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Barrierefreies Brandenburg
Behindertenbeirat begeht 5. Jahrestag seines Bestehens


Tanzgruppe der Behinderten

Michael L. Hübner
Im Jahre 1997 richteten blinde Mitbürger auf dem Ausstellungsgelände am Berliner Fernsehturm einen besonderen Parcours ein: Sie ließen ihre Besucher in ihre Welt eintauchen – in die Welt der völligen Finsternis. Nur mit einem Blindenstock versehen, mussten Tast- und Hörsinn den Informationsgehalt der Augen ersetzten. Da waren Bordsteine und Schwellen verbaut, die Straßenbeläge wechselten, es wurde rutschig – ein Hundehaufen oder eine Bananenschale? – die Geräuschkulisse wurde quadrophon perfekt simuliert. Die Menschen bekamen Herzrasen, als ein virtueller LKW an ihnen vorüberdonnerte. Sie rempelten einander gegenseitig an. Wohnzimmer- und Küchensituationen waren nachgestellt, aber die unerfahrenen Besucher konnten kaum den einen Raum vom anderen unterscheiden. Für viele war es ein tief greifendes Erlebnis, aber auch der Initialpunkt für ein Umdenken: hin zu einem Verständnis für die Menschen, die durch ein Handicap daran gehindert sind, sich in einer Umgebung frei zu bewegen, welche auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse von Nicht-Behinderten abgestimmt ist. Um die Belange und Forderungen der Behinderten besser formulieren und durchsetzen zu können, gründete sich vor 5 Jahren der Behindertenbeirat der Stadt Brandenburg an der Havel. Es war der SVV-Beschluss 140/2003, welcher die Interessenvertretung für Körper-, Seh- und Mehrfachbehinderte, Gehörlose und Schwerhörige, geistig und psychisch Behinderte, Sprachbehinderte und chronisch Kranke sowie Lernbehinderte ins Leben rief. Fortan sollte die Stimme der Behinderten bei relevanten soziokulturellen oder infrastrukturellen Entscheidungen Gehör finden. Kerstin Huch als Vorsitzenden des Beirates und Katrin Tietz als Behindertenbeauftragte der Stadt widmeten sich dieser Herausforderung gemeinsam. Es galt die Anfragen Behinderter zur Organisation des tägliche Lebens an die richtigen Stellen zu vermitteln, aber auch an die Entscheidungsträger über die Stadterntwicklung die Erfahrungen Behinderter weiterzureichen um dem Ziel eines barrierefreien und behindertengerechten Gemeinwesens näher zu kommen.
Am 13.11. beging der Behindertenbeirat der Stadt Brandenburg an der Havel sein fünfjähriges Jubiläum im Bürgerhaus Hohenstücken. Welches Interesse die Stadtregierung und die Fraktionen an den behinderten Mitbürgern haben, zeigte die Präsenz der Oberbürgermeisterin und der Beigeordneten Birgit Hübner, die beide Grußansprachen hielten, sowie Walter Paaschens und Ralf Holzschuhers. Leider konnte die erkrankte Vorsitzende des Beirates, Kerstin Huch, am festlichen Ereignis nicht teilnehmen. Für sie leitete die Stellvertreterin des Beirates und Schatzmeisterin Renate Poser die Feierstunde. Die Vorführungen des „Fantastischen Dutzend“ und von Kindergruppen aus dem Hause hätte sie, ebenso wie die anderen Gäste der Veranstaltung, sicher sehr gefreut. Für die Zukunft wünscht sich der Behindertenbeirat eine intensivere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und eine stärkere Medienpräsenz. Die Quintessenz lag in dem Wunsche, dass das Mitdenken im Interesse des behinderten Mitmenschen mehr und mehr Allgemeingut werden muss, um auch diese Bevölkerungsgruppe im vollen Umfange am täglichen Leben teilhaben zu lassen.

13. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2008
13.11.2008