Cherchez la femme
Bodo Henke vergöttlicht das Weib
Sie, die Frauen jeden Jahrgangs sind es, die
Bodo Henke mit seiner Kunst verehrt...
(Die junge Dame in der Mitte mit der Rose ist Henkes Nichte, links neben
ihr die Schwester des Brandenburger Künstlers.)
Kotofeij
K. Bajun
Würde der griechische Gott Pan dieser Tage die Brennabor-Kunsthalle
besuchen, dann wäre er wohl vor Freude außer sich. Denn hier
stellt seit Freitag, dem 25. Mai ein Künstler aus, der etwas sehr,
sehr selten gewordenes besitzt – die Seele eines Satyrs, eines
Fauns, jenes lebensfrohen und lustvollen Mischwesens, das einst bocksfüßig
und fröhlich blökend die attischen Wälder durchstreifte
und keiner hübschen Nymphe zu widerstehen vermochte. Bodo Henke
ist einer, der die Frauen lieb hat. Und während jeder puritanische
Mucker ob der äußerst freizügigen Kunst Zeter und Mordio
kreischen würde – Bodo Henke verwandelt eine alte Industriehalle
in einen Musentempel, in einen attischen Hain voller Sehnsucht, Lust
und Leben. Der Tausendsassa Henke ist in vielen Künsten erfahren,
er schnitzt das Holz, manchmal ein wenig nur, ganz bisschen, man sieht
es kaum... doch er, er sieht. Er sieht schon den Ansatz, das Verborgene,
das Geheimnis, das geoffenbart werden will. Ein Blick genügt ihm
und Henke erkennt, was die Natur ihm schon geschaffen hat: Ist es nur
eine Astgabel, oder ist es eine Tänzerin aus der Palucca-Schule,
eine im Spagat über die Bühne springende Ballerina? Ist man
plötzlich im Bolschoi – ist es Swetlana Sacharowa, ist es
die sich zierlich biegende Anna Pawlowa? Der sterbende Schwan? Wo hat
der Meister Federmesser und Stechbeitel angesetzt? Hat er überhaupt?
Ein paar Schritte weiter hängen Bilder, Miniaturen, Monotypien,
Lithographien, Grafiken – überall ist der Mann zu Hause –
überall muss man stehenbleiben und staunen und sich gefangen nehmen
lassen von den Reizen des Weibes. Mit denen spart er nicht, noch mit
dem freien Blick auf die freie Liebe. Henke bringt das Kunststück
fertig und gewährt nicht mal dem Ansatz von Pornographie eine Chance.
Das kann nur jemand,
der den anderen sucht und dabei nichts für sich will außer
die Freude am Schaffen. Und wer so liebt wie Henke mit seinem klaren,
unverstellten Blick, der bildet unverhüllt die tausend Geheimnisse
des Weibes ab ohne zu entkleiden. Sie sind nackt, aber nicht ausgeliefert;
sie sind schön und begehrenswert, aber nicht wehrlos! Quer durch
die Welt lässt sich der Satyr Henke inspirieren – Europa,
Afrika, das alte Ägypten, das Hochland von Peru und jede, jede
ist anders – und voller Ausstrahlung und voller feiner Erotik.
Die ganze Exhibition ist ein einziges Hohelied auf den schönsten
Teil der Menschheit, auf die Fruchtbarkeitskulte von Jahrtausenden.
Die Exponate faszinieren die betrachtende Frau, die ihren Widerschein
aus der Hand des Künstlers mit kaum verhüllter Erregung in
sich aufnimmt; sie faszinieren den Mann, der vor Henkes Werken stehend
begreift, warum er das Mammut jagt und schnittige Cabriolets baut...
Um sich zu beweisen? Nee, um ihr zu gefallen!!! Die Brennabor-Halle,
die um ihr Überleben kämpft, hat mit der Henke-Ausstellung
„Das Ewig-Weibliche“ ein machtvolles Argument für ihren
eigenen Erhalt geliefert. Brandenburger, Gäste, Faune, Nymphen,
Satyrn, die ihr euch befreit habt von zweitausend Jahren quälender,
dümmlicher, restriktiver und sexualfeindlicher Scheinmoral, welche
von Anfang an so verlogen und verdorben war wie das, was sie garstig
als solches diffamierte – geht in dieses Haus! Schaut euch das
an und versteht, wie schön die Freiheit ist, pure Freude aus der
geballten Urkraft des weiblichen Universums zu ziehen! Es ist die schönste,
attraktivste, ansprechendste Ausstellung seit langem bei Brennabors
– sie muss ein Erfolg werden! Sie muss einfach!
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