Eine Politesse läuft 
                  Amok
                  Potsdam goes ballistic!
                B. St. Fjøllfross
                  Im Zeitalter der zunehmend 
                  en vogue werdenden Amokläufe an deutschen, amerikanischen 
                  und finnischen Schulen überlegt nun auch der Fachbereich 
                  Ordnung und Sicherheit der Potsdamer Stadtverwaltung, wie man 
                  auf das aktuelle Geschehen reagieren solle. Schließlich 
                  war die preußische Residenz lange Jahrzehnte zum provinziellen 
                  Schattendasein einer ostdeutschen Bezirkshauptstadt verdammt. 
                  Wer redet über Potsdam? Man hat es satt, nicht wahrgenommen 
                  zu werden. Joop und Jauch reißen’s auch nicht raus. 
                  Also, was tun? Niemand vom Potsdamer Ordnungsamt käme in 
                  der brandenburgischen Landeshauptstadt auf die abwegige Idee 
                  ballernd durch die Gassen zu ziehen. Das wird sublimer erledigt. 
                  Die Geheimwaffe heißt „Politesse“, in diesem 
                  Falle hat sie noch die Typenbezeichnung „B“*. Sie 
                  streift nun durch das wiedererwachende Potsdam und sorgt für 
                  (Un-)ruhe, (Un-)sicherheit und (Un-)ordnung. Gnade Gott, wer 
                  in der zugeparkten Metropole auch nur um ein Tüttelchen 
                  verkehrt steht! Da kommt schon mal der Zollstock zu Ehren, wie 
                  dem Landboten glaubhaft versichert wurde. Unseren Herrn Druckepennig 
                  traf es verwichenen Freitag. Am 26. September 2008 um 12:55 
                  Uhr schlug am Neuen Markt zu Potsdam, gegenüber der Ratswaage, 
                  genau am Eingang zum Haus für brandenburgisch-preußische 
                  Geschichte, das Schicksal in sein so beschaulich-friedliches 
                  Journalistenleben. Ein anstehender Arbeitsbesuch am Moses-Mendelssohn-Zentrum 
                  ließ ihn überlegen, mit welchem Verkehrsmittel es 
                  sich am besten in die Residenz reisen ließe. Die Wahl 
                  fiel ob der überfüllten und verstopften Stadt auf 
                  ein Motorrad. Er stellte es in eine Reihe mit acht parkenden 
                  Karossen, deren nicht eine irgendeinen Hinweis auf eine Sonderparkerlaubnis, 
                  Parkschein etc. unter der Windschutzscheibe führte. Also, 
                  das Motorrad ordnungsgemäß in eine freie Parklücke 
                  gestellt – und ab zur Arbeit. Als er den Heimweg antreten 
                  wollte, fand unser Druckepennig an seiner Maschine einen Strafzettel 
                  wegen Falschparkens. Jetzt setzen Sie sich in Ihren Sessel und 
                  atmen Sie tief durch! Es ist, wir versichern es Ihnen, kein 
                  Druckfehler. Das Strafmandat klemmte im Lenker eines MOTORRADES! 
                  
                  Dem kleinen Gallier mit dem großen Herzen wäre jetzt 
                  unwillkürlich der Ausruf entfleucht: „Die spinnen, 
                  die Römer“. Na ja, ganz so ist es ja auch nicht. 
                  Die Römer waren kluge und strategisch denkende Meister 
                  der Kriegs- und Staatskunst und keine hinterwäldlerischen 
                  und –listigen Fallensteller, die so abgebrannt sind, dass 
                  sie ortsunkundigen Gästen mit sehr schlecht ausgeschilderten 
                  Parkverboten das Geld aus den Taschen pressen. Natürlich 
                  alles unter dem biederen Mäntelchen des Rechtes. 
                  Es geht ihnen dabei wie jedem anderen Strauchdieb, Wegelagerer 
                  und Raubritter auch. Neben dem Geld ziehen sie auch blanken 
                  Hass an sich. Man wünscht seinen marodierenden Gastgebern 
                  die Pest an den Hals und verflucht sie im Verwandten-, Freundes- 
                  und Bekanntenkreise. Oh, wie sich das multipliziert! Ein bisschen 
                  zerebralen Gierfraß weniger, und die Geheimwaffe B. des 
                  Potsdamer Ordnungsamtes hätte stattdessen einen Zettel 
                  an die Maschine geklemmt mit den Worten: „Lieber Verkehrsteilnehmer. 
                  Hier ist das Parken nicht erlaubt. Bitte beachten Sie dies bei 
                  Ihrem nächsten Besuch. Wir wünschen einen schönen 
                  Tag!“ (Diese Grußformel hätte man den Leuten 
                  im Gegensatz zu ihrer verlogenen Standardfloskel „mit 
                  freundlichen Grüßen…“ sogar abgenommen.) 
                  Man hätte gesagt: „Aha, muss ich glatt übersehen 
                  haben. Tut mir leid. Nächste Mal weiß ich es. Aber, 
                  schau her! Das sind mal nette Leute!“ Auch diese Erfahrung 
                  hätte man hinausposaunt. Man hätte für diese 
                  Stadt unwillkürlich die Trommel gerührt. 
                  Aber, wie gesagt, wir reden hier von Potsdam und nicht vom alten 
                  Rom. Doch was sollen wir bis nach Italien streifen… In 
                  Potsdam residierten einst der Große Friedrich, dessen 
                  Vater war hier ansässig und auch der Uropa, der Große 
                  Kurfürst, sah gelegentlich vorbei. Alle dreie haben der 
                  Stadt Potsdam ein feingeistiges Erbe hinterlassen, welches durch 
                  solch dumm-gieriges Verhalten sinnlos verplempert wird. 
                  Nun ist es ja nicht so, dass der Nachbarstadt Brandenburg an 
                  der Havel, der Heimatort des gemaßregelten Druckepennig, 
                  das Problem von Frauen grundsätzlich fremd wäre, deren 
                  multiple Persönlichkeitsstörungen, soziale Unverträglichkeit 
                  und offensichtliche sexuelle Mangelversorgung sie zu negativ 
                  exponierten Vertreterinnen ihres Politessengewerbes macht. Es 
                  gab da mal eine, die bekam zum Dank für ihre netten Umgangsformen 
                  sogar einen Streifenpolizisten während ihrer Tätigkeit 
                  zur Seite gestellt, weil sie sich vor aufdringlichen Umwerbungen, 
                  Liebesbekundungen und Mordanträgen kaum noch zu retten 
                  vermochte. Eine andere verteilte sogar ihre Knöllchen im 
                  missbräuchlich verwendeten Namen der Oberbürgermeisterin 
                  in einer Gartenkolonie. Sie sehen – nichts (Un-)menschliches 
                  ist uns fremd! Aber ein Motorrad in einer solchen Situation 
                  kostenpflichtig abzumahnen, das brachten selbst diese potentiellen 
                  Zielsubjekte der Inquisition nicht fertig. Eher hätten 
                  sie sich eine Selbsteinweisung in die örtliche Landes-Irrenanstalt 
                  ausgeschrieben. Wo aber bereits eine Unbeschulbarkeit und permanente 
                  Therapieresistenz vorliegt, braucht man diesen Schritt auch 
                  nicht mehr zu gehen – das leuchtet uns natürlich 
                  ein. 
                  Insofern geben wir der Landeshauptstadt den Rat, das Aktenzeichen 
                  55960358 gut aufzuheben. Es könnte eines Tages zum Diagnoseschlüssel 
                  avancieren. 
                
                   *vollständiger Name der 
                  Redaktion bekannt.