Baaks
zurück zum Landboten

 

Amerikanische Unkultur und der Deutsche Michel

B. St. Fjøllfross
Ihren Fernsehsendungen, Filmen und Selbstdarstellungen nach zu urteilen, muß das amerikanische Volk doch voller Minderwertigkeitskomplexe stecken. Ich muß da immer an die alten Adelsfamilien denken, denen ihre Herkunft alles war und die ihr Selbstbewußtsein ihrem Stammbaum entnahmen. Und dann die Parvenues – die sich ärgstenfalls ihren Adel an irgendeiner Straßenecke gekauft hatten. Das waren dann die Schlimmsten. Die in ihrem Herzen wußten, daß sie eigentlich nichts waren. Der ganze Hexenkessel der U.S.-amerikanischen Bevölkerung scheint dieses Trauma zu teilen. Sie haben keine eigene Geschichte, wenn man von den paar historischen Ereignissen absieht, die sie sich in die passende Form zurechtgelogen haben. (Siehe Fernau!). Sie teilen einen Flickenteppich paneuropäischer, asiatischer und afrikanischer Geschichte. (Die Ureinwohner will ich fairnishalber außen vor lassen.) Die modernen U.S.-Amerikaner haben mithin keine eigene Identität. Womit nicht gesagt sein soll, daß ein Mensch, der plötzlich aus dem genealogischen Dunkel auftaucht, grundsätzlich nicht in der Lage sei, einen eigenen, unverwechselbaren Charakter auszubilden. Gott bewahre! Nur den Yankees ist das offensichtlich nicht gelungen. Man sieht es an ihren phantasie- und gestaltlosen Städten und Ansiedlungen, die komplett austauschbar sind. Und weil das so ist, entlehnen sie Filmstoff, der eines historischen Hintergrundes bedarf, beispielsweise der europäischen Geschichte. Um dann flugs, wenn die Handlung ins aktuelle Geschehen hinüberwechselt, wieder Amerikanisches Land zum Schauplatz zu machen. Sie entblöden sich nicht, selbst den Herrn der Finsternis in die Vereinigten Staaten zu verpflichten, um ihn dort, auf sakrosanktem Boden immer und immer wieder fertigzumachen. Dieses Volk von Selbst-Einlullern und Märchenerzählern. Schottische Schwertkämpfer des 12. Jahrhundert müssen mit ihren antiken Waffen durch den Dreck verkommener Straßenschluchten der Bronxx irren, um ausgerechnet dort auf alte Rivalen zu treffen. Nachfahren der "braven", judenmordenden Kreuzfahrer müssen sich in den neugotischen Kirchenbauten der Ostküste um die Bewahrung von irgendwelchen zauberbelegten Reliquien kümmern. Vampire und andere Monster bevölkern und terrorisieren ganze Wohnviertel des U.S.-amerikanischen Mittelstandes. Siebenbürgen wurde ihnen wohl zu klein oder zu arm oder zu wenig spektakulär. Oder sollte dem amerikanischen Publikum, für das diese Streifen letztenendes ja gedreht werden, nicht vermittelbar sein, daß die historische Welt der Themenquellen noch immer existiert? Daß es tatsächlich außerhalb der Vereinigten Staaten noch eine andere Welt gibt, die Europa, Asien oder Afrika heißt! Wenn das so ist, und diese Möglichkeit liegt sehr, sehr nahe, dann ist es um so erschreckender, in welchem Maße das Deutsche Volk sich zum Nachzehrer der amerikanischen Unkultur macht und gierig diese hirnlosen cineastischen Produkte verschlingt. Dabei wird die eigene Kultur, die ja eine reelle Basis besitzt, völlig aufgegeben. Und das zu dem einzigen Zweck, sich dieser fremden Antithese jeglicher gewachsenen Kultur anzubiedern. Wie dämlich können Menschen sein! Es ist, als ob wir schon morgen anfingen, auf allen Vieren herumzulaufen und zu bellen, weil in uns der kollektive Wahnsinn ausgebrochen ist. Natürlich, rational verständlich ist diese Tendenz schon: Bietet doch die „Soap“– und Filmwirtschaft Inhalte, die das Hirn der Konsumenten nicht fordern. Es ist eine riesige Reminiszenz an die geistigen Rasenlatscher aller Länder dieser Erde. Auch ein anderes Kulturvolk nämlich ist von dieser verderblichen Mikrobe verseucht: die Japaner. Ein Volk, bei dem diese geistige Katastrophe nicht minder erheblichen Schaden anrichtet, als bei uns Deutschen. Hat man uns nach dem letzten großen Krieg dermaßen in die Knie gezwungen, daß wir uns weniger wert sind, als ein Hamburger von McDonald? Alles was wir anpacken, muß einen „Ami-Touch“, einen Geruch nach Amerikanismus haben, will es auf dem hiesigen Markt bestehen. Es ist widerlich! Die Deutschen haben sich selbst zu einer unterwürfigen Kolonie der Vereinigten Staaten degradiert. Sie haben jeglichen Bezugspunkt ihrer selbst verloren. Und das ist jammerschade. Überhaupt ist die Volkseele dieser Nation von tiefen Minderwertigkeitskomplexen durchzogen. Das veranlaßt diese gewaltigen Schwingungen, denen sie ausgesetzt ist und die sie nicht zu einem ausgewogenen Ruhepol gelangen läßt. Zum einen will sie mit ihrem Wesen die ganze Welt beglücken, dann deren eine Hälfte ausrotten um einen historischen Moment später wiederum die ganze Welt nach Gutmenschen-Manier zu beseligen und zu erlösen. Seit den Tagen des Armen Heinrich, des Erstgeborenen unseres Großen Kaisers aus Palermo, ist uns systematisch das Rückgrat gebrochen worden. Der siebte Heinrich war schon auf dem richtigen Wege, als er nördlich der Alpen eine starke Zentralgewalt etablieren wollte. Es waren die Fußstapfen seines Vaters, dieses staufischen Giganten. Blöderweise war der noch am Leben und konnte neben sich keine andere starke und ungeteilte Macht dulden. Deshalb mußte er entgegen seinem eigenen Credo eine Partikulargewalt der Deutschen Fürsten im Norden seines gewaltigen Reiches fördern. Das lief den Intentionen des Sohnes entgegen. Der aber verlor den Machtkampf gründlich und ausgebadet hat’s über die Jahrhunderte die teutsche Nation. Zerrissen in Duodezfürstentümer, innerlich zerspalten, taugte das, was sich fürderhin Deutschland nennen sollte, über die Jahrhunderte nur dazu, sich als paneuropäischer Kriegsschauplatz zu etablieren. Vielleicht eine der Ursachen, warum sich der so oft karikierte Michel in seine Rolle als behäbiger, die Ruhe liebender Spießer hineinentwickelte. Wer immer nur Dresche bezieht, der sehnt sich irgendwann lebhaft nach Ruhe und ungestörter Behaglichkeit. Mit Sicherheit aber kommt der Zeitpunkt, an dem selbst der Ruhigste aus der Haut fährt. Man muß ihn nur lange genug quälen und triezen. So geschehen mit den Deutschen Ständen während der dreißig unsagbar schrecklichen Jahre des Großen Krieges zwischen 1618 und 1648. Da wurde diesem Volk endgültig die Seele rausgeprügelt und gebrannt. Vergewaltigt, bis auf die Knochen beraubt und geschunden von allen europäischen Völkern haben die armen Menschen, die das Unglück hatten, in diesen Landschaften zu siedeln, die tiefste Demütigung erfahren, die sie in ihrer Geschichte je ertragen mußten. Danach wieder beherrscht von kleinen Despoten, von denen sie oftmals wiederum bis über die Grenze des Erträglichen hinaus ausgepreßt wurden, erwuchs ihnen mit der Zeit der kaum bezähmbare Wunsch nach eigener Größe und Geschlossenheit. Der Haß gegen alles Fremde uferte aus. Die armen Juden, die seit jeher Teil dieses Deutschen Volkes waren, alle seine Leiden an exponierter Stelle zuerst zu ertragen und die doch so unendlich viel zum geistigen Werden dieser Nation beigetragen hatten, mußten es als erste entgelten. Und dann kamen die Anderen dran. Die fränkischen Vettern – die Franzosen – bekamen ihren napoleonischen Hochmut, dessen sie sich bis auf den heutigen Tag nicht entschlagen können, als erste um die Ohren gehauen. Jetzt wollten die Deutschen was abhaben vom internationalen Kuchen, den die früh geeinten Wirtschaftsmächte längst unter sich aufgeteilt hatten: Rohstoffquellen und Absatzmärkte. Wieder verdroschen, wieder in hemmungslose Nachzehrerei verfallen. Die eine Hälfte betete ihre russischen Peiniger an, die andere äffte hemmungslos die amerikanischen Besatzer nach. Ich rechne selbstverständlich mit dem Vorwurf, die Dinge in geradezu ungehöriger Weise zu simplifizieren, also auf Teufel komm raus zu vereinfachen; Hintergründe nicht vollständig und in all ihrer Komplexität an- und auszuführen, wie man es von guten Abhandlungen gewohnt ist. Wer aber, außer einem Fachpublikum liest diese, sicherlich hieb- und stichfesten und von Zitaten wimmelnden Werke. Natürlich geraten die nicht so schnell in den Geruch der Demagogie, die sich ja bekanntlich auch der Vereinfachung und der Halbwahrheiten bedient. Bei der Betrachtung der Geschichte des Deutschen Volkes hingegen scheint es mir durchaus gerechtfertigt, den Blick auf die großen historischen Ströme zu lenken, die das Geschick dieser Menschen so nachhaltig bestimmten, ehe denn man sich in unübersichtliche Details verliert. Die Nazis machten den Begriff des „Volkskörpers“ publik. Da ist was wahres dran! So ein Volk verhält sich im Großen nicht viel anders als ein einzelnes Individuum im Kleinen. Und so ist der „Große Lümmel“ (H. Heine), der so viel kulturelles Potential in sich barg, zu dem hirnlosen Rabauken mutiert, der die Gemeinschaft der Völker das Fürchten lehrte. Wie oben schon erwähnt, hat eine gleichfalls hochkultivierte Nation, die Yamato – Rasse der Japaner nämlich, am anderen Ende der Welt eine parallele Entwicklung genommen. Aber kann der aufgezeigte Mechanismus dafür herhalten, daß diese Hochkulturen ihre Substanz aufgeben um den Ausgeburten des Schwachsinns nachzugrölen und nachzuhampeln? Ich denke, ein weiteres Agens ist der Reichtum der Amerikaner, der protzig vorgetragen neidisch macht. Natürlich übersehen viele Idioten – und aus denen setzen sich ja die Nachäffer vorzugsweise zusammen, daß viele Landstriche der U.S.A. so bettelarm sind, wie Drittweltländer und das ganze Land eben nicht nur aus Broadway und Sunset Avenue besteht. Aber wer will das schon sehen? Es ist das Goldene Kalb, das blendet. Und übersehen wird dabei auch, daß sich der amerikanische Reichtum nur unmittelbar aus der amerikanischen Unkultur heraus anhäufen konnte. Wer gnadenlos und bar jeder Moral zu Werke geht, wer die geschäftliche Unmoral nachgerade zu einer Kulturleistung erhebt, der kann natürlich seines Nachbarn Eigentum weitaus effektiver zusammenraffen, als ein honetter und seriöser Kaufmann das vermöchte. Kurios ist nur, daß dieser Raubtier-Kapitalismus für die diesem System Unterlegenen gleichermaßen attraktiv ist. Karl Marx würde die Welt nicht mehr verstehen. Ich im Übrigen auch nicht.

1.Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003