dem doofen Michel vor sich hin brüten, lässt der Deichgraf die nächste Bombe hochgehen: „Kinders, dass ich den Roten die Hand reiche, denen, die ein ganzes Volk 28 Jahre lang einsperren mussten um selbst am Leben zu bleiben, ist doch aber durch die Geschichte gerechtfertigt. Kurtchen Schumacher hat doch der Waffen-SS auch die Hand gereicht! Es muss doch irgendwie weitergehen. Man kann doch nicht immer nur nach hinten schauen!“ Wir sind fassungslos, schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Ist die Exzellenz jetzt verrückt geworden? Ein solches Übermaß an Instinktlosigkeit wäre wohl bei denen heillosen Wessis zu vermuten – aber ein ostdeutscher geschulter und kluger Kopf? Das gibt’s doch nicht! Dass die Roten keine Samthandschuhe anhatten und auch schon mal launig die „Vernichtung des Gegners“ propagierten und an der Mauer hundertfach praktizierten – ja klar, deswegen trauen wir ihnen auch nicht weiter über den Weg, als wir sie sehen. Aber gleich die Waffen-SS? Monsieur Le President! Wie naiv muss man denn sein, so blauäugige und gelinde gesagt unvorsichtige Analogien zu bemühen, die ja einen wahren Kern besitzen mögen, die aber dennoch sensibler sind als Erichs Minen-Stolperfallen an der innerdeutschen Demarkationslinie. Teufel noch eins! Aber das Merkwürdigste kommt noch: Die Roten, die sonst bei einem solchen Fauxpas aufheulen würden wie die angeschossenen Wölfe, verhalten sich unerklärlich ruhig, faseln etwas von unglücklicher Wortwahl. Dabei ist der Hammer, dass Nazi-Analogien in aller Regel bemüht werden, um den politischen Gegner zu treffen. Hier aber knallt der alte und neue Brandenburger Regierungschef dem politischen Partner einen Trumm auf die Füße, wie sie deren selbst der Hohe Fläming nur wenige zu bieten hat. Und die getroffenen Roten sagen nur ganz leise und verstohlen „aua“? Nee, ne? Da lohnt doch mal ein näheres Hinsehen. Müssten die mit der Waffen-SS in einen Topf Geworfenen nicht sofort den Koalitionsvertrag aufgrund dieser Verbalinjurie aufkündigen, den ganzen Bettel hinschmeißen? Tun sie aber nicht. Statt dessen lamentiert die CDU? Steht die Welt auf dem Kopf? Fahren Windjammer mit voll geblähten Segeln über die märkischen Äcker, regiert jetzt der Hofhund die Landwirtschaft, ist der Mond ein Käse? Wenn man die oben postulierte Machtgeilheit der Postkommunisten ins Kalkül zieht, diese Variable in die Rechnung miteinführt, dann, ja dann bleibt auf einmal alles im Lot. Dann schippern die Schiffe auf der Förde, der Köter sitzt in seiner Hütte und Armstrong hätte sich die Zähne an unserem guten alten Trabanten ausgebissen. Was dabei allerdings auf der Strecke bleibt, ist die Glaubwürdigkeit, die Ehrbarkeit und der politische Anstand der Linken. Wahrscheinlich hat Platzeck das gar nicht so gewollt, aber er hat sie demaskiert. Er hat ihnen die Larve vom Gesicht gerissen. Er hat dem Brandenburger Michel vor Augen geführt, wem er da Macht über sich gegeben hat. Blöd nur, am Ende ist es schlecht für ihn – mit diesen rückgratlosen Gesellen muss er nun das Staatsschiff steuern. Und er war der Heuerbaas. Für diese Personalien wird man nun ihn verantwortlich machen, ihn und seine SPD. Damit dürfte er der alten Tante noch mal einen kräftigen Tritt in den, na sie wissen schon, verpasst haben, wo sie doch eh schon am Boden lag. Klasse! Die Roten wird’s freuen. Der einzige, der wieder mal auf der Strecke bleiben wird, ist, na wer wohl? Richtig! Zippelmützen-Michel, der arme Dorftrottel der Republik.

15. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
04.11.2009